Fotos: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder Bote

31. Jazzfest startet mit zwei großen Abenden

Das 31. Rottweiler Jazzfest hat einen glänzenden Start hingelegt. Am Freitagabend gastierte "Tower of Power" im Stall und sorgte für heiße Stimmung, am Samstag zeigte das "Count Basie Orchestra", dass sein Ruf nicht von ungefähr kommt.

Rottweil. Zu viel versprochen? Sicher nicht. "Tower of Power" stand schon länger auf der Wunschliste, und dass der Abend nicht nur beizeiten ausverkauft war, sondern Besucher bereits zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn am Eingang warteten, zeigt, dass das Vorhaben nicht unbegründet war. Und die gut eineinhalbstündige Show lässt die Besucher auf ihre Kosten kommen: Im Jubiläumsjahr – Emilio Castillo weist am Freitagabend gerne auf die 50-jährige Geschichte der Soul- und Funkband hin, bevor er das Saxofon zur Seite legt und selbst den Gesang übernimmt – präsentiert sich das Ensemble ziemlich druckvoll. Das Publikum – mehr als 900 Besucher feiern die Festivaleröffnung mit "Tower of Power" in der Alten Stallhalle – lässt sich nicht zweimal bitten und stimmt gerne ein. Nicht nur, wenn es mit "Diggin’ on James Brown" einen Kult-Vers zu wiederholen gilt.

Der Sound ist ziemlich mächtig, bleibt dennoch transparent genug, um den Musikern ein Podium zu bieten, auf dem sich jeder gut inszenieren kann. Mit Marcus Scott ist zudem ein Sänger am Start, der sich bestens auf die Kommunikation mit den Gästen in der Halle versteht. Als charmanter Performer führt er das Publikum zur heißen Musik, heizt immer noch ein bisschen weiter an – oder überrascht mit einer romantischen Ballade, die so gar nichts mit dem hitzigen Sound zu tun haben will, und die doch gut ins Programm, passt, das sich klar auf den Aspekt "Soul" konzentriert.

Wo am Freitagabend das Publikum stehend wogte, ist am Samstagabend klassisches Konzertsetting angesagt. Immer mal wieder hatten am Abend zuvor "Tower of Power" angedeutet, dass auch sie das Zeug zu einer zahlenmäßig zwar überschaubar besetzten, musikalisch aber ganz guten Bigband haben, in der sie lustvoll und sichtlich vergnügt aufspielen. Welches Niveau eine Bigband erreichen kann, erleben die Besucher dann am Samstag. Ob das vielfach ausgezeichnete "Count Basie Orchestra", das vor mehr als acht Jahrzehnten gegründet wurde, tatsächlich die beste Bigband der Welt ist, bleibt offen. Dass es allerdings keine Handvoll Ensembles geben dürfte, die ihm irgendwie das Wasser reichen können, ist nach dem Konzert im Stall auch klar.

Die Musiker machen nicht viel Aufhebens. Sie spielen. Brillant, mit fulminantem Ton, mit entwaffnender Dynamik, mit einem Orchesterklang, der von jedem auf der Bühne ein hohes Maß an Können, gleichzeitig aber auch an Disziplin verlangt, der einfach nur begeistert – und am Samstag ganz beiläufig wirkt. Das "Count Basie Orchestra" lebt diesen Klang, der jedem Raum lässt, der die einzelnen Register gerne auch mal markant nach vorne spielen kann. Auch als Begleitensemble funktioniert das ganz gut. Sängerin Carmen Bradford jedenfalls kann sich ganz in die Musik fallen lassen, als sie im zweiten Teil des Abends die Bühne betritt. Weshalb also einen besonderen Kult darum basteln?

Brauchen sie nicht. Auch keine Solisten, die noch einmal besonders herausgehoben werden. Die sitzen alle hinter ihren Pulten und treten dann eben mal kurz vor. Scotty Barnhart entspricht diesem Bild. Der Trompeter ist ein unaufgeregter Bandleader – aber einer, der ziemlich genau weiß, was er mit der Band hinbekommen kann, was die Faszination ausmacht. Mal geschwind das ganze Ensemble im Pianissimo spielen zu lassen, den Sound dennoch markant und jedes Instrument gewissermaßen lebendig zu halten, ist schon beachtlich. So beachtlich, dass das Publikum mucksmäuschenstill ist. Das Ganze dann aber genauso geschwind in einer fast lasziv swingenden Bewegung in ein Forte mit höchster Brillanz zu ziehen, ist noch einmal eine ganz andere Herausforderung, die Barnhart und das "Count Basie Orchestra" souverän meistern. Und ganz unaufgeregt. Gehört eben dazu, so gut zu sein.