Nathalie Burri will das Problem aktiv angehen. Foto: Burri Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Nathalie Burri will einsame Menschen zusammenbringen

Ältere Menschen, alleinerziehende Mütter, Kinder – das Thema Einsamkeit macht vor keinem Halt. In Zeiten von Facebook und Co., wo das Kennenlernen eigentlich leichter fallen sollte, passiert genau das Gegenteil. Nathalie Burri aus Zimmern will etwas dagegen tun.

Zimmern/Rottweil. "Wir Menschen sind soziale Wesen und nicht dazu gemacht, einsam leben zu können" – so beginnt der Beitrag, den Nathalie Burri in die Facebook-Gruppe "Stadtgeflüster Rottweil" gepostet hat. Darin schildert die 25-Jährige, dass sie Menschen zusammenbringen möchte. "Ich habe den Eindruck, unsere Gesellschaft durchlebt eine Phase der Vereinsamung. Es gibt immer mehr Menschen, die einsam und damit alles andere als glücklich sind", schreibt sie. Ihr Wissen über solche Fälle habe sich gehäuft, weshalb sie etwas ändern wolle.

Ihr Plan: Treffen zu organisieren, bei denen sich Menschen jeden Alters kennenlernen können. Die Kommentare sind vielversprechend: "Tolle Idee. Danke für deinen Einsatz" und "Bin dabei".

"Ich wollte einfach einen Versuch starten, ein sogenanntes niederschwelliges Angebot", erklärt Burri im Gespräch. Im Internet seien die Menschen oft mutiger. Die Studentin der Sozialen Arbeit stellte auf einige Rückmeldungen hin ein Orga-Team zusammen, doch das Projekt verlief im Sand, ehe es richtig begonnen hatte. Enttäuscht habe sie auch, dass sich keine jungen Menschen auf ihren Aufruf gemeldet haben.

"Ganz vielen fehlt der letzte Antrieb. Jeder wartet darauf, dass jemand anders die Initiative ergreift – eine Mentalität, die heutzutage üblich ist", meint auch Mutter Corinna Lindenau. Die Psychotherapeutin weiß, dass die Dunkelziffer in Sachen Einsamkeit und Depression unglaublich hoch ist. "Nur ein Treffen zu organisieren reicht nicht. Jemand muss es leiten und steuern, denn die meisten einsamen Menschen gehen nicht von allein auf jemanden zu und beginnen ein Gespräch." Zu groß sei die Angst vor Zurückweisung. "Wer oft einsam ist, verlernt mit der Zeit auch das richtige Kommunizieren", meint Nathalie Burri.

Die erste Hürde ist für viele zu hoch

Auch wenn ihr erster Vorstoß keinen Erfolg hatte und das Projekt "verhungert" ist, weiß sie nicht nur aus dem eigenen Bekanntenkreis, dass der Bedarf definitiv vorhanden ist.

Vielmehr sei die Hürde wohl immer noch zu hoch. Genauso wie die Furcht davor, von der Gesellschaft stigmatisiert zu werden. "Wenn eine alleinerziehende Mutter viel zu tun hat und deshalb einsam ist, kann das jeder verstehen. Aber wenn sich ein junger Mensch einsam fühlt, fehlt es oft an Toleranz", so ihr Eindruck. Nach Anschluss Suchende würden vor allem im Internet einfach als komische Vögel abgestempelt.

Dabei sei es trotz Apps, die ein Kennenlernen erleichtern sollen, tatsächlich schwerer, Kontakte zu knüpfen – insbesondere für schüchterne Personen, meint Burri. "Auf dem normalen Weg lernt man heutzutage keinen mehr kennen", sagt auch ihre Mutter. Spreche man beim Einkaufen jemand Fremden an, stoße man schnell mal auf Irritation. Der Andere wirke dann oft unangenehm berührt.

"Das normale Kommunizieren wird verlernt", findet auch Burri. "Partnerbörsen machen das alles gefühlt schlimmer." Je leichter es gemacht werde, desto weniger Mühe gebe man sich, habe sie das Gefühl.

Das beginne beispielsweise bei Gruppen des Messengerdienstes Whatsapp, wenn jemand etwas schreibe und niemand darauf antworte. "Mich regt auf, wenn man nicht mehr richtig miteinander umgeht. Man geht in der Masse unter, der Umgang ist weniger respektvoll", so ihre Meinung.

Corinna Lindenau rät jungen Menschen, die wegen Einsamkeitsgefühlen und Depression zu ihr kommen, die direkte Kommunikation zu suchen. "Es ist viel besser, jemanden direkt anzuschreiben und einen konkreten Termin zu vereinbaren als die Dinge laufen zu lassen." Manche seien Macher, andere würden darauf warten, dass jemand die Initiative ergreife. Heutzutage fühle sich keiner mehr verpflichtet.

Doch es helfe nicht, den alten Zeiten nachzuweinen. Stattdessen müsse man sich an die Gesellschaft anpassen, meint Lindenau. "Man muss das Ganze selbst in die Hand nehmen und hartnäckiger werden", findet Burri. Aber für manche sei diese erste Hürde eben zu hoch.

Nathalie Burri hat ihre Idee nicht aufgegeben. "Ich will einen Anstoß, eine Hilfe zur Selbsthilfe geben und ein Treffen organisieren", erklärt sie. Wenn nichts daraus werde, dann habe sie hoffentlich dazu angeregt, aufmerksam durchs Leben zu gehen und auf Einsamkeit zu achten.

Weitere Informationen: Wer einsam ist und gern bei einem Treffen dabei wäre, der kann sich per Facebook an Nathalie Burri wenden.