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"Windphonics" reißen ihr Publikum in der Stadthalle mit

Richtig viel vorgenommen haben sich die "Windphonics" auch in ihrer diesjährigen Arbeitsphase. Das sinfonische Jugendblasorchester bewies in der Rottweiler Stadthalle, dass der Charme des Projektkonzepts auch nach mehr als zehn Jahren nicht verpufft ist.

Rottweil. Der Generationswechsel ist endgültig vollzogen, das Projekt funktioniert weiterhin – unter teilweise anderen Vorzeichen und mit bewährter Struktur, für die die Jugendmusikschule das Dach gibt. Junge Blasmusiker aus der Region schaffen sich, großteils selbstverwaltet, ein Podium, das ihnen die Möglichkeit bietet, anspruchsvolle Literatur einzustudieren und aufzuführen. Der außerordentlich gute Besuch am Samstagabend zeigt, dass es funktioniert. Bezeichnender ist aber der einsame Klatscher, der, entgegen des Wunsches des künstlerischen Leiters, nach der Ouvertüre aus den "Romanian Dances" von Thomas Doss, zeigt, wie gut es funktioniert: Tatsächlich war dieser erste Satz so mitreißend gespielt, dass man gerne Spontanapplaus geben wollte. Und die ebenso spontane Zurechtweisung – das "Nein" kam aus dem Publikum – nebst der allgemeinen Reaktion zeigt noch etwas anderes: Bei den "Windphonics" herrscht eine besondere Stimmung. Musik, auch wenn sie anstrengend sein kann, soll Spaß machen. Auf dem Podium wie im Besucherraum.

Dass es und dass es so funktioniert, dafür sorgt auch in diesem Jahr Pietro Sarno. Der künstlerische Leiter hat nicht nur die Kompetenz, das an verschiedenen Orten Vorbereitete zusammenzuführen, zu verdichten, ihm musikalische Gestalt zu geben, sondern auch das Talent, die jungen Musiker zu begeistern. So etwas überträgt sich natürlich auf das Publikum, das sich, zurecht, zudem über ein Programm freut, das einerseits die Grenzen des Ensembles auslotet, andererseits aber auf Experimente verzichtet und Werken verpflichtet bleibt, die mitunter suggestiv wirken. Jedenfalls bieten sie Gelegenheit, in der Interpretation ein hohes Maß an Plastizität zu erreichen, eine erzählenden Musik mit Pathos in bestem Sinne aufzuführen.

Und das kann Sarno mit Bravour. So wird auch das Konzert am Samstag zu einem bilderreichen Abend, an dem ein echter Brocken gleich am Anfang steht: "Tempered Steel" von Charles Rochester Young verlangt den Musikern einiges ab. Sarno schlägt ein flottes Tempo an, vertraut auf die Disziplin seines Ensembles. Und er liefert damit durch die Differenziertheit im Vortrag und die Klarheit im Ton, mit denen sich auch beim ordentlich groß besetzten Orchester erstaunlich scharfe Dynamik formen lässt, ein faszinierend spannendes Werk ab, das fein ausgearbeitet ist und auf vordergründige Effekte verzichtet.

Solche sollen, scheinbar, später kommen, allerdings sind sie Teil der Musik, nicht zwingend, aber sinnvoll, gut eingesetzt, um die Wirkung zu verstärken. Wenn in Thiemo Kraas’ "Crossbreed" der Walzer zu swingen beginnt und die Bossa Nova lustvoll ausgespielt wird, zum Beispiel. Oder natürlich im zweiten Teil, der ganz besagten "Romanian Dances" gewidmet ist und durch die verschiedenen Sätze zwischen Religiosität und kunterbunter Turbulenz alles zulässt – und fordert. Sarno spielt das aus. Er lässt erzählen. Auch in dem mitunter berührenden "I Am" von Andrew Boysen jr. mit faszinierenden Tempi und schöner Dynamik. Und natürlich in Mark Camphouses "A Movement for Rosa", mit belebten Klangschichten und dem Spiel der Verdichtung.

So entstehen Bilder. Und die Sorgen für Emotionen. Für Innehalten – oder eben Spontanapplaus.