Aus dem Bistro im Kapuziner ist kurzerhand eine Werkstatt für das Nähen von Atemschutzmasken geworden. Fotos: Heussler Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Corona-Krise stellt BruderhausDiakonie im Kapuziner vor besondere Herausforderungen

Rottweil. Sie sind zu Hause, nähen Atemschutzmasken, verpacken Industrieteile, arbeiten Lernmaterialien durch, sitzen am PC und verfolgen die neuesten Informationen zu den Coronabedingten Maßnahmen im Mitarbeiter-Portal der BruderhausDiakonie. Sie sind Menschen mit Behinderung, die normalerweise im Café und Bistro des Mehrgenerationenhauses Kapuziner in Rottweil, im dortigen Media-Office oder anderen Einrichtungen der BruderhausDiakonie beschäftigt sind.

Aber es sind gerade keine normale Zeiten, auch nicht für die Mitarbeiter der BruderhausDiakonie, von denen der Lockdown ein Höchstmaß an Kreativität, Flexibilität und zusätzlichem Engagement verlangt. Keine Gäste im Café und Bistro, keine Hochzeiten und andere Veranstaltungen im Sonnensaal, das Media-Office verwaist und auch sonst keine weiteren Angebote des generationsübergreifenden sozialen Miteinanders: Seit dem 16. März haben die Corona-Verordnungen das ansonsten so emsige Treiben im Kapuziner weitgehend zum Erliegen gebracht.

So langsam kehrt aber doch zumindest ein wenig das Leben in das Mehrgenerationenhaus zurück: Martina Heussler, bei der BruderhausDiakonie für das Café und das Bistro sowie für die Vermietung von Sonnensaal und Kutschenhaus zuständig, und ihr Team haben nun Aktionen gestartet, um wenigstens einem Teil ihrer Beschäftigten eine Möglichkeit zu eröffnen, unter Wahrung der entsprechenden Sicherheits- und Abstandsregeln im Kapuziner tätig zu werden.

Tagesessen to go

"Wir bieten seit einigen Tagen vom Bistro aus ein ›Tagesessen to go‹ an. Außerdem haben wir das Bistro zu einer Nähwerkstatt für Mund-Nasen-Schutzmasken umfunktioniert." Für Heussler und Thomas Deusch, den Leiter des Media-Office, ist es in der jetzigen Zeit besonders wichtig, mit ihren Beschäftigten, die über einen regulären Werkstattarbeitsvertrag im Service, in der Küche, im Bereich Reinigung oder im Media-Office tätig sind, sowie mit denjenigen, die im Berufsbildungsbereich eine Ausbildung absolvieren, trotz der Beschränkungen engen Kontakt zu halten und sie zu begleiten.

Dafür haben sie sich einiges einfallen lassen. "Wir dürfen und wollen diese Menschen, denen die gewohnten Alltagsstrukturen weggebrochen sind, nicht mit ihren Problemen und Sorgen alleine lassen. Wir müssen unsere Begleitung aber differenziert gestalten." So haben sie den Beschäftigten des Bistros, die nun daheim im Bereich industrielle Fertigung eingesetzt sind und dabei beispielsweise Verpackungsarbeiten vornehmen, das entsprechende Material nach Hause gebracht. "Es war unsere Aufgabe, diese Heimarbeit zu organisieren und unseren Beschäftigten alternative Be-schäftigungen anzubieten, damit sie doch eine einigermaßen feste Struktur im Tagesablauf und eine Aufgabe haben", unterstreichen Heussler und Deusch.

Telefonieren ist wichtig

Außerdem müssten den Auszubildenden ihre jeweiligen Schulungsunterlagen zugestellt werden. "Das geschieht auf unterschiedliche Weise", berichten sie. "Dem einen werden die Unterlagen in den Briefkasten eingeworfen, dem anderen werden sie per E-Mail oder über unser internes Internetportal zugeschickt. Das kommt darauf an, wie gut unsere Auszubildenden mit dem Computer umgehen können", betont Heussler. Man müsse bedenken, dass es allesamt Menschen mit einem Handicap sind.

Von großer Bedeutung seien in dieser Hinsicht auch regelmäßige Telefonate zu festen Zeiten, um ihnen das Gefühl zu geben, dass sie nicht vergessen würden. "Je länger die Isolation daheim anhält, desto mehr macht sie vor allem denjenigen zu schaffen, die alleine wohnen." Da könne man feststellen, wie diese Menschen zunehmend depressiv würden. "Wir haben daher für Menschen, die psychisch stark belastet sind, eine Notbetreuung im Kapuziner", erklärt Heussler. Drei Beschäftigte seien nun vor Ort und nähmen Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten vor.

Wie Deusch deutlich macht, stellt die Aufgabe, andere, zusätzliche Strukturen der Kommunikation zu schaffen und einzuführen, die Mitarbeiter vor neue Herausforderungen. Er hält es für sehr wichtig, immer mal wieder wenigstens kurz mit den Beschäftigten, die daheim sind, in Sichtkontakt zu treten und ein paar Worte zu wechseln, "natürlich mit dem gebotenen Abstand".

Es gibt eine Perspektive

Besonders freut es ihn, dass das speziell für das Bruderhaus eingerichtete Internetportal von den Beschäftigten im Media-Office, welche recht gut mit dem PC umgehen könnten und über die entsprechende Ausstattung zu Hause verfügten, intensiv genutzt werde. "80 Prozent nehmen über diese Plattform mit uns oder auch untereinander Kontakt auf und tauschen sich aus." Die externen Aufträge für das Media-Office seien extrem rückläufig, dafür erhielten die Beschäftigten interne Aufträge für das Bruderhaus auf diesem neuen Kommunikationsweg, erklärt Deusch. In dem Internetportal bekämen die Nutzer Erklärvideos, Lerninhalte, Logikaufgaben und anderes Material zur Verfügung gestellt. "Ich freue mich jedes Mal, wenn ich ein entsprechendes Feedback erhalte. Aus meiner Sicht bringt das Nutzen des Portals auch einen Gewinn an Kompetenzen mit sich", bekräftigt Deusch. Er wie Heussler sehen es als notwendig an, den Beschäftigten nun bald eine Aussicht aufzeigen zu können, wie es weitergeht. Mit der schrittweisen Wiedereröffnung im Laufe des Mai gebe es nun eine erste Perspektive.