Was seither passiert ist, lässt sich für Laien bloß erahnen. Mehrere Hundert Male war Silas auf der Baustelle, bei Tag und Nacht, bei strömendem Regen, Schnee und sengender Hitze. Er nahm mit den Verantwortlichen von Züblin Kontakt auf, durfte schon im Rohbau ganz nach oben, fotografierte in einer Box am Kranhaken hängend in 200 Metern Höhe und schaute dem Kranführer über die Schulter. Nachts stieg er bei Gewitter aufs Göllsdorfer Dissenhorn für die optimale Perspektive oder stellte seine Kamera fünf Stunden auf ein Stativ, um mit hunderten Fotos einen Zeitraffereffekt zu erzielen.
Dass er zwischenzeitlich nach Hannover zog, machte das Projekt nicht gerade einfacher. "Ich habe ein Volontariat bei der Deutschen Presseagentur gemacht, aber ich bin natürlich zwischendurch immer nach Rottweil gefahren", berichtet er. Der Turm hat ihn trotz vieler spannender Einsätze in ganz Deutschland nicht losgelassen.
Als das 246-Meter-Bauwerk dann samt Hülle stand, wartete die größte Arbeit erst noch auf den 25-Jährigen: "Ich hatte am Schluss rund 3000 Gigabyte Material", schmunzelt Silas. Dabei war ihm klar, dass er den Film relativ kompakt machen will. "So acht Minuten, das gucken die Leute im Internet noch an", erklärt er. Das bedeutete Stunden über Stunden am Computer, Tausende Fotos sichten, bearbeiten, ineinanderfügen. "Mit dem Material hätte ich auch eine richtige Dokumentation über zwei Stunden machen können, aber das war nicht das Ziel. Ich wollte die Bilder wirken lassen. Und die Musik." Die reicht von sanften Klaviertönen bis zu dramatischen Klängen – und sorgt für Gänsehautmomente. Obwohl Beton und Stahl die Hauptrolle spielen, ist es ihm gelungen, in dem Video Emotionen zu transportieren. Und wenn da ein Arbeiter von hoch oben glücklich in die Kamera winkt, dann wird deutlich, dass der Turmbau für viele der Beteiligten eine ziemlich emotionale Angelegenheit war.
Mit dem Video Geld zu machen und es zu vermarkten hatte Silas Stein nicht im Sinn. Es soll für ihn und seine Arbeit stehen. Seit einem Jahr ist er als selbstständiger Fotograf tätig, hat Aufträge beispielsweise bei Eintracht Frankfurt, bei großen Unternehmen und arbeitet für Bildagenturen. Derzeit wohnt er zwar in Rottweil, aber der Umzug nach Frankfurt steht bevor. Den Turm wird er trotzdem noch ab und an besuchen. Und er hofft, dass er mit seinem Video den ein oder anderen mit seiner Faszination für den "Tower of Light" anstecken kann.
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