Die Statue der "Madonna von der Augenwende": Jetzt soll ein Duplikat angefertigt werden. Foto: Kirchengemeinde Foto: Schwarzwälder Bote

Glaube: Kosten müssen über Spenden finanziert werden / Projekt ist nicht unumstritten in der Stadt

Rottweil. Die Statue der "Madonna von der Augenwende" steht in engem emotionalem Bezug zur Rottweiler Stadtgeschichte. Das teilt die Kirchengemeinde mit. Die "Augenwende" im Jahr 1643 wird mit dem Ende der Belagerung der Stadt durch die Franzosen im Dreißigjährigen Krieg in Verbindung gebracht.

Um 1750 wurde die damalige Dominikanerkirche (heutige Predigerkirche), in der die Statue stand, erweitert und das gesamte spätbarocke Bildprogramm, das bis heute erhalten ist, auf die Marienverehrung ausgerichtet. Nach der Säkularisation des Dominikanerklosters im Jahr 1802 und der damit verbundenen Schließung der Kirche wurde auf Bitte der Rottweiler die Statue ins Münster gebracht. 1806 wurde die Dominikanerkirche als Gottesdienstraum für die evangelischen Garnisons-Mitglieder und die evangelischen Bürger wiedereröffnet und 1818 zur evangelischen Stadtkirche ernannt.

Als 2013 Professor Werner Mezger mit Marcus Keinath, dem damaligen evangelischen Gemeindepfarrer, die Idee veröffentlichte, in der Zeit der Renovierung des Münsters die Statue vom Seitenaltar im Münster auf ihren ursprünglichen Platz im Hochaltar der Predigerkirche zu stellen, ahnte wohl niemand, welche ökumenische und öffentliche Bewegung damit in Rottweil beginnen würde, heißt es in dem Bericht.

Nach einer, in Rottweil erstmaligen, gemeinsamen Sitzung des evangelischen Kirchengemeinderats und des Kirchengemeinderats der katholischen Münstergemeinde im November 2013 sei die Verwirklichung des Plans beschlossen worden. Unter dem Rahmenthema "Maria bringt uns in Bewegung" folgte ein vielseitiges Veranstaltungsprogramm mit Vorträgen zu konfessions-verbindenden historischen und theologischen Themen, mit Diskussionen und musikalischen Darbietungen. Der Höhepunkt sei die Aufführung der "Marienvesper" von Monteverdi in der Predigerkirche am 29. November 2015 gewesen. Am 5. März 2016 wurde in einem ökumenischen Gottesdienst die Translokation der Statue gefeiert und in der Folge viele beeindruckende, durchaus auch kritische und befreiende Gespräche geführt, auf privater und offizieller Ebene, im innerkirchlichen und ökumenischen und im städtischen Umfeld.

Daraus habe sich schnell sowohl von katholischer als auch von evangelischer, von kunsthistorischer und öffentlicher Seite die Frage der Herstellung einer Kopie ergeben, also die Aufstellung der Statue in beiden Kirchen, so der Bericht. Dies könne man theologisch hinterfragen, aber auch als einen einmaligen Ausdruck der ökumenischen Verbindung der Kirchengemeinden und der Einheit in der Verschiedenheit interpretieren.

Nachdem die Statue jetzt wieder auf einem Seitenaltar des Münsters stehe, habe der evangelische Kirchengemeinderat in Absprache mit dem Kirchengemeinderat der Münstergemeinde beschlossen, eine Kopie anfertigen zu lassen. Die Beauftragung der künstlerischen Arbeit erfolgt nach Rücksprache mit der evangelischen Landeskirche in Württemberg und dem Landesdenkmalamt. Die Kosten müssen über Spenden finanziert werden.