Turbokapitalismus? Nun, wir bleiben verhalten optimistisch, was Fragen der Entschleunigung des Kapitalismus, des Charakters und der Gier als solcher anbelangt. Diese rechnerischen Vergleiche haben mit starken Vereinfachungen zu tun. Um die Reduktion des Unternehmers Duttenhofer auf reine Gier aufzubrechen, reichen sie gewiss noch nicht. Aus den dokumentierten Lebensstationen, wie auch aus den Nachrufen auf den schon im Alter von 60 Jahren verstorbenen Duttenhofer, lassen sich jedoch durchaus ein paar andere Wesenszüge ablesen. Da ist sicherlich der ehrgeizige, mit "gewaltiger Willensenergie" ausgestattete Mann, der mit "seinem oft rücksichtslosen Eingreifen" "stets uneigennützige Pläne" verfolgte. Da ist der bodenständige Rottweiler, der sich für Landwirtschaft und Fischerei interessierte, aber auch die Altertumsforscher und diverse andere gesellschaftliche Anliegen unterstützte ("warmes hilfsbereites Herz").
Da ist der an wissenschaftlichen Methoden orientierte Firmenlenker, der in einer Verbandsstruktur die Centralstelle für wissenschaftlich-technische Untersuchungen ins Leben rief. Da wird eigens betont, dass er trotz der Vielfalt seiner Aktivitäten überall gewissenhaft mitwirkte. Ein Befund, der sich in Bezug auf die Daimler-Motoren-Gesellschaft auch historisch belegen lässt. Und als versöhnliches Element wird auch der Kumpel-Typ geschildert ("fröhliche, herzliche Art im Verkehr"), der vermutlich auf diplomatischem und politischem Parket nicht mit allen Feinheiten ausgestattet war, sondern eher als Schwabe mit den Attributen "Geradheit und Offenheit" versehen wurde. Ein Unternehmer, der sich in Rottweil seiner Macht bewusst war und ein deutsch-nationales und durch und durch paternalistisches Gesellschaftsverständnis hatte.
Dass seine Triebfeder die Gier gewesen sei, kann man daraus nicht unmittelbar ableiten. Eher wird berichtet, "nie haben wir ihn zufriedener und glücklicher gesehen, als wenn er, von einer seiner Inspektionsreisen zurückkehrend, von der gedeihlichen Entwicklung seiner neuen Werke sprach".
Erfolg zu haben (ohne dabei auf Ehren und Auszeichnungen besonderen Wert zu legen), immer wieder etwas Neues zu unternehmen und ein rastloses "immer weiter" scheinen eine Eigendynamik und damit auch eine enorme Arbeitskraft entfacht zu haben. Möglicherweise auch bis zur Erschöpfung und möglicherweise auch bis zu einem Herzversagen. Heute sprechen wir von der Managerkrankheit. Alle Gerüchte um einen gewaltsamen Tod des 60-Jährigen bleiben Gerüchte. In einer Welt, in der viele Menschen nicht mehr zwischen Dichtung und Wahrheit unterscheiden wollen oder können, kann das nur betont werden. Zum Autor: Jörg Kraus hat die Geschichte der Pulverfabrik in einer Buchpublikation aufgearbeitet: "Für Geld, Kaiser und Vaterland. Max Duttenhofer, Gründer der Rottweiler Pulverfabrik und erster Vorsitzender der Daimler-Motoren-Gesellschaft."
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