Prozess: Schlägerei in der Justizvollzugsanstalt Rottenburg verhandelt / Beide Angeklagte frei gesprochen

Rottenburg (amb). Zu einer größeren Schlägerei kam es Anfang Dezember 2020 in der Justizvollzugsanstalt Rottenburg.

Nun wurde zwei Angeklagten daher der Prozess gemacht. Sie wurden der fahrlässigen gefährlichen Körperverletzung beschuldigt, da ein Justizvollzugsbeamter, der die Schlägerei beenden wollte, dabei mit einer Schere schwer verletzt wurde. Der Justizbeamte berichtete als Zeuge in dem Verfahren, dass er mit der Schere an einem Finger verletzt wurde. Er hatte danach zwei Operationen in der Handchirurgie. Immer noch sei die Beweglichkeit des Fingers eingeschränkt. Daher stellte er Strafanzeige gegen die Täter. Er habe gesehen, dass ein Täter, der bei der Verhandlung jedoch nicht angeklagt war, eine Schere in der Hand gehalten hatte. Was die beiden Angeklagten gemacht hatten, hatte er jedoch nicht genau beobachtet. Auch waren die Aussagen der beiden Täter widersprüchlich. Und auch die geladenen Zeugen brachten wenig Licht ins Dunkel.

Amtsgerichtsdirektor Stefan Fundel leitete die Verhandlung gegen den 23-jährigen Hauptangeklagten, der in Handschellen vorgeführt wurde. Er sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt Ravensburg ein. 2020 war er in der JVA Rottenburg inhaftiert. Im Oktober 2015 war der Syrer nach Deutschland gekommen, er hatte eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Er stellte einen Asylantrag, auf dessen Entscheidung er derzeit noch wartet. Richter Fundel machte ihn darauf aufmerksam, dass im Falle einer Verurteilung sein Flüchtlingsstatus eventuell aberkannt werden kann. Seit April 2020 ist er inhaftiert. Er war alleine nach Deutschland gekommen, war in Syrien in der Schule, jedoch ohne einen Schulabschluss.

Widersprüchliche Aussagen

In Tübingen besuchte er zunächst die berufliche Schule, entwickelte aber dann Depressionen und Ängste und musste die Schule abbrechen. Er hat noch Kontakt zu seiner Familie, jedoch weiß man derzeit nicht, wo sein Vater ist. Eine Ausbildung zum Krankenpfleger musste er ebenfalls abbrechen. Der Hauptangeklagte hat 17 000 Euro Schulden wegen der Kosten von Gerichtsverfahren und aus einem Handyvertrag. Er hat vor seiner Inhaftierung Drogen konsumiert und am Wochenende viel Alkohol getrunken.

Der ledige Täter hat keine Kinder, ebenso wie der zweite Angeklagte, der ein Jahr älter ist. Er kam im November 2015 nach Deutschland und muss wohl aus Deutschland wieder ausreisen. Er habe noch nie eine Schule besucht, war aber in der Koranschule. In Deutschland habe er nur Probleme gehabt und arbeitete schwarz. Er hat 900 Euro Schulden aufgrund von Polizeistrafen. Er lebt derzeit in einer Flüchtlingsunterkunft. Pläne für die Zukunft hat er schon: Er will arbeiten, heiraten, eine Familie gründen. Er konsumiert regelmäßig Haschisch.

Auch er war im Dezember 2020 in der JVA Rottenburg inhaftiert. Er und der Hauptangeklagte machten widersprüchliche Aussagen. So behauptete der Hauptangeklagte, er habe sich bei der Schlägerei nur verteidigt und sei Opfer der Attacken der anderen vier, fünf Beteiligten gewesen. Passiert sei die Schlägerei, als sich die Gefangenen zum Hofgang versammelt hatten. Im ersten Stock brach der Tumult aus, es sei auch eine Porzellantasse zu Bruch gegangen, die einen Zeugen am Kopf getroffen haben soll. Der Hauptangeklagte sagte, er habe nach der Schlägerei geblutet. Den Grund für die Schlägerei konnten weder die beiden Angeklagten noch die geladenen Zeugen benennen.

Der Staatsanwalt plädierte aufgrund der undurchsichtigen Sachlage für Freispruch, ganz nach dem Grundsatz "in dubio pro reo", im Zweifel für den oder die Angeklagten. Richter Stefan Fundel schloss sich dem auch in seinem Urteil an. Er sprach die beiden jungen Männer frei. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.