Annett Kuhr an Mikrofon und GitarreFotos: kw Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Annett Kuhr und Sue Sheenhan begeistern bei ihrem Konzert mit ausdrucksstarken Stimmen

In besonderen Zeiten bedarf es außergewöhnlicher Ideen und einer Portion Eigeninitiative, um sich zumindest ein kleines Stück der Kulturnormalität wieder anzunähern. Dies schafften die beiden Sängerinnen Annett Kuhr und Sue Sheenhan mit einem eindrucksvollen Konzert.

Rottweil (kw). Im Hinterhof zwischen der Markthalle und der Firma Ulrich-Christmann wurde die überdachte Laderampe des Unternehmens kurzerhand zur Kleinkunstbühne umfunktioniert. Der Hof, wo ansonsten die Firmenfahrzeuge stehen, bietet an diesem lauen Sommerabend Platz für 70 Konzertbesucher – unter strikter Einhaltung der Hygienevorschriften. Die Markthalle öffnet für die Besucher die Toilettenanlagen.

Ja, in Corona-Zeiten ist man bescheiden geworden. Diese Rahmenbedingungen reichen aber aus, um nach knapp einem halben Jahr – zwar nicht in der Markthalle drin, aber gleich daneben – wieder Livemusikatmosphäre erleben zu dürfen. Entsprechend freuen sich die Zuhörer auf diese Veranstaltung. Sie genießen den vielseitigen, musikalischen Abend der eher leisen Töne und der poetischen Texte.

Ebenso groß ist die Freude bei den beiden Sängerinnen. Nach fünf Monaten Bühnenabstinenz präsentiert das Duo ihr neues gemeinsames Projekt "2 Stimmen 1 Konzert" – und hat dabei großen Spaß. Für die zwei Songwriterinnen mit ihren ausdrucksstarken Stimmen – sie haben sich erst Anfang 2019 zum gemeinsamen Musizieren gefunden – bedeutet das außergewöhnliche Konzert eine Wiederholung ihrer Premiere. Denn nach dem ersten Auftritt im März kam die corona-bedingte Zwangspause. Mit Anspannung und großer Vorfreude fieberte das deutsch/amerikanische Duo dem Neustart entgegen. 600 Kilometer trennen ansonsten die beiden Liedpoetinnen. Die gebürtige Amerikanerin und Vollblutmusikerin lebt seit 1988 in Niedersachsen. Liedermacherin Annett Kuhr hat ihre Zelte schon seit vielen Jahren in Rottweil aufgeschlagen.

Doch auf der provisorischen Bühne sind die zwei Sängerinnen sich an diesem Abend sehr nah. Abwechselnd interpretieren sie ihre Lieder aus dem eigenen Repertoire. Die Musikpartnerin singt dazu die zweite Stimme und begleitet das Lied oder den Song. Zwei interessante, unterschiedliche Stimmen, verschiedene Musikrichtungen vom Chanson über Folk bis zum Blues, tiefgründige deutsche Texte, englischsprachige Lieder voller Melancholie, rhythmusbetonte Melodien, filigranes Fingerpicking von Kuhr und passende Untermalung durch Trompeten- oder Flügelhorneinsätze der Amerikanerin – all das sorgt für Kurzweil. Einfühlsam besingt Kuhr in "September" den Beginn des Herbstes mit all seinen Facetten und Veränderungen. Sue Sheenhan beschreibt in "The House of he Hill" ihre Heimat in den USA. Die wenigen Abstimmungsprobleme – nach der kurzen Zusammenarbeit folgte doch eine lange Pause ohne Auftritte und kaum Proben – die sympathischen Sängerinnen und auch die Zuhörer gelassen.

Das Publikum quittiert den gelungenen Auftritt der beiden mit reichlich Applaus. Als Dankeschön gibt es noch zwei Zugaben.