Schriftsteller Rüdiger Safranski plaudert im Interview über sein neuestes Buch und seine Schulzeit in Rottweil.Foto: © Peter-Andreas Hassiepen Foto: Schwarzwälder Bote

Neuerscheinung: Nach Absage der Lesung in Rottweil: Rüdiger Safranski präsentiert sein Werk über Hölderlin im Interview

Eigentlich hätte der vielfach preisgekrönte Schriftsteller und Philosoph heute, Mittwoch, in der Buchhandlung Klein seine Biografie "Hölderlin – Komm! Ins Offene, Freund!", präsentiert. Doch aufgrund der Coronakrise wurde die Lesung abgesagt.

Rottweil. Er wäre sehr gerne nach Rottweil gekommen, betont Rüdiger Safranski im Interview am Telefon. Doch so plaudert er im Interview über seine Kindheit in Rottweil, die Verbundenheit zur Stadt und natürlich über Friedrich Hölderlin – den "Priester der Poesie", wie er ihn bezeichnet.

Als schwere Kost hat wohl mancher aus seiner Schulzeit noch den Roman Hyperion oder die Gedichte Hölderlins in Erinnerung, und fragt sich: Warum eigentlich Hölderlin? "Hölderlin war schon immer ein Geheimtipp", sagt Safranski, der die Vorbehalte gut verstehen kann, wie er zugibt. Das Buch eröffne nun eine zweite Chance, sich mit dem Dichter auseinanderzusetzen, ihm näher zu kommen, und sich von seinem Zauber berühren zu lassen.

"Er hat unheimlich schöne Gedichte voller Schönheit und Ergriffenheit verfasst, wenngleich auch nicht alle zugänglich sind". Hölderlin habe die erste Hälfte seines Lebens für die Poesie gelebt, zitiert Safranski das Gedicht "Hälfte des Lebens": "Mit gelben Birnen hänget Und voll mit wilden Rosen Das Land in den See, Ihr holden Schwäne, Und trunken von Küssen Tunkt ihr das Haupt Ins heilignüchterne Wasser. Weh mir, wo nehm ich, wenn Es Winter ist, die Blumen, und wo Den Sonnenschein Und Schatten der Erde? Die Mauern stehn Sprachlos und kalt, im Winde Klirren die Fahnen." Safranskis Blick auf den Dichter habe sich im Laufe der Recherche für das Buch nicht geändert, sagt er. "Ich habe staunend Abstand gehalten und bin ihm so nähergekommen", erzählt er.

Hölderlin gilt überwiegend als großer Unbekannter der deutschen Literatur. Am Freitag jährt sich sein Geburtstag zum 250. Mal. Auch das sei ein Grund gewesen, eine Biografie über ihn zu verfassen, so Safranski. Die Begeisterung für den Dichter spricht aus seinen Zeilen, die sehr lesenswert sind, da er sich Hölderlin ganzheitlich annähert. Nicht nur das Leben des Poeten beleuchtet er eingehend, sondern er widmet sich auch Hölderlins Umfeld und interpretiert manches seiner Werke.

Rüdiger Safranski ist Schriftsteller, Philosoph und vielfach preisgekrönter Autor. Seine Bücher, die regelmäßig auf den Bestsellerlisten zu finden sind, wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Er schrieb unter anderem Biografien über E.T.A. Hoffmann, Heidegger, Nietzsche, Schiller und Goethe. Was viele nicht wissen: Safranski erblickte am 1. Januar 1945 im Rottweiler Spital das Licht der Welt. Er wuchs in Rottweil auf, verbrachte hier seine Kindheit und Jugend, und war Schüler des Albertus-Magnus-Gymnasiums. "Mein Herz schlägt noch immer für Rottweil. Ich hatte am AMG Lehrer, die mich nachhaltig geprägt haben, deswegen denke ich gerne an meine Schulzeit zurück", sagt Safranski.

In seinem – ebenfalls neuen – Buch "Klassiker. Ein Gespräch über die Literatur und das Leben", das ebenfalls im Hanser Literaturverlag erschienen ist, erzählt Safranski unter anderem auch über seine Rottweiler Zeit. Dass Hölderlin durchaus modern ist, macht Safranski abschließend mit dem Vers "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch" deutlich. "Der passt doch sehr gut zur Coronakrise", so Safranski, der hofft, dass er bald die Lesung in Rottweil nachholen darf.