Mit dem Gewinn des Start-Up Contests machten Franziska Uhl (rechts)und Ann Cathrin Schönrock einen wichtigen Schritt mit ihrem Produkt.Foto: Veranstalter Foto: Schwarzwälder Bote

Weltveränderer: 23-jährige Rottweilerin forscht an nachhaltiger Faser / Exist-Gründerstipendium

Franziska Uhl will etwas verändern. Deswegen engagiert sie sich schon seit einiger Zeit für den Umweltschutz und forscht derzeit an einer nachhaltigen Material-Alternative.

Rottweil. In ihrer Heimatstadt Rottweil trat die AMG-Absolventin schon bei Aktionen wie "Fridays for future" in Erscheinung, medial macht sie zurzeit wegen ihres Forschungsprojekts auf sich aufmerksam. Seit einiger Zeit schreibt sie Online-Artikel zum Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit.

"Irgendwo in dieser nachhaltigen Bubble im Internet habe ich Ann Cathrin gefunden", erzählt Uhl. Ann Cathrin Schönrock kommt aus Berlin und hatte die Idee, natürliche Fasern aus Hundehaar zu gewinnen und damit einen Gegenpol zu Plastikfasern zu bieten.

In Franziska Uhl fand Schönrock eine engagierte junge Frau, die sich technologisch bestens auskennt. Schließlich studiert sie seit 2016 Textilingenieurswesen in Reutlingen. "Erst hatte ich es mit Modemanagement versucht", doch nach einem Semester schwenkte sie um. "In diesem Semester ist mir bewusst geworden, wie viel in der Textilindustrie schief läuft. Ich wollte den Grundstein verstehen, um etwas ändern zu können."

Schließlich sei der CO2-Verbrauch in der Textilindustrie höher als der von Flug- und Schiffsverkehr zusammen. Hinzu kämen Menschenrechtsverletzungen. "Viele machen sich gar keine Gedanken darüber, dass sie mit ihrem Kauf bei den üblichen Modeketten moderne Sklavenarbeit unterstützen."

Dass sich vor etwas mehr als einem Jahr die Möglichkeit auftat, Mitgründerin des Start-ups von Schönrock zu werden, passte da perfekt. Ihr Unternehmen "Modus Intarsia" befasst sich aktuell mit "Chiengora", also Wolle aus Hundehaaren.

Die Gründerinnen rufen immer wieder Privatpersonen dazu auf, ausgekämmte Hundehaare zu sammeln und in Mengen von 500 Gramm bis zu einem Kilogramm an "Modus Intarsia" zu schicken und dafür Geld zu erhalten. Insbesondere langhaarige Hunderassen wie Bernhardiner oder Huskys sind dabei gefragt, mittlerweile verarbeite man aber schon Haare von 20 Rassen, erzählt Uhl. Gerade jetzt in Corona-Zeiten biete ihr Aufruf eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung für Hundebesitzer im Home-Office. Die Hundehaare werden in zwei Naturfaserspinnereien in Norddeutschland zu Handstrickgarn verarbeitet, das dann unter anderem in Läden in Berlin erhältlich ist. Besonders bei Veganern kommt diese Art der Wolle gut an.

Derweil forscht Uhl seit einem halben Jahr an einer weiteren Verwendung der Faser, will aber aufgrund eines laufenden Patentverfahrens an dieser Stelle nicht zu viel verraten. "Es ist ein neuer Ansatz von Rohstoffbeschaffung – ethisch korrekt und fair", sagt Franziska Uhl. Verarbeitetes Hundehaar fühle sich so weich an wie Kaschmir oder Angora.

Dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie an die Idee glaubt, zeigt sich in der Förderung durch das Exist-Gründerstipendium. Mit diesem werden innovative technologieorientierte oder wissensbasierte Projekte mit signifikanten Alleinstellungsmerkmalen und guten wirtschaftlichen Erfolgsaussichten unterstützt. Um die Idee und das Projekt weiter verfolgen zu können, wird das Gründerinnen-Team ab Mai gefördert.

Im Sommer ist Franziska Uhl mit ihrem Studium fertig. Dann wird sie sich dem Projekt mit ihrer vollen Aufmerksamkeit widmen, um im "David-gegen-Goliath-Spiel in der Textilindustrie" wirklich etwas zu bewirken.