Zu alt, zu klein, zu teuer: Viele Gefängnisse im Land sind in keinem guten Zustand.

Rottweil - Die Gefängniszelle ist klein und eng. Durch das winzige vergitterte Fenster dringt kaum Luft und nur dämmriges Licht. Die Toilette hat keine Lüftung. Vom Heizkörper platzt die Farbe ab, das alte Waschbecken ist gelblich angelaufen. Das Gefängnis in Rottweil ist einer der Problemfälle im baden-württembergischen Justizvollzug.

Wie zwei Drittel der Haftanstalten im Südwesten stammt das denkmalgeschützte Gebäude noch aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Immer wieder beschweren sich Insassen deshalb über die Haftbedingungen. Vor dem Landgericht Mannheim klagt derzeit ein Ex-Häftling auf eine Entschädigung von 3000 Euro. Erfolg haben solche Klagen vor Gericht aber nur selten. 58 Mal sind Ex-Häftlinge seit 2005 gegen ihrer Meinung nach menschenunwürdige Haftbedingungen vor Gericht gezogen.

Ohne abgetrennte Toilette

Doch nur in elf Fällen habe das Land tatsächlich eine Entschädigung gezahlt, sagt eine Sprecherin des Justizministeriums. Im Schnitt bekamen sie eine Entschädigung von 1718 Euro. Spätestens seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor knapp einem Jahr gelten für die Haftbedingungen enge Vorgaben. Wenn mehrere Gefangene in einer kleinen Zelle ohne abgetrennte Toilette untergebracht würden, verstoße das gegen die Menschenwürde, urteilten die Richter damals. „Es ist in den vergangenen Jahren auch schon viel getan worden“, sagt Alexander Schmid, Vorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten in Baden-Württemberg. „Wir wollen die Gefangenen schließlich so menschlich wie möglich behandeln.“

Gerade in neuen Gefängnissen wie in Offenburg seien die Haftbedingungen heute sehr gut. Kabelfernsehen in den Zellen sei schon Standard, einige Gefangene hätten auch eine Spielekonsole, um sich die Zeit zu vertreiben. „Wer bei der Bundeswehr den Grundwehrdienst gemacht hat, der hat wahrscheinlich mal ähnlich gelebt. Aber in den kleinen, alten Anstalten klemmt es doch häufiger“, sagt der Justizvollzugsbeamte aus Konstanz. Dabei gehe es aber weniger um den Komfort in den Zellen, sondern vor allem darum, wie der Alltag der Gefangenen gestaltet sei und wie gut sie auf ein geregeltes Leben in Freiheit vorbereitet würden.

Denn viele Ideen des modernen Strafvollzugs ließen sich in den alten und engen Gebäuden kaum umsetzen. Sport und Bewegung seien auf dem kleinen Gefängnishof nur eingeschränkt möglich, sagte der Rottweiler Anstaltsleiter Matthias Nagel zum 150. Jubiläum vor einem halben Jahr. Im Winter bleibt den Gefangenen nur der enge Kraftraum, um überschüssige Energie abzubauen. Auch für die Gefängniswerkstatt fehlt es an Platz. Damit die Gefangenen zum Beispiel für Firmen einfache Bauteile zusammensetzen können, müssen die angelieferten Teile irgendwo gelagert werden.

Weil das in den alten Gefängnismauern fast unmöglich sei, könne man viele Aufträge aber gar nicht annehmen, sagte Nagel. „Dabei ist es ganz entscheidend, dass sich die Inhaftierten sinnvoll beschäftigen können“, betont Schmid. Arbeit, Schulunterricht oder ein sportlicher Ausgleich seien das beste Mittel gegen Probleme. „Das ist viel wichtiger als die Frage, wie modern die Zellen sind und wie viele Quadratmeter jeder Gefangene zur Verfügung hat.“