Äpfel sind in diesem Herbst Mangelware. Foto: pixabay

Kaum Äpfel in der Region. Michael Scheer ist trotzdem dankbar und will das allen zeigen.

Rottweil - Ein Desaster für sämtliche Mostereien: Es gibt so gut wie kein Obst. Darüber zerbricht Michael Scheer von der Mosterei Zimmern sich jedoch nicht den Kopf. Ganz im Gegenteil: Er will 500 Kilometer zu Fuß gehen, um den Menschen zu zeigen, was Dankbarkeit bedeutet.

Die Saison ist für Mostereien um diese Jahreszeit normalerweise schon vorbei – in diesem Jahr hat sie aber noch nicht einmal begonnen. "Das ist das schlechteste Jahr, das ich jemals erlebt habe", meint Michael Scheer, Betriebschef der Mosterei Zimmern. "Hier in der Region gibt es einfach keine Äpfel. Und anderes Obst genauso wenig." Gleiches berichtet die Mosterei Grimm aus Villingendorf. Keine Äpfel – eine wirtschaftliche Katastrophe, die im Handel sicherlich zu utopischen Preisen führen werde.

Kalter Frühling war schuld

Der kalte Frühling sei schuld gewesen. "Letztes Jahr gab es Obst in Hülle und Fülle. Auch Anfang diesen Jahres habe ich mich über die vielen Blüten gefreut", erklärt Scheer. "Und dann ist alles erfroren." Lediglich drei Kunden habe er nun.

Am vergangenen Samstag habe der Betrieb mit dem Mosten angefangen. Die Preise wolle er jedoch nicht erhöhen. Was bedeutet das für ihn und seinen Betrieb? "Dass man dankbar sein muss", kommt die unerwartete Antwort. "Viele Bauern und Betriebe hört man nörgeln, die Sommer seien zu heiß oder die Winter zu kalt. Jeder freut sich über Bäume voller Früchte, ich habe aber noch nie erlebt, dass sich jemand einfach nur über eine grüne Wiese gefreut hätte."

500 Kilometer ohne einen Cent in der Tasche

Aus Scheer spricht eine Lebenseinstellung, die ihn erst vor wenigen Tagen zu einem Entschluss gebracht hat. "Ich werde 500 Kilometer von Rottweil nach Straelen in Nordrhein-Westfalen zu Fuß gehen – und zwar ohne einen Cent in der Tasche." Dann ist er auf die Gastfreundschaft der Menschen angewiesen. "Ich mache das im Februar. Nicht nur, weil ich pünktlich zum Valentinstag am 14. Februar ankommen will, sondern auch weil Winter ist." Denn Scheer kann auch bei Minusgraden dankbar sein für das, was er hat.

Auf seiner auf 20 Tage angesetzten Reise wird er vielen Menschen begegnen. "Kaum jemand erwidert heute überhaupt noch einen Gruß", meint er entsetzt. "Jeder ist in seinem Hamsterrad gefangen, reißt den Arbeitstag runter, und ist dabei unzufrieden. Warum eigentlich?" Er jedenfalls braucht nicht viel zum zufrieden sein. Und das will er den Menschen vermitteln.

Das Ziel seiner Reise? "Ich besuche eine Person, die mir sehr am Herzen liegt", sagt Scheer. Jedes Jahr nach Saisonabschluss lade er seine Mitarbeiter auf eine Reise in die Türkei ein. Und dort habe er die Frau kennen gelernt, die er nun zu Fuß besuchen will, um ihr am Valentinstag einen Blumenstrauß zu überreichen. "Es fällt heute vielen schwer, etwas für andere zu tun." Scheer jedenfalls ist kein Weg zu beschwerlich für seine Liebsten – nicht einmal, wenn er 500 Kilometer weit ist.

Innerhalb der nächsten Monate will er seine Reise genauer planen und sich vorbereiten, denn er macht laut eigener Aussage sonst keinen Sport. Am Erfolg seines Vorhabens hat er dennoch keine Zweifel, denn "ich schaffe alles, was ich mir vornehme."