Nicht erlaubt, aber passiert: 5000 Tonnen Erdreich aus der Straßenbaumaßnahme Mariazell-Hardt wurden Mitte Mai in diesen seit Jahrzehnten unberührten ehemaligen Steinbruch im Gewann "Steig-Kapelle" zwischen Neckartal und Berner Feld untergebracht. Die Bagger stehen noch für den Fall bereit, dass aus Naturschutzgründen das Material wieder weggeräumt werden muss. Foto: Scheidel

5000 Tonnen Erde in ehemaligen Steinbruch gekippt. Landratsamt setzt auf Diplomatie. Mit Kommentar.

Kreis Rottweil - Zum Erstaunen von Beobachtern war Mitte Mai ein idyllisches ehemaliges Steinbruchgelände zwischen Neckartal und Berner Feld mit Erdaushub aus der Großbaustelle für die Straßenbaumaßnahme Mariazell-Hardt verfüllt worden. Auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten staunte man auch bei der Landkreisbehörde ob des emsigen Schaffens. Ein unbedingter Anlieferungsstopp wurde daraufhin der Firma Walter aus Trossingen auferlegt. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt schon 5000 Tonnen auf das Gelände transportiert worden.

Als gute Nachricht darf gewertet werden, dass die zwischenzeitlich erfolgte Untersuchung der Auffüllungen ein abgelagertes Material ausweist, das unbelastet ist. "Die Ablagerungen müssen aus Sicht des Umweltschutzamtes daher nicht zwangsläufig entfernt werden", heißt es dazu in einer Stellungnahme von Landrat-Stellvertreter Hermann Kopp. "Andererseits wird von naturschutzfachlicher Seite noch zu prüfen sein, ob ein Belassen der Auffüllungen aus dieser Sicht möglich ist und wie die abschließende Rekultivierung des Steinbruches erfolgen soll (morphologische Anpassung der Auffüllung, Bepflanzung, etc.)", lässt der Erste Landesbeamte darüber hinaus in einer Pressemitteilung verlauten.

Das Gespräch mit der betroffenen Firma werde noch geführt. Bislang zeige sich diese kooperativ und um eine "auch naturschutzrechtlich verträgliche Lösung der Angelegenheit bemüht", betont Kopp.

Die abgelaufene Auffüllungsgenehmigung vom 28. Mai 2002 (befristet gültig bis 3. Dezember 2010) war nach Anhörung des zuständigen Naturschutzbeauftragten erteilt worden. Bereits im Jahr 1990 sei einmal eine Auffüllung des Geländes, das nach der Insolvenz eines Rottweiler Bauunternehmens kurz nach der Jahrtausendwende in Privatbesitz übergegangen war, genehmigt worden, weisen Unterlagen der Landkreisbehörde aus. Die Genehmigung soll es zur Unterbringung von 15.000 Tonnen unbelasteten Erdreichs gegeben haben.

Dass diese früheren Genehmigungen beim heutigen Verständnis für Natur- und Umweltschutz keine Erwartungen mehr hätten hegen können, das Gebiet als Erddeponie zu nutzen, betont Kopp auch unmissverständlich.

Naturschutzamt prüft, ob Erdmaterial im Gelände belassen werden kann

Dass sich nach der langen Ruhezeit der Steinbruch zu einem Biotop für Tiere und Pflanzen entwickelt hat, liegt auf der Hand. So scheint es auch wenig wahrscheinlich, dass im Zuge "einer abschließenden Rekultivierung" der Gedanke an eine Auffüllung des Areals ins Spiel kommen könnte und damit im Nachhinein ein Freifahrtsschein für die 5000 bisher untergebrachten Tonnen gegeben wäre.

Zur Frage, ob wegen der geschehenen Deponierung dem Verursacher noch eine Geldbuße oder sogar mehr ins Haus steht, gibt sich Kopp diplomatisch. Eigentlich wolle man die Kuh möglichst einvernehmlich vom Eis bringen. Bei diesem vermittelnden Standpunkt scheint auch ein wenig die Erwartung mitzuschwingen, dass der Betroffene bei Rekultivierungsanregungen des Naturschutzes Flagge zeigt. Mit Kommentar.

Seite 2: Zwielichtig!

Winfried Scheidel

Nicht nur wegen Stuttgart 21, sondern auch wegen deutlich strengerer Umwelt- und Naturschutzrichtlinien sind Erdreich-Deponien ein knappes Gut geworden, mit dem ordentlich Geld verdient werden kann. Was ist davon zu halten, wenn sich da einer – angeblich in gutem Glauben an frühere, problemlosere Zeiten – mit dem Gewann Steig-Kapelle zwischen Neckartal und Berner Feld plötzlich an ein interessantes, aber längst unerlaubtes Plätzchen erinnert, und dieses – einfach so mal – emsig aufzufüllen beginnt? Dass sich der Unternehmer nach dem Einschreiten der Behörden treuherzig gibt und "schnell und einsichtig" die Anfuhren einstellt, ist gewiss kein schlechter Zug. Das herbe Gschmäckle, dass hier die Natur klammheimlich billig missbraucht werden sollte, verduftet dadurch aber nicht.