Neun Millionen Euro stellt Helios für Abfindungen von zirka 300 Mitarbeitern zur Verfügung. Foto: dpa

Regelwerk ist kompliziert und fragwürdig. Neun Millionen Euro für Abfindungen.

Kreis Rottweil - Der Landrat könnte heute in Nöte geraten, wenn er in Schramberg erklären will, was dort niemand versteht: Warum das Bieterverfahren es honoriert, wenn Helios Schramberg dicht machen will. Dabei könnte das den Kreis sogar viel Geld kosten.

Die Matrix, Regelwerk und sogleich Herzstück des strukturierten Bieterverfahrens, ist ein kompliziertes Gefüge. Und zudem kennt sie kaum einer. Nicht einmal die privaten Träger selbst, die für die beiden Kliniken im Kreis Angebote abgegeben haben.

Das lässt sich sicher darauf zurückführen, dass der Landkreis das Verfahren so seriös und juristisch einwandfrei wie möglich gestalten wollte.

Andererseits, und das sagen die Kritiker, ist es wie in einem Wettbewerb, in dem zwei Teams aufeinandertreffen, ohne zu ahnen, wie die Regeln sind, und ohne genau zu wissen, wie man zu Punkten gelangt. Und so kommt heraus, was beim Bieterverfahren um die Häuser Rottweil und Schramberg herausgekommen ist. Ein Ergebnis, das den einen Anbieter, Helios, als den sicheren Sieger, und den anderen, Ameos, als den sicheren Verlierer erscheinen lässt. Ein aus Schramberger Sicht höchst fragwürdiges Ergebnis. Deshalb jetzt diese Auseinandersetzung.

Neun Millionen Euro für Abfindungen

Fragwürdig deshalb, weil Helios das Schramberger Krankenhaus schließen will und dafür in der Matrix auch noch Punkte erhält. Neun Millionen Euro stellt Helios für Abfindungen von zirka 300 Mitarbeitern zur Verfügung. Wobei es nicht nur Schramberg, sondern auch Rottweil treffen werde, sagt der Betriebsrat des Schramberger Krankenhauses.

Das Geld wird aber nicht reichen, räumt die Landkreisverwaltung ein. Sie geht von zwölf Millionen Euro aus. Eine Stuttgarter Kanzlei, die darüber ein Gutachten erstellt hat, sagt, auch diese zwölf Millionen wären zu wenig, da die laufenden Gehaltszahlungen der Mitarbeiter, die gegen ihre Entlassung klagen würden, nicht berücksichtigt seien. Dieses Geld würde dem Jahresverlust angerechnet. Und es sieht so aus, als müsste der Landkreis für das laufende Jahr weitere Millionen Euro zur Verfügung stellen.

Dabei hat der Landrat Wolf-Rüdiger Michel extra eine Stuttgarter Kanzlei – Reith, Schick und Partner – engagiert, die sich auf diesem Segment auskennen sollte. Aber selbst dies wird inzwischen von einigen Kreisräten quer durch die Fraktionen bezweifelt. Sie haben an den Regierungspräsidenten Julian Würtenberger geschrieben mit der Bitte, das gesamte Verfahren auf Fehler hin zu überprüfen. Er soll jetzt also als eine Art Oberschiedsrichter fungieren.

Das Spiel, dessen Regeln unbekannt waren, hat vermeintliche Gewinner und Verlierer hervorgebracht. Helios erreicht 585 Punkte, Ameos hingegen lediglich 478,9. Doch wie im Sport, so sind auch hier die Regeln willkürlich gesetzt. Das Ergebnis leidet unter gewissen Zufälligkeiten. Beispielsweise in der Disziplin der Mitsprache- oder Vetorechte. Hätte Ameos anstatt zehn Jahre einen Tag länger angegeben, wäre der Konzern eine Stufe höher gerutscht und hätte 100 Punkte mehr erhalten. 100 Punkte für einen Tag. Was für eine Regel.