Auch Anschauungsmaterial gilt es für Führungen zusammenzutragen. Foto: Siegmeier Foto: Schwarzwälder Bote

Einblicke: Stadtführungen in Rottweil sehr beliebt / Entwicklung der Rundgänge erfordert viel Zeit / Teil 2

Als älteste Stadt des Landes mit der höchsten Aussichtsplattform Deutschlands lockt Rottweil Tag für Tag Touristen aus nah und fern an. Viele von ihnen buchen eine Stadtführung. Aber wie entsteht eine solche Führung überhaupt? Und wer denkt sie sich aus?

Rottweil. Als Lukas Fidelius Freiburger, Matheis oder Quintus Valerius Corylus kennen ihn die Fans. Bei seinen Stadtführungen schlüpft Thomas Haßler indes in ganz unterschiedliche Rollen und begeistert die Gäste.

"Geschichte hat mich schon immer interessiert und fasziniert", erzählt der gebürtige Freiburger, der als Ergänzung zum städtischen Angebot vielfältige Führungen selbst konzipiert hat. Inzwischen ist das Repertoire von "SIDE-Seeing" ordentlich gewachsen. Neben Kriminal- sowie Kunstführungen hat Thomas Haßler aus aktuellem Anlass auch eine Führung zum Ewigen Bund mit der Schweiz und auch eine zum Dreißigjährigen Krieg erarbeitet.

"Ideen gibt es unendlich, aber für die Recherche benötigt man ordentlich Zeit", sagt er. Von der Idee bis zur Führungspremiere würden schon einige Monate ins Land gehen. Schön sei allerdings, dass man bei der Recherche immer auf neue Sachverhalte stoße, die einem dann auch für andere Führungen wieder von Nutzen sind. "Es sind vor allem die Stilblüten der Geschichte, die einen immer wieder schmunzeln lassen. So hat beispielsweise ein Rottweiler Bürgermeister Frankreich einst mal den Krieg erklärt", erzählt er.

Es seien die kleinen Geschichten in der großen Geschichte, die ihn faszinieren. Wichtig sei bei der Konzeption, Brücken zu bauen, um die historischen Inhalte zu transportieren. Jahreszahlen seien gar nicht so wichtig. "Deswegen kann man sich historische Figuren, die es nicht wirklich gab, aber durchaus gegeben haben könnte, auch mal ausdenken, um Geschichten und Geschichte zu erzählen", plaudert Haßler aus dem Nähkästchen. Er versucht immer, einen Bezug zum Jetzt und Heute herzustellen.

Bis eine Führung schließlich flüssig und authentisch daherkommt, hat Haßler vermutlich so manche schlaflose Nacht hinter sich gebracht und Berge von Literatur verschlungen. Aber selbst, wenn die Handlung steht, gibt es noch vieles zu klären: Welche Orte bezieht man ein? In welche Gewandung schlüpft man? Ist die Gewandung zeitgemäß? "Es ist immer gut, wenn man noch mal jemanden fragen kann, der bestätigt, dass alles zusammenpasst. Ein profunder Kenner der Rottweiler Geschichte ist hier der Historiker Winfried Hecht. Seinen reichen Wissensfundus nutzen auch viele andere Stadtführer.

Richtig spannend wird’s dann, wenn Haßler seine Führungen vor Ort ausprobiert, erzählt er. "Es gibt manches, das in der Theorie, aber eben nicht in der Praxis funktioniert", weiß er aus Erfahrung. Dann muss eben nochmals umgestellt werden, andere Orte werden gesucht oder das Thema erweitert. Und wenn die Zuhörer schließlich eintauchen in die Geschichte, Fragen stellen und sichtlich berührt sind, "ja, dann hat man alles richtig gemacht, und die Mühen haben sich gelohnt", freut sich Haßler, der bereits Ideen für weitere Führungen in der Schublade hat. Auch künftig werden sich also Einheimische, Rei‘gschmeckte und Gäste an der Vielfalt der Rottweiler Führungen erfreuen können – an denen von Thomas Haßler und all den anderen.

Weitere Informationen: Die Führungen von "SIDE-Seeing" sind unter www.rottweil-stadtfuehrungen zu finden.