Orts-Check: Peter Burri füllt das Hinterzimmertheater mit Leben

Von Anja Schmidt

Rottweil-Hausen. Hausen beherbergt viele Künstler. Einer von ihnen ist Peter Burri. Dem namhaften Schreiber gehört das Gasthaus Adler in Hausen.

Peter Burri wehrt sich. Nein, der Adler sei nicht geschlossen. Er sei kein Wirt, setzt er zwar nach, aber zweimal in der Woche öffne er seine Schankstube. Burri schreibt. Und zwar seit seinem zwölften Lebensjahr. Er dichtet und verfasst Glossen für das Satiremagazin "Titanic". Aber die Welt, in die er wollte, war das Theater.

Als Teenager beeindruckte ihn Friedhelm Bärsch, der damalige Leiter des Zimmertheaters. Kein Stück habe er verpasst, auch wenn er dafür von Dunningen, seinem Heimatort, nach Rottweil trampen musste. Mit 18 Jahren stand er zum ersten Mal selbst auf der Bühne und schrieb Kabarettstücke. Nicht nur für das Zimmertheater. Mit seinen Soloauftritten reiste er durch ganz Süddeutschland.

Seiner langjährigen Lebensgefährtin Dorothee Meylan indes begegnete er in Rottweil. "Sie war eine begnadete Schauspielerin", schwärmt er. Und eine Seelenverwandte. "Wir hatten die gleiche stilistische Vorstellung von dramatischer Kunst." Mit dem Umzug des Zimmertheaters auf den Friedrichsplatz gründeten die Beiden 1986 das Hinterzimmertheater im Cafe Lehre. Im Schnitt habe er vier Theaterstücke jedes Jahr geschrieben. Dramatisches, Humoristisches – je nach Gefühlslage. Aufgeführt wurden sie in Rottweil und in festen Gastspielorten in ganz Süddeutschland.

Bis ihm 1993 der ganz große Wurf gelang. Er griff den Roman "Geht in Ordnung – Sowieso - - Genau - - -" von Eckhard Henscheid auf, und der legendäre Schriftsteller war von Burris Theaterversion "Wird prima" begeistert.

Fast zwei Jahre standen Burri und Meylan über 100 Mal mit dem Stück auf der Bühne. Eine weitere Zäsur gelang ihm mit einem Werk von Ernst Jünger. Bekannt ist Jünger vor allem durch seine Kriegstagebücher, konnte sich später aber auch als Literat einen Namen machen. Er hatte Gegner, aber auch Bewunderer. Burri zählt ihn zu den ganz Großen. Eine Weiterverwendung von Jüngers Werken war bis dato undenkbar. Aufhalten ließ sich Burri davon nicht. Sein Manuskript landete beim Klett-Verlag. Und er bekam einen Anruf: "Es war unfassbar, jemand durfte Ernst Jünger am Theater dramatisieren."

Indes wagte sich Burri mit "Das abenteuerliche Herz" an keine einfache Kost. Das Werk stand in engem Zusammenhang mit Jüngers nationalrevolutionärer Publizistik und traf daher nicht auf jedermanns Geschmack. Parallel zu diesen großen Aufführungen schrieb Burri weiter Glossen, Hörspiele, Rockmusiktexte und inszenierte mit großem Erfolg ein Stück für die Freilichttheaterbühne. 1999 suchte das Künstlerpaar nach einem festen gemeinsamen Wohnort. Und wurden in Hausen fündig.

Im Gasthaus Adler fanden schon 1920 Theateraufführungen statt, jedoch ohne Bühne. Burri restaurierte das alte Gasthaus und baute eine Bühne im Gastraum an. Das Hinterzimmertheater, wie es sich auch in Hausen nennt, reist heute nicht mehr. Dorothee Meylan ist verstorben.

Der 55-Jährige schreibt weiter die Stücke. Humoristisches, gerne in schwäbischer Mundart, aber auch immer etwas dramatisch. Und er steht nach wie vor auf der Bühne, aber ohne festes Ensemble. Derzeit mit einer urschwäbisch-alemannischen Komödie. "En Waidag" beruht auf dem Lustspiel "Dyskolos" (Der Menschenfeind) des griechischen Dichters Menander (342 bis 290 v. Chr.). In mühsamer Kleinarbeit fahndete Burri nach den alten Papyrusrollen, erkannte die Zeitlosigkeit der Geschichte und hatte einen Heidenspaß, das vor über 2000 Jahren Geschriebene in schwäbische Mundart zu packen. Über den Erfolg des Hinterzimmertheaters kann Burri nicht klagen.

Die Vorführungen sind gut besucht, und die finanzielle Seite sieht er entspannt. Ganz anders Winfried Hecht. Der Altstadtarchivar empfindet eine Unverhältnismäßigkeit zum Zimmertheater. In einem Schreiben an die Stadt lobt er die Stücke, die Regie, das Bühnenbild und die Leistung der Schauspieler im Hinterzimmertheater. Nach seiner Anregung wäre es "angemessen", das Theater in Hausen ebenso finanziell zu fördern wie das Rottweiler Zimmertheater.

Die letzten beiden Aufführungen von "En Waidag" finden am Freitag, 10. Juli, und Samstag, 18. Juli, statt.