Das Millionenprojekt "Neues Landratsamt" wird erst einmal wie geplant fortgesetzt.Foto: Beyer Foto: Schwarzwälder Bote

Großprojekt: Trotz Corona-Auswirkungen: Planung für neues Landratsamt geht weiter

Kreis Rottweil. Das Jahrhundertprojekt im Keim ersticken oder trotz Corona-Lage zur Baureife bringen? Darüber diskutierte der Gemeinsame Ausschuss Verwaltungsgebäude am Montag – mit einem klaren Konsens: Zurückrudern ist keine Option.

Ein 60 Jahre altes Hochhaus mit lockeren Fassadenplatten und alten Aufzügen, die jeden Moment den Geist aufgeben können – am Handlungsbedarf lässt sich nicht rütteln. Zu dieser Erkenntnis kam auch der Gemeinsame Ausschuss Verwaltungsgebäude. Dennoch haben die Corona-Krise und deren finanzielle Auswirkungen auf das Landkreis-Säckel Fragen aufgeworfen. Ist jetzt die richtige Zeit, um das rund 35 Millionen schwere Mammutprojekt umzusetzen?

Schon beim Wunsch nach sofortiger Umsetzung würde sich der Neubau des Landratsamtes verzögern, machte Dominik Straka vom Projektpartner Drees & Sommer klar. Im April hätte die Preisgerichtssitzung stattfinden sollen. Diese wurde wegen Corona auf Oktober verschoben und der Architektenwettbewerb damit verlängert. Wenn das Projekt nun so schnell wie möglich durchgezogen werden würde, wäre Baubeginn im Sommer oder Herbst 2021.

Es besteht aber auch die Möglichkeit, das Projekt in einer früheren Phase auf Eis zu legen und entweder einzustampfen oder zu gegebener Zeit wieder aus der Schublade zu holen. Straka stellte den Ausschussmitgliedern verschiedene Exit-Szenarien mit allen Vorteilen und Fallstricken vor. Ziel ist es, rechtlich und wirtschaftlich auf der sicheren Seite zu sein und gleichzeitig als Auftraggeber flexibel zu bleiben.

Rechtliche Fallstricke

Exit eins und zwei sahen den Abbruch während beziehungsweise nach dem Planerauswahlverfahren, in dem man gerade steckt, vor. Der Nachteil im ersten Fall: Bei späterer Wiederaufnahme des Projektes müssten alle Planerleistungen erneut erbracht werden. Außerdem muss ein Preisgeld ausgeschüttet werden, sonst können die Planer Schadensersatzansprüche geltend machen – Kostenpunkt insgesamt etwa eine Million Euro. Beim zweiten Szenario würde der Kreis "nur" rund 400 000 Euro verlieren, wäre aber immerhin rechtlich auf der sicheren Seite. Wirtschaftlicher Schaden entstehe durch den Verlust der bisher geleisteten Investitionen.

Dominik Straka empfahl dem Rat, Exit drei oder vier zu wählen. Der dritte, während der Planung, komme derzeit in der Corona-Krise immer wieder vor und stelle eine sinnvolle Bruchstelle dar. Man könne die Planer nach Abbruch erneut beschäftigen, sofern sie freie Kapazitäten haben. Dennoch entstünde dabei ein Schaden von einer Million Euro (bisherige Investitionen und Honorare).

Exit Nummer vier greift da, wo eigentlich der Baubeschluss gefasst werden würde. Die Baugenehmigung wird beantragt und ist ab dann drei Jahre gültig. Ein finanzieller Schaden entstünde nur, wenn das Projekt anschließend doch nicht umgesetzt wird. Der finanzielle Aufwand beliefe sich auf 1,6 Millionen Euro.

Fertiger Plan ist Gold wert

Option fünf bedeutet die Umsetzung des Projekts wie geplant. Die momentane Zinsphase ermögliche eine gute Finanzierung und das für das Projekt angemietete Gebäude Marienstraße 2 werde, anders als bei den übrigen Szenarien, genutzt. Der Aufwand bis zum Abschluss liege bei etwa 6,5 Millionen Euro.

Weitere Kosten, die man im Auge behalten müsse, seien Miete und Unterhalt für die Marienstraße 2 (rund 300 000 Euro im Jahr) und eine Baupreissteigerung von schätzungsweise vier Prozent pro Jahr, so Straka. Pro Jahr der Verzögerung würden sich die Baukosten damit um 1,4 Millionen Euro erhöhen.

"Wieso fangen wir jedes Mal bei Adam und Eva an? Wir haben festgestellt, dass der Bedarf da ist, also machen wir es auch", meinte Horst Niehues von der AfD. "Das Projekt einstampfen ist keine Option", stellte Markus Huber (FWV) fest. Dem pflichtete Rainer Hezel (CDU) bei: "Wir bauen hier ein wichtiges Zweckgebäude, keinen Luxus-Freizeitpark. Wir sollten die Planung bis zur Baugenehmigung vorantreiben."

Das sei vernünftig, meinte auch Landrat Wolf-Rüdiger Michel, der sich wohl kurzfristig entschieden hatte. Eine Empfehlung der Verwaltung in Form eines Beschlussvorschlags fehlte in der Sitzungsvorlage. Eine schnelle Entscheidung sei mit Blick auf den Haushalt 2021, dessen Entwurfsrohling im September fertig sein soll, wichtig.

Hermann Acker (FWV) störte sich am Wort Exit. Eine sofortige Umsetzung sei bestimmt nicht ratsam, aber für ihn sei Variante vier die einzige Option. "Die bietet maximale Flexibilität", fand auch Gerhard Aden (FDP). Die Baugenehmigung könne nach drei Jahren verlängert werden, merkte Christian Ruf (CDU) an. "Ein fertiger Plan in der Schublade ist immer gut", wusste Gerd Hieber (FWV) aus Erfahrung zu berichten. So habe man beim Backsteingebäude in Sulz im richtigen Moment auf ein Konjunkturprogramm zurückgreifen können.

Das Gremium sprach sich einstimmig für die Empfehlung an den Kreistag aus, das Projekt fortzuführen und im Frühjahr final zu entscheiden, ob Exit vier oder fünf zur Anwendung kommt.