Die Zwangspause hat das Museum unter anderem für Filmdreharbeiten über die Sammlung Dursch genutzt. Foto: Siegmeier

Kultur und Museen von Pandemie besonders hart getroffen. Führungen nun wieder buchbar. 

Rottweil - Auch die städtischen Museen hat die Corona-Pandemie getroffen. Über viele Wochen waren sie geschlossen. Die Mitarbeiter der städtischen Museen um Museumschefin Martina Meyr haben die Zeit durchaus kreativ genutzt. Das Stadtmuseum wurde im Prinzip komplett auf den Kopf gestellt. Aber wie sieht die Zukunft der Museen aus? Wir haben bei Martina Meyr nachgefragt.

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Frau Meyr, Sie und Ihr Team haben trotz geschlossener Museen eifrig gearbeitet, neue Konzepte überlegt und im Stadtmuseum ordentlich Hand angelegt, oder?

Absolut! Im Stadtmuseum waren eigentlich nur zwei Räume angedacht. Aufgrund der Zwangspause konnten wir uns bei der Umgestaltung mehr Zeit lassen, und so kam die Idee mit der Gestaltung der anderen Räume auf. Dadurch, dass alle im Team in dieser Zeit andere Dinge gemacht haben als sonst und auch zeitlich flexibler waren, konnten wir das Konzept fürs Stadtmuseum so umsetzen.

Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Und für die Sammlung Dursch wurde sogar ein Film gedreht?

Ja, das haben wir. Und vermutlich hätten wir den Film für die Sammlung Dursch ohne den Druck, das Museum mit einem weiteren digitalen Baustein öffentlich zu machen, nicht so schnell umsetzen können.

Jetzt sind die Museen ja wieder geöffnet. Haben sich die Besucherzahlen mittlerweile stabilisiert und können wieder an "normale" Jahre anknüpfen? Man hatte ja insbesondere auf eine besucherstarke Ferienzeit gesetzt.

Inwiefern sich die Besucherzahlen bis zum Jahresende wieder normalisieren, ist derzeit schwer abschätzbar. Der Neustart war extrem schwierig, da alles erst langsam wieder anlaufen musste. Viele Menschen hatten sich anfangs nicht mehr als nötig im öffentlichen Bereich aufgehalten - und dazu zählen auch die Museen. Die Maskenpflicht und die fehlenden Touristen haben zu einem schleppenden Start beigetragen.

Wir ist denn das Prozedere beim Museumsbesuch?

Es besteht in Museen die Verpflichtung zur Datenerfassung, und dafür ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung eine freiwillige Entscheidung geworden. Touristen, die nach Rottweil kommen, besuchen auch wieder das Museum, und das hilft uns derzeit. Allerdings fehlen dieses Jahr komplett Schulklassen, Ferienprogramme und Reisegruppen. Wir dürften somit die Besucherzahlen der Vorjahre kaum erreichen.

Wird die Pandemie den Museumsbesuch in der Zukunft verändern?

Da wir derzeit nicht absehen können, inwieweit die aktuelle Situation noch anhalten wird und ob es jemals eine Rückkehr zum gewohnten Alltag gibt, ist auch die Situation für Museen nicht klar. Auf jeden Fall werden Gruppenveranstaltungen und partizipative Formate in der näheren Zukunft wohl schwierig umsetzbar sein. Der Museumsverband, in dessen Vorstand ich seit vielen Jahren mitarbeite, wird sich daher auch bei den beiden kommenden Tagungen mit diesen Fragen auseinandersetzen. Das Thema Corona und neue Hygieneanforderungen wird die Museen - aber auch andere Kultureinrichtungen - wohl noch eine ganze Zeit lang beschäftigen.

Macht es Ihrer Ansicht nach Sinn, Museumsinhalte für "daheim" zu produzieren und virtuelle Rundgänge zu erstellen?

Ich persönlich glaube, dass der Museumsbesuch stark vom Objekt bestimmt wird. Neben Freizeitgestaltung und Bildung bietet der Besuch vor Ort den Reiz des Originals. Nichtsdestotrotz sind viele Museen bereits digital gut aufgestellt. Wir haben beispielsweise die Sammlung Dursch und ausgewählte Sammlungsbestände des Stadtmuseums schon seit langem bei "museumdigital", einer bundesweiten Plattform, eingestellt. Die Nachfrage nach 360-Grad-Rundgängen ist bislang kaum vorhanden.

Was sollten sich Touristen in Rottweil unbedingt anschauen?

Es lohnt sich ein Besuch aller Rottweiler Museen, schließlich sind die Interessen ja unterschiedlich. Das Dominikanermuseum bietet Einblicke in die römische Geschichte der Stadt, gotische Sakralkunst und bis Ende Oktober eine Ausstellung mit Objekten von Jürgen Knubben. Die Lorenzkapelle ergänzt die gotischen Holzskulpturen um Steinobjekte. Die späteren Ereignisse in Rottweil sind im Stadtmuseum erläutert. Auf jeden Fall empfehle ich einen Abstecher in die Sammlung Dursch, da hier die gotischen Skulpturen völlig neu präsentiert werden und wir dabei mit großen deutschen Museen mithalten können.

Oft haben ja die Einheimischen leider die Lust am Entdecken der eigenen Stadt verloren. Wie ist das in Rottweil?

Leider ist ja alles, war direkt vor der Haustür liegt, nicht immer das Naheliegendste. Wir haben durchaus Rottweiler Stammpublikum, aber ich höre auch immer wieder, dass Menschen 20 Jahre oder länger nicht in einem unserer Museen waren. Wer es in den letzten Wochen noch nicht gemacht hat, sollte sich unbedingt mal wieder das Stadtmuseum ansehen. Vor allem der Raum zum Alten Spital dürfte bei vielen Erinnerungen wachrufen.

Wie geht es mit den Führungen und Ausstellungen weiter?

Die Ausstellung "Jürgen Knubben zum Fünfundsechzigsten. Stahlplastik und Künstlerbriefe" ist noch bis 31. Oktober zu sehen. Anschließend ist ab 15. November "Kunst im Kreis III - Kompositionen und Konzepte" im kunstraum des Dominikanermuseums geplant. In welcher Form die Vernissage stattfinden kann, werden wir nach den Ferien besprechen. Führungen im Dominikanermuseum sind derzeit wieder buchbar, und Sonntagsführungen finden bereits seit Juli wieder statt. Auch für 2021 planen wir wie gewohnt Sonntagsführungen und Ausstellungen.