Blechgedränge: Vom Rottweiler Hauptstraßenkreuz aus entwickelt sich häufig ein emissionsintensives Stop-and-go. Foto: Holweger

Bürgerforum startet Offensive. Mit intelligenter Mobilität zu mehr Lebensqualität.

Rottweil - Intelligente Mobilität sorgt für ein geschmeidigeres und konfliktfreieres Zusammenleben und erhöht dadurch die Lebensqualität: Das ist mit Blick auf die Verkehrsverhältnisse in Rottweil eine wichtige Feststellung, zu der dringend Lösungen gesucht werden.

Auf die Fahnen geschrieben hat sich das Thema auch das Bürgerforum Rottweil. Bei einem Auftakttreffen mit Vertretern der Stadtverwaltung, Lokaler Agenda, RadKultur und Vertretern des Bürgerforums wurden Möglichkeiten für eine bessere Mobilität in Rottweil eruiert.

"Gerade die von der Vergangenheit noch in ihren Grundstrukturen gut erhaltenen Innenstädte wie in Rottweil, die durch ihre einigermaßen erhaltene Stadtmauer begrenzt und mit engen Gassen bei gleichzeitig sehr geringem Auto-Parkraum ausgestattet sind, bedürfen neuer Mobilitäts-Konzepte", heißt es in einem Papier des Forums, mit dem bei der Skizzierung von "Möglichkeiten einer Positionierung" gleich auch teilweise ziemlich provokant losgelegt wird mit Stichworten wie autofreie Innenstadt (auch für Busse; nur Anlieger frei), dazu Parkflächen außerhalb der Kern-Stadt zum Umsteigen auf Fuß-Mobilität und individuelle E-Mobile (E-Bus, E-Bike…), Bus-Verkehr (emissionsfrei, E-Bus für mittelindividuelle Mobilität: vier bis acht Personen mit Lademöglichkeiten für Einkauf. Zudem werden in dem Papier Punkte wie Bike-Attraktivität erhöhen: durchgehende Fahrwege kennzeichnen, Abstellflächen für E-Bikes (mit Einkaufs-Anhänger) zum Mieten, Fuß-Mobilität attraktiv gestalten: kurze Wege, Bummelattraktivität, Depots für Einkaufstüten, Einkauf-Lieferservices angeführt. Auch Carsharing-Modelle durch Betreiberfirma (zum Beispiel ENRW), die Vermietung von Elektrofahrzeugen an private und gewerbliche Nutzer für Einkauf, Belieferung, eine gute E-Ladeinfrastruktur in Zusammenarbeit mit Unternehmen, Bauträgern und Wohnungsgesellschaften sind als Ideen notiert, zu deren Verwirklichung auch Förderprogramme Schub verleihen könnten.

Zu Umsetzungsmöglichkeiten wurde der Fokus von der Arbeitsgruppe nicht zuletzt auf die Schaffung beziehungsweise Nutzung großer Parkplatzflächen an der Peripherie Rottweils gelegt.

Da wird dann auch versucht, aus großstädtischem Blickwinkel ein Licht auf die schwierigen Rottweiler Verhältnisse zu werfen. Während nämlich in Metropolen parkplatzfreundliche Randlagen längst Ausgangspunkt sind, um sich mit dem ÖPNV weiter zu den Zentren zu bewegen, scheint auf dem flachen Land mehr als drei Minuten Fußweg zur Stadtmitte vielfach noch als Zumutung empfunden zu werden.

Als es die Fußgängerzone noch nicht gab: Da rollte der Verkehr dreispurig vors Hauptstraßenkreuz

Ältere werden sich daran erinnern, dass sich bis weit in die 1980er-Jahre der Rottweiler Innenstadtverkehr in der Oberen Hauptstraße (seit vielen Jahren Fußgängerzone) dreispurig zum Straßenkreuz bewegte, um von dort in die verschiedenen Fahrtrichtungen zu kommen. Das immense Blechgedränge wurde damals nicht selten auch von "Heilix Blechle"-Nutzern initiiert, die den Einkaufsbummel gerne motorisiert vonstatten gehen ließen: Im Duett bewegte man sich im Wagen vom Bäcker zum Metzger, gegebenenfalls ging es auch zur Apotheke mit PS-Unterstützung voran, und auch die Anfahrt zum Gemüsehändler wurde nicht vergessen. Bei Bedarf wurde dabei vom Fahrer eine Schleife durchs Schwarze Tor halt mehrfach absolviert, um den Einkäufer (meist die Ehefrau) wieder punktgenau im Fahrzeug aufzunehmen. Dies wurde allerdings in einer Zeit praktiziert, in der das Verkehrsaufkommen noch deutlich geringer war und die Landluft als unverwüstlich galt. Von Feinstaubproblematiken war damals ohnehin keine Rede. Wer damals von der Einrichtung einer Fußgängerzone sprach, war sowieso als hoffnungsloser Spinner verschrien.

Doch trotz Fußgängerzone und Tempo-20-Zonen ist der Verkehrsmoloch in Rottweils Innenstadt bis heute nicht gebändigt.

In dem Papier des Bürgerforums wird auf die mögliche Schaffung von Parkarealen an der Stadtperipherie mit den Stichworten Norden: Oberndorferstraße/Hegneberg, Osten: alte B 27 (auf den stillgelegten zwei Fahrspurstreifen schräge Parkflächen), Süden: Saline (bei den Einkaufsmärkten) und Westen: Schulzentrum/Richtung Hausen gedeutet mit Hinweisen wie Umstieg auf Shuttlebusse oder Leih-E-Bikes.

Zur "zukünftigen Mobilität" in Rottweil freut sich Henry Rauner, erster Sprecher des Bürgerforums, nun auf den zweiten Schritt der Ideen-Offensive. So sind am Montag, 11. Juni, 19 Uhr, alle Interessierten in den Musikpavillon der Konrad-Witz-Schule eingeladen, wo vor allem Florian Herrmann, Leiter des Forschungsbereichs Mobilitäts-und Innovationssysteme der Fraunhofer IAO, zum weiteren Brainstorming für den Rottweiler Weg Akzente setzen soll.

Dass auch durch eine mögliche Landesgartenschau 2028 Rottweil Schub verliehen werden könnte für eine zukunftsträchtige Mobilitätsoffensive in der ältesten Stadt Baden-Württembergs liegt auf der Hand, steht aber zunächst einmal auf einem anderen Blatt.