Ein Bus steht seit einer guten Stunde, andere kommen und gehen, und widerrechtlich geparkte Autos in den Bushaltestellen sorgen für eine zusätzliche Verschärfung der Lage. Erst nach mehrmaligem Hupen der Busfahrer räumt dieser Falschparker am Montag das Feld. Foto: Schleeh

Die "rote Wand" ist wieder da: Lange Standzeiten der Fahrer erneut an Tagesordnung. 

Rottweil - Der Bus brummelt eine geschlagene Stunde lang an der Haltestelle vor sich hin, während der Fahrer eine ausgiebige Pause macht und ein Schwätzchen am Friedrichsplatz hält. Andere Busse fahren an und ab, es geht eng und laut zu. Die berüchtigte "rote Wand" formiert sich wieder.

Längere Standzeiten von Bussen mit laufendem Motor sind inzwischen am Friedrichsplatz in der Innenstadt wieder an der Tagesordnung. Gerade jetzt, wenn mancher in den angrenzenden Häusern angesichts der Hitze sein Fenster gerne aufmachen würde, fällt das besonders auf. Zur Hitze kommt noch der Bus-Lärm, bei dem nicht mal mehr telefonieren möglich ist.

Neues Konzept 2014

Dabei stand die "rote Wand" aus wartenden sowie an- und abfahrenden Bussen bereits vor Jahren in der Diskussion - und sollte eigentlich jetzt Vergangenheit sein. 2014 wurde ein neues Konzept erarbeitet, um die Belastung am Friedrichsplatz durch Lärm und Gestank einzudämmen. In diesem Zuge fiel dann auch der Beschluss, dass der Zentrale Umsteigeplatz (ZUP) doch nicht vom Friedrichsplatz in die Königsstraße verlegt wird. Im Gemeinderat waren Bedenken gegen das 600.000 Euro teure Projekt aufgekommen.

Auch der damalige Stadtbus-Chef Hans Keller hielt die Verlegung nicht für sinnvoll. Vielmehr erarbeitete er gemeinsam mit der Stadt ein Konzept, um die "rote Wand" abzubauen. Im Wesentlichen beinhaltete dies die Verlagerung eines Großteils der Pausenzeiten der Fahrer an andere Stellen - weg von der Innenstadt. "Damit ist der Druck raus", hatte Oberbürgermeister Ralf Broß die Maßnahme seinerzeit begrüßt. Ein wesentliches Argument für die geplante Verlagerung des ZUP in die Königsstraße falle damit weg.

Pausen an der Strecke

Man kam überein, dass die Fahrer die Pausen nach Möglichkeit zum Teil direkt auf der Linie, zum Beispiel irgendwo zwischen Hausen und Rottweil, verbringen sollen. Auch der Nägelesgrabenparkplatz war im Gespräch. Dort aber, so hieß es, sollten Touristenbusse Vorrang haben.

Sei’s drum: Während das Konzept am Anfang durchaus Wirkung zeigte und sich die Situation am Friedrichsplatz entspannte, scheinen sich nun wieder alte Gewohnheiten einzuschleichen. Lange Pausen der roten Flotte sind täglich zu beobachten. Die Fahrer holen sich einen Kaffee, einen Snack und rauchen eine - während der Motor unermüdlich läuft. Für Passanten und Anwohner nicht gerade schön. Und schließlich hat sich Rottweil als Touristenort eine Erhöhung der "Aufenthaltsqualität" zum Ziel gesetzt.

Wir haben beim neuen Stadtbus-Betreiber nachgefragt. Das Verkehrsunternehmen Wiest und Schürmann aus Hechingen hat die Stadtbus Rottweil GmbH sowie City-Taxi und Omnibus Fischinger im Herbst 2019 übernommen. Frank Wiest erklärt, er habe von der Problematik aktuell noch nichts gehört. Vielleicht, so mutmaßt er, hängen die langen Standzeiten mit der Ferienzeit zusammen, in der veränderte Umläufe gefahren würden. Grundsätzlich habe man an den Maßgaben nichts geändert, versichert Wiest. Er werde prüfen, ob womöglich "der Schlendrian" bei den Fahrern eingekehrt sei.

Neue Technik

Erstaunlicherweise ist laut Wiest ein Grund dafür, dass der Motor manchmal auch im Stehen lange läuft, in der neusten Technik zu finden. Bei Motoren nach Euro-6-Norm regeneriere sich die Abgasanlage von Zeit zu Zeit selbst. Der Motor könne dann gar nicht abgeschaltet werden, das sei also nicht die Schuld des Fahrers, so Wiest.

Gerade dann wäre es von Vorteil, wenn die Motorenregeneration nicht mitten in der Stadt stattfindet. Allerdings gibt es auf freier Strecke eben auch keinen Kaffee.