Theaterszene zum Besuch eines Klassentreffens (von rechts) Oliver Koprivnjak (Oberbürgermeister Regelmann), Elias Schneider (Sander) und Mitschülerinnen. Foto: Friederichs Foto: Schwarzwälder Bote

Gedenken: DHG-Schüler erinnern an jüdische Schicksale / Gebete vor der ehemaligen Synagoge

Rottweil (hf). "Die gestohlene Heimat" – das war für den einzigen Überlebenden der jüdischen Familie Sander, Erich Arthur, die Stadt Rottweil. In Theaterszenen veranschaulichten Schüler des Droste-Hülshoff-Gymnasiums (DHG) unter der Leitung ihrer Lehrer Georg Fröhlich und Christoph Kirschler die Geschichte dieses jüdischen Mannes, der seine Kindheit und Jugend in Rottweil verbracht hatte und dessen Eltern 1942 in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Neuengamme ermordet wurden.

Zum Gedenken an den 9. November 1938 und an die ehemalige jüdische Gemeinde Rottweil hatten die Stadt Rottweil und das Bischöfliche Konvikt eingeladen. Der erste ehrenamtliche Stellvertreter des Oberbürgermeisters, Arved Sassnick, begrüßte eine große Zahl von Interessierten und verdeutlichte in seinem Rückblick auf die Jahre 1933 bis 1938 die schleichende Entwicklung zur NS-Diktatur. Sassnick rief zur Erinnerung an die Schicksale der jüdischen Rottweiler Bürger und zur Erforschung ihrer Schicksale auf.

Gisela Roming vom Verein Ehemalige Synagoge wusste mehr: Siegfried Sander und seine Ehefrau Bertha kamen 1919 nach Rottweil. Ihr einziger Sohn Erich Arthur war sieben Jahre alt. Der Kaufmann Siegfried Sander war SPD-Mitglied und kam deshalb 1933 in "Schutzhaft" auf den Heuberg. Nach seiner Freilassung zog die Familie nach Stuttgart und lebte dort bis zu ihrer Deportation 1942. Ihr Sohn, der in Rottweil 1932 sein Abitur ablegte, konnte in die USA emigrieren und kehrte als Soldat mit der US-Armee nach Deutschland zurück. Seine Besuche in Rottweil setzte die Schülergruppe mit Melanie Butz, Sarah Nildas, Hannah Wetzel, Elias Schneider und Oliver Koprivnjak in kurzen Sequenzen um. Lorenz Knaus führte als Sprecher durch die Szenen.

Einfühlsam und überzeugend stellten die Darsteller die Lebensgeschichte des heimatlosen Erich Arthur Sander nach. Ebenso einfühlsam gestalteten die vier Musiker Nina Leichtle, Lea-Isabel Staiger, Natalie Werner und Elias Schneider unter der Leitung von Volker Welge ihre Klezmer-Musikbeiträge zwischen den Reden und den Theaterszenen.

Im abschließenden Kaddisch-Gebet von Yosyp Svobodin von der jüdischen Gemeinde und dem Schlussgebet von Pfarrerin Esther Kuhn-Lutz vor der ehemaligen Synagoge standen Erinnerung, aber auch demokratische Verantwortung im Vordergrund. So bedauerte Esther Kuhn-Lutz, dass die Rottweiler Reihe über Religionen aus Sicherheitsgründen nicht wie geplant in der Synagoge stattfinden könne.