Die Staatssekretärin schwärmt von der Schönheit des Entwurfs für ein neues Gefängnis am Standort Esch. Der Rechnungshof sieht das Esch kritisch. Foto: Meyer

Gefängnisbau in Esch fraglich. Verantwortliche bemängeln enorme Kostensteigerungen.

Rottweil - Paukenschlag in Karlsruhe. Der Landes-Rechnungshof stellt den JVA-Standort Esch infrage. Grund sind enorme Kostensteigerungen, die auf die Besonderheiten des Standorts zurückzuführen sind. Indirekt empfiehlt die Landesbehörde die Suche nach einem neuen Platz.

Am Dienstag wurde der aufwendige Architektenwettbewerb für den Neubau des Großgefängnisses für den Standort Esch entschieden. Das Ergebnis wird seither gefeiert. Staatsrätin Gisela Erler sagte bei einer öffentlichen Präsentation des Entwurfs am Donnerstagabend in Rottweil, sie sei von der "Schönheit überrascht".

Die Schönheit hat ihren Preis. Der Landesrechnungshof gießt nur einen Tag nach der Entscheidung Wasser in den Wein. Dabei ist das wenig überraschend. Denn die Bewertung der obersten Finanzkontrolleure des Landes hatte sich abgezeichnet. Wir berichteten bereits. Der Rechnungshof mit Sitz in Karlsruhe legt in einem Sonderbericht dar, warum er den gewählten Standort Esch kritisch sieht. In dem Bericht heißt es wortwörtlich: "Der Rechnungshof informiert den Landtag über den jetzt benannten Mehraufwand und stellt das geplante Vorhaben am Standort Rottweil-Esch infrage."

Die Behörde verweist darauf, dass der Landesbetrieb Vermögen und Bau im Oktober voraussichtliche Kosten von 182 Millionen ermittelt habe. Das seien 64 Millionen mehr als der ursprünglich im Juli 2017 genannte Kostenrahmen von 118 Millionen. Mehr als 38 Millionen Euro entfielen allein auf den Standort. Ferner gehe man von eine Baupreissteigerung von 25 Millionen  Euro bis zur Fertigstellung der Haftanstalt aus. Die Gesamtbaukosten würden dann voraussichtlich 207 Millionen Euro betragen.

Die Baukosten je Haftplatz würden in Rottweil voraussichtlich 370 000 Euro betragen. Der Rechnungshof hat indexbereinigte Kennwerte von Baukosten je Haftplatz gebildet und ein Benchmark erstellt. Bei bundesweit zehn vergleichbaren Justizvollzugsanstalten entstünden demnach lediglich Kosten zwischen 140 000 und 240 000 Euro je Haftplatz entstanden.

Der Rechnungshof führt aus, er stelle die Notwendigkeit eines Neubaus im Raum Rottweil keineswegs in Abrede. Auch werde nicht verkannt, dass die Bürger umfassend beteiligt wurden und vor der Standort-Entscheidung eine engagierte zehnjährige Suche der Landesverwaltung vorangegangen sei. "Gleichwohl darf der jetzige Planungsstand mit der Standortentscheidung für das Grundstück Esch nicht zu einem unkontrollierbaren Kostenrisiko für den Landeshaushalt werden. Erhebliche Kosten ließen sich einsparen, wenn ein geeigneteres Grundstück gewählt würde, gegebenenfalls auch außerhalb der Gemarkung Rottweil."

Beispielsweise sei der Standort Zimmern-Süd bereits im Januar 2012 aufgrund fehlender Mehrheit im Gemeinderat von Zimmern ob Rottweil nicht weiter verfolgt worden, weist der Rechnungshof hin. Auch der Standort Rottweil-Esch sei zunächst vom Gemeinderat der Stadt Rottweil abgelehnt. Unbeachtet der ablehnenden Haltung von Zimmern ob Rottweil liege der Standort Rottweil-Esch in ähnlicher Entfernung zum Ortskern der Gemeinde Zimmern ob Rottweil wie der Standort Zimmern-Süd.

"Da der Standort Zimmern-Süd in der vergleichenden Prüfung vom Februar 2010 den ersten Rang unter sechs Standorten eingenommen hat, wäre es geboten gewesen, diesen Standort weiter zu untersuchen", kritisiert die Kontrollinstanz. Der Standort Zimmer-Süd biete einen unmittelbaren Autobahnanschluss sowie die Verkehrspolizeidirektion Zimmern ob Rottweil in nächster Nähe. Die Verwaltung habe es versäumt, mit der Gemeinde Zimmern ob Rottweil über den Standort Zimmern-Süd nachdrücklich zu verhandeln.

Selbst wenn die bisherigen Ausgaben für die Standortuntersuchungen, den Wettbewerb und den Grunderwerb von 3,8  Millionen Euro als verloren betrachtet werden müssten, könnte die Wahl eines wirtschaftlichen Standorts den Landeshaushalt um 30 bis 35 Millionen  Euro entlasten, heißt es im Sonderbericht. Im Klartext: Der Landesrechnungshof empfiehlt einen Neustart – aus Kostengründen.