Bei den Rennen geht es vor allem um Beschleunigung. Die Endgeschwindigkeit ist weniger entscheidend. Foto: Fotalia

Erst abbremsen, dann Vollgas geben. Täter schwer zu fassen. Viele Schweizer Raser. Zu geringe Strafen?

Rottweil - Die Teilnehmer der Autorennen vom Wochenende auf der A 81 wurden erwischt: Sie sollen jetzt vernommen werden. Ob dies aber abschreckend wirkt, ist fraglich: Die Strafen, so klagt die Polizei, seien dafür zu gering.

Eine Statistik über illegale Autorennen führt die Polizei nicht, doch dass dieses Phänomen auf den Autobahnen im Land zunimmt, zeigt ihre Erfahrung: »Das kommt jetzt eigentlich immer vor, wenn schönes Wetter ist«, sagt Fritz Bezikofer von der Polizeidirektion Konstanz. So wie am vergangenen Samstag.

Da haben sich auf der A 81 gleich zwei »Rennteams« verabredet, um herauszufinden, wer am schnellsten beschleunigt. Nachmittags gegen 15.30 Uhr wurden zwischen den Anschlussstellen Rottweil und Villingen-Schwenningen zwei BMW mit Schweizer Kennzeichen gesichtet, die offensichtlich um die Wette rasten. Am Abend trat dann zwischen Rottenburg und Horb ein weißer Mercedes C-Klasse gegen einen silbernen BMW an.

Der Ablauf ist laut Beobachtern immer gleich: Mehrere Autos fahren nebeneinander auf zwei oder drei Spuren und bremsen die nachfolgenden Fahrzeuge auf 50 Stundenkilometer oder weniger herunter. So fließt der vor ihnen fahrende Verkehr ab, und die Strecke wird frei. Dann geben sie Vollgas – und entwischen meist an einer Ausfahrt. Dabei gehe es meist nicht um die Höchstgeschwindigkeit, sondern um die Beschleunigung, heißt es bei der Polizei.

Immer wieder haben die Fahrer den Verkehr am Wochenende so behindert. Juristisch gilt das als Nötigung und wird als Straftat geahndet. Hinzu kommt die Ordnungswidrigkeit laut Paragraf 29 der Straßenverkehrsordnung, in dem es heißt: »Rennen mit Kraftfahrzeugen sind verboten.« Bei Verstößen drohen um die 400 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot samt vier Punkten in Flensburg.

Für Besitzer teurer Sportwagen sei dies aber wohl lächerlich, vermutet man bei der Autobahnpolizei. Dass vor allem Schweizer ihr Mütchen auf deutschen Straßen kühlen, habe wohl auch damit zu tun, dass die Bußgelder zu Hause deutlich happiger seien. In der Tat sind häufig Boliden mit Schweizer Kennzeichen in solche Rennen verwickelt. Allerdings ist auch in den eidgenössischen Medien immer wieder von illegalen Autobahnrennen zu lesen.

Wer es sich leisten kann, lässt sich jedenfalls von den deutschen Bußgeldern kaum abschrecken: Als die Konstanzer Polizei Mitte April mehrere ertappte Raser auf szenebekannten Parkplätzen kontrollierte, nahm sie ihnen Sicherheitsleistungen in Höhe von 3000, 4000 und 5000 Euro ab.
Bei einem Chevrolet platzt der Motor

Als Beteiligte konnten überwiegend Personen mit Schweizer Wohnsitz festgestellt werden, die aber überwiegend ihre Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien hatten«, heißt es im Polizeibericht. Die Idee eines Autobahnrennens gedeiht offensichtlich in bestimmten Milieus.

In der Schweiz zugelassen war auch jener Chevrolet Corvette, der vorletztes Wochenende zwischen Horb und Rottenburg in einen schweren Unfall verwickelt war. Bei einem Rennen platzte der Motor, der Wagen geriet ins Schleudern und prallte mit hoher Geschwindigkeit gegen die Leitplanke. Der Beifahrer wurde schwer, der Fahrer leicht verletzt.

Die A 5 zwischen Karlsruhe und Basel spielt für solche Rennen übrigens keine große Rolle. Vor Jahren fielen zwar einmal zwei Engländer auf, die mit ihren Ferraris an die 300 Stundenkilometer schnell fuhren – ihre Autos wurden daraufhin beschlagnahmt. Doch Wettrennen nach dem bekannten Muster seien die Ausnahme, heißt es bei den Polizeidirektionen in Freiburg und Lörrach.

Wahrscheinlich schreckt die hohe Verkehrsdichte auf der Rheintalautobahn die Möchtegern-Vettels ab. Ganz im Gegensatz zur Hochrheinstrecke A 98 (Lörrach-Rheinfelden) und zur Bodenseeautobahn A 81, die über Gottmadingen direkt an die Schweiz angeschlossen ist.

Oft finden sich Raser auch zu spontanen Spurts zusammen – vor allem wenn sich tagsüber auf dem Hockenheim- oder dem Nürburgring die Profis gemessen haben. Wenn die Zuschauer abends heimfahren, so Dietmar Ernst von der Polizeidirektion Lörrach, geben sie richtig Gas.