Revanche eines Künstlers, der an einem einzigen Tag zum Rottweil-Fan geworden ist: ein wunderbares Konzert. Foto: Schnekenburger

Abend im Stall gerät nicht nur musikalisch stimmungsvoll. Rottweil-Fan begeistert zwei Stunden lang 900 Besucher.

Rottweil - Auch wenn der Gebrauch des Superlativs sparsam zu sein hat – wer weiß schon, was noch kommt? – so darf man über das Konzert am Mittwoch in der Alten Stallhalle feststellen: Der Abend mit Gregory Porter war einer der besten in der Geschichte des Jazzfests. Punkt.

Worauf würde man sich freuen dürfen? Auf einen hoffentlich gut aufgelegten Künstler. Gute Karten dafür hat man beim Jazzfest in der Regel schon, eine Garantie gibt es aber nicht. Es könnte ihm ja eine Laus über die Leber gelaufen sein. Ist nicht. Und verwundert ist er, dass ihm am Nachmittag keine Rottweiler – Hunde – über den Weg gelaufen sind. Und begeistert ist er von den Menschen, vom Kneipier bis zum Immo-Mensch, die ihn, den wider Erwarten jeder in der Stadt zu kennen scheint, freihalten. Und er singt, als würde er nur kurz aufhören wollen, um eine neue Rottweil-Anekdote zu erzählen – und sonst immer weitersingen, unaufgeregt, bester Laune, mit großer Intensität.

Denn so lief der Abend im ausverkauften Stall: Ein famoses Instrumentalquartett, dessen Mitglieder Charakter zeigen, spielt ganz guten Jazz, stilistisch offen – oder besser: stilistisch auf vielen Feldern versiert. Doch vorn am Mikrofon steht der Mann unter der Mütze, Gregory Porter. Seinetwegen sind wohl 899 der 900 Besucher hier. Er braucht nichts zu tun und darf sich der Aufmerksamkeit dennoch sicher sein. Seinen Kollegen, dem vielseitigen Saxofonisten Yosuke Satoh, Emanuel Harrold am Schlagzeug, der spielfreudige Chip Crawford am Klavier und Bassist Aaron James räumt er genügend Platz ein. Auf ihr Gebäude wird er sich blind verlassen, wenn er zwei Stunden lang – schon das mehr als bemerkenswert – seine Sänger-Kür tanzt. Mit minimalistischer Bewegung, die manchmal doch den ganzen Saal umarmt, leise, aber bestimmt, beseelt und, so scheint’s, von Rottweil angenehm besoffen.