Ob er einmal so aussehen wird, der Riesenturm von TKE in Rottweil? Foto: Gauggel Labor Weltenbau

Nur FFRundPRoFI tut sich schwer mit dem Test-Turm-Projekt. Atmosphäre in Bürgerversammlung wird gelobt. Mit Kommentar.

Rottweil - Der geplante Testturm von ThyssenKrupp Elevator (TKE) ist auf der Zielgeraden eingebogen. Nach der souveränen Bürgerversammlung am Montagabend (wir berichteten ausführlich) verläuft auch die Gemeinderatssitzung am Mittwochabend betont sachlich und ruhig.

Auch die Turmkritiker, die vor allem in den Reihen von FFRundPRoFI repräsentiert sind, halten sich zurück, wenngleich sie ihre Bedenken vortragen. Alle anderen Fraktionen – CDU, Freie Wähler, SPD, FDP – befürworten den geplanten Bau des Testturms auf dem Berner Feld. In diesem will TKE Hochgeschwindigkeitsaufzüge testen und weiterentwickeln.

Zur Verfestigung des Meinungsbildes innerhalb des Stadtrats hat offensichtlich der Besuch am vergangenen Freitag in Neuhausen beigetragen. Dort steht die Produktionsstätte von TKE. Die Botschaft an die Gäste aus Rottweil ist deutlich zu vernehmen: Es gehe um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, darum, in Werksnähe forschen und entwicklen zu können, um den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg, um Deutschlands, es gehe um über 1000 Arbeitsplätze, die daran hängen.

Deswegen verstehen sich Neuhausen und Rottweil untereinander auch nicht als Konkurrenten. In Neuhausen könnte der 235 Meter hohe Gigant wegen der Nähe zum Stuttgarter Flughafen auf den Fildern niemals gebaut werden. Neuhausen braucht Rottweil. Und Rottweil, das ist in der Bevölkerung, im Gemeinderat und bei der Stadtverwaltung zu spüren, braucht den Turm. Denn dieser, so verspricht man sich, könnte die älteste Stadt im Land in eine bessere Zukunft führen.

Das Wirtschafts-Argument sticht. Walter Stegmann, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, fordert, Rottweil müsse die Tür für die Zukunft öffnen. Man müsse die Stadt weiterentwickeln, wirtschaftlich und technologisch, schließlich gehe es um hoch qualifizierte Arbeitsplätze. Man dürfe die Stadtentwicklung nicht aus der Froschperspektive beobachten, sondern aus der Vogelperspektive. Doch fordert er auch ein, respektvoll mit den Turmkritikern und Gegnern umzugehen, auch dann, wenn diese sagten, der Turm sei ein Monstrum. Diese subjektive Meinung, so Stegmann, gelte es zu respektieren. Aber es sei eben auch nur eine subjektive Meinung, so Stegmann.

Günter Posselt, der CDU-Fraktionschef, lobt Stadtverwaltung und TKE für das transparente Verfahren. "Die Bürgerversammlung war unserer Stadt würdig." Man sie offen mit den Kritikern umgegangen, die Bürger seien umfassend informiert, jeder habe seine Argumente äußern können. Das Stimmungsbild am Montag sei deutlich gewesen und spiegele die Gemütslage innerhalb der CDU-Fraktion wider.

FDP-Mann Gerlich: "Die Menschen wollen den Turm"

Der Turm biete Vorteile, äußert der SPD-Fraktionsvorsitzende Arved Sassnick. Er diene der Standortsicherung der deutschen Industrie. Doch es komme auch darauf an, was die Stadt aus dem Turm mache. "Nur ihn dastehen zu sehen, wird nicht reichen."

Michael Gerlich von der FDP sagt gleich eingangs, dass seine Fraktion ein einstimmiges Votum für den Turm abgeben werde. Der Turm werde der Stadt guttun, sie beleben. Eine "museale Puppenstube", wie sie die Turmgegner wollten, lehnt er ab. Gerlich äußert, er sei sich sicher, dass die Stadt durch den Turm nicht verschandelt werde. Die Stadt habe einige Jahre verschlafen, andere Städte in der Nachbarstadt seien an Rottweil vorbeigezogen, merkt er an, und: "Die Menschen wollen den Turm."

Das tun indes nicht alle. Dabei ist Marianne Wucher, die Fraktionsvorsitzende von FFRundPRoFI, zunächst voll des Lobes – über die Atmosphäre in der Bürgerversammlung und den Umgang mit den Kritikern, "das war sehr gut". Doch sie warnt vor einer ideellen Überhöhung des Projekts, davor, sich vom Testturm zu viel zu versprechen. Der Turm wirke für viele Menschen bedrohlich, von der Innenstadt aus gesehen sei er als Koloss, als Monster sichtbar. Wucher bedauert, dass die Möglichkeit, den Turm ins interkommunale Gewerbegebiet Inkom zu platzieren, nicht näher verfolgt worden sei.

So zeichnet sich auch im Gemeinderat das Stimmungsbild ab, das unsere Zeitung mit mehren TED-Umfragen in den vergangenen Monaten eingefangen hat und in den beiden Bürgerversammlungen zu spüren war. Das bedeutet: 70 bis 80 Prozent Zustimmung. Im Gemeinderat kann man CDU, Freie Wähler, SPD und FDP zu den Befürwortern zählen, FFRundPRoFI wird sich eher zurückhalten, vermutlich das Projekt ablehnen.

Die Stadtverwaltung jedenfalls will am kommenden Mittwoch, 23. Oktober, das Planungsverfahren eröffnen. Da kommt es im Gremium zum Schwur.

Kommentar: Es ist jetzt Zeit

Von Armin Schulz

Die Tür in eine vermeintlich verheißungsvolle Zukunft für Rottweil steht einen Spalt breit offen. Die Befürworter des Testturms wollen sie aufstoßen. Die Gegner hingegen würden diese Türe am liebsten zuschlagen und Rottweil so belassen, wie es ist. Sicher, der Turm wird gewaltig werden, er wird das Bild Rottweils verändern.

Da helfen auch keine Gegenargumente: Wer ihn als störend empfindet, wer das historische Stadtbild in Gefahr sieht, wird seine Meinung nicht ändern. Egal, was da alles versprochen wird. Dennoch ist die Frage, wie viele Türen sich für Rottweil noch auftun, wie viele Chancen diese älteste Stadt im Land noch erhält, um sich von der eigenen Geschichte auch ein Stück weit emanzipieren zu können.

Man muss kein Prophet sein. All zu viele werden es nicht sein. Das spüren auch die Bürger dieser Stadt. Es ist jetzt Zeit für einen Schritt nach vorn.