Hier helfen keine falschen Papiere: Der Beschuldigte zwischen dem Dolmetscher (links) und dem Anwalt. Foto: Schütz

Schramberger Eheleute sollen psychologische Hintergründe für MPU-Teilnehmer erfunden haben.

Kreis Rottweil - Man hatte den Eindruck, sie könnten fast alles fälschen: Das eigene Diplom, Blut- und Urintests und ganze Historien für die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis – da bekamen die Kunden eines Schramberger Ehepaars auf dem Papier schon mal einen neuen Job oder einen neuen Lebensgefährten verpasst.

Seit gestern stehen ein 39-jähriger Schramberger und seine 36-jährige Ehefrau wegen 102 Fällen von Urkundenfälschung im Zeitraum von 2008 bis Mai 2012 vor dem Rottweiler Landgericht.

Die MPU-Stellen versichern sich, dass Verkehrssünder abstinent sind und ihr Verhalten reflektiert haben, bevor sie ihre Fahrerlaubnis zurückerhalten. Die Nachweise über Blut- und Urintests, die Alkohol- und Drogenkonsum ausschließen sollen, soll das Paar kurzerhand gefälscht haben.

Die Kunden mussten zwar nicht auf ihr Bier oder Marihuana verzichten, aber ein bisschen Aufwand mussten sie auch treiben, wie sie bei den polizeilichen Vernehmungen schilderten: Die psychologische Aufarbeitung und damit die persönliche Geschichte um Lebensverhältnisse und eventuelle Probleme ihrer Kunden soll sich der Angeklagte mit dem fraglichen Psychotherapeuten-Diplom aus den Fingern gesogen haben, verkaufen mussten die Kunden das Märchen den Gutachtern aber selbst. Mit Unterstützung allerdings: Der Schramberger begleitete seine Kunden zu den psychologischen Untersuchungen – auch gegen Widerstand der MPU-Stellen. "Einmal hat eine Mitarbeiterin ihn erwischt, wie er ums Haus herumschlich und versuchte, unter einem Kippfenster das Gespräch seines Kunden zu belauschen."

Überhaupt war der Angeklagte anscheinend sehr darauf aus, möglichst viele Fragen der Gutachter zu kennen. "Er hat auch andere MPU-Teilnehmer im Warteraum ausgefragt, und das recht aufdringlich", berichtete die Zeugin. Auch die mitangeklagte Frau hat sie in keiner guten Erinnerung: "Sie hat erheblich versucht, sich in unsere Abläufe einzumischen, wollte Termine beeinflussen oder bestimmen, welche Gutachter ihre Kunden zugeteilt bekommen", sagte die Zeugin. Irgendwann habe sie die beiden deshalb gebeten, ihre Kunden zu anderen Stellen zu schicken. Der Angeklagte schüttelte nur den Kopf: "Wenn meine Kunden ›Märchen‹ erzählt haben, wie Sie es nennen, warum hat das keiner der Gutachter gemerkt?"

Der nächste Verhandlungstag ist für den 10. Oktober geplant.