Künstlerin Ulrike Kessl (von links), Andreas Göppert ("KUSTdünger") und Kunsthistorikerin Anja Rudolf Foto: Friederichs Foto: Schwarzwälder Bote

Projekt: Ulrike Kessls Plastikbrunnen vor grünem Webteppich bedarf einer genaueren Betrachtung

Kunst im Schwebezustand zwischen Künstlichkeit und Natur, zwischen Weltabgewandtheit und Weltzugewandheit – dieser Frage ging Kunsthistorikerin Anja Rudolf in ihrer Einführung zum Kunstprojekt von Ulrike Kessl "Kaskade Schwarzwald" im Telefonhäuschen auf dem Skulpturenfeld "KUNSTdünger" in Rottweil-Hausen nach.

Rottweil-Hausen. Eine große Zahl an Besuchern war zur letzten Vernissage in diesem Jahr zum "KUNSTdünger" gekommen, und Vorstandsmitglied Andreas Göppert freute sich, die aus Rottweil stammende Künstlerin Ulrike Kessl, die inzwischen weltweit unterwegs sei, in Rottweil-Hausen mit einer Installation begrüßen zu dürfen. Ihre "Kaskade Schwarzwald" könne als Erinnerung an ihre frühere Heimat gewertet werden, obwohl sie Rottweil längst gegen Düsseldorf getauscht habe, so Göppert. Das Geheimnis des Kaskadenprojekts möge die einführende Referentin lüften.

Anja Rudolf nahm die Vernissagegäste mit auf eine Reise zwischen Mythen und mittelalterlichen Kloster-Wasserhäusern, über die Wunderkammern der Renaissance bis zur Gegenwart des im digitalen Zeitalter längst veralteten Telefonhäuschens, um zu einer Deutung des Kunstprojektes zu gelangen: das sie als Sinnbild der Realität oder als Synonym individueller Vorstellung einordnete. Das Natur-Idyll "Kaskade" – im Häuschen plätschernd mit feinem Wasserstrahl – entpuppe sich als Schein-Realität, denn das verwendete Material ist kein Naturprodukt, sondern bemaltes Plastik (aus China) vor industriell gefertigtem grünem Webteppich.

Die "Kaskade Schwarzwald" könne seriell als Zimmerbrunnen in jedes Wohnzimmer gestellt werden. Die Idylle verkomme zum Kitsch und versinnbildliche die Reproduzierbarkeit und die Zerstörung von Natur und Schönheit. Die Kunsthistorikerin bewertete diese "aus Kunststoff gestaltete Natur", ihre durch Bemalung "wirklichkeitstreue Stein-Dekoration" als ein "überdeutliches Sinnbild unserer Zeit". "So fremd wie vertraut" – Ulrike Kessl gelinge mit ihrer Installation ein vielschichtiges Abbild.