Vom reizvollen Bockshof ist nichts mehr zu sehen, ein dichter Urwald führt in die Tiefe. Kann aus dem wilden Rottweiler Grüngürtel mit Nägelesgraben und Stadtgraben mal so was werden wie in Horb? Seit dem Grünprojekt 2011 ist der Neckar dort beliebter Anziehungspunkt. Foto: Otto

Stadtrat Gerlich erhofft sich von Bewerbung Rettung für den Stadtgraben. Nachhaltiger Gewinn leuchtet ein.

Rottweil - Es ist so was wie ein Lichtblick im dichten Dschungel – im wörtlichen Sinne: Der Grünzug rund um die historische Innenstadt kann leider gut und gerne als Dschungel bezeichnet werden. Der Lichtblick ist ein Vorschlag von Michael Gerlich: Die Stadt soll sich um eine "kleine Gartenschau" bewerben.

Die Anregung des FDP-Stadtrats stieß im Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschuss am Mittwoch durchaus auf offene Ohren. Kein Wunder, schließlich läuft der Grüngürtel rund um Rottweil seit langem unter der Kategorie "Sorgenkind". Kein Konzept, keine schlüssige Anbindung, mal hier ein gut gemeinter Ansatz, mal da ein neuer Wasserlauf... letztlich verschwindet alles immer wieder unter wucherndem Grün.

Aktuell wird das Thema derzeit ohnehin durch den ThyssenKrupp-Turm. Ausgleichsmaßnahmen für den jetzt angelaufenen Bau sollen im Stadtgraben ihren Niederschlag finden. Außerdem soll der Turm irgendwie sinnvoll an die Stadt angebunden werden. Kein schlechter Zeitpunkt also von Gerlich, um die Idee – die 2001 schon im Oberbürgermeister-Wahlkampf von Thomas Engeser großes Thema war und dann im Sande verlief – zu präsentieren: Das Ministerium für ländlichen Raum fördert neben den großen Landesgartenschauen im Programm "Natur in Stadt und Land" ähnliche Grünprojekte in etwas kleinerem Rahmen – der Zuschuss beträgt bis zu zwei Millionen Euro.

Das große Problem an der Sache verhehlte Gerlich dabei nicht: Die Gelder sind bereits bis zum Jahr 2025 vergeben: Für 2023 hat Freudenstadt den Zuspruch erhalten, für 2025 die Stadt Balingen. Rottweil müsste sich also hintenanstellen, dennoch will Gerlich das Thema Grünprojekt als Vision in den Köpfen verankern. Und die Stadt soll prüfen, was möglich ist. Schließlich mache man mit dem ThyssenKrupp-Turm derzeit einen großen Schritt in Richtung touristische Zukunft. Eine "kleine Gartenschau" erbringe einen "nachhaltigen Gewinn" für die Stadt. Horb und Tuttlingen mit seinen Donauauen seien hier eindrucksvolle Beispiele.

Reiner Hils (FFR) sieht das genauso: "Die Stadt hat soviel Potenzial und könnte dadurch unheimlich gewinnen", meinte er. Die Situation im Stadtgraben, beziehungsweise dem ganzen Grüngürtel, sei "sehr ausbaufähig". Hubert Nowack (Grüne) erinnerte daran, dass ohnehin einiges in der Warteschleife sei und auch das Konzept für die Ausgleichsmaßnahmen anläuft. Durch einen Antrag auf ein Förderprojekt dürften die anderen Dinge nicht blockiert werden. Hubert Ernst (CDU) sieht einerseits gute Chancen, das Ganze mit dem neuen Turm zu verbinden, allerdings sei die Wartezeit dafür zu lang.

Für Fachbereichsleiter Lothar Huber schließt das eine das andere nicht aus. Mit einer bereits im Sommer im Gremium vorgestellten Grobkonzeption für den Grüngürtel – in die auch die Ausgleichsmaßnahmen eingebetttet werden sollen – habe man einen Anfang gemacht. Dies könnte später weiterentwickelt werden und dann Basis für eine Bewerbung sein. Erste Erkundigungen der Verwaltung sorgten allerdings nicht gerade für einen Motivationsschub: Wie beim Ministerium zu erfahren war, stehe noch nicht fest, ob es nach 2025 überhaupt eine weitere Förderperiode für die kleinen Gartenschauen gibt. Wenn es sie gibt, könne man sich ab 2017 dafür bewerben. Dann, so hieß es, sollten "möglichst früh" Konzepte vorliegen.

Rottweil tut also gut daran, die Vision von der "kleinen Gartenschau" nicht aus den Augen zu verlieren. Wer wissen will, wie das Ergebnis aussehen kann, dem sei ein Besuch in den Tuttlinger Donauauen oder beim "Neckarblühen" in Horb empfohlen. Die waren mit der Idee ein paar Jahre früher dran. Neid ist durchaus erlaubt.