Die Ausstellung "In unserer Erde – Grabfunde des frühen Mittelalters im Südwesten" ist im Diözesanmuseum zu sehen. Foto: Baum Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Neue Ausstellung im Rottenburger Diözesanmuseum zeigt Grabfunde aus dem Südwesten

Das Landesmuseum Württemberg hat in Kooperation mit dem Diözesanmuseum seine Schatzkammer geöffnet. Gezeigt werden Grabfunde des frühen Mittelalters aus dem Südwesten.

Rottenburg. Die Ausstellung mit Kostbarkeiten auch aus Gräbern der Sülchenkirche, die dort in der Dauerausstellung nicht gezeigt werden können, hat begonnen. Die Sülchenkirche vor den Toren Rottenburgs barg lange einen unentdeckten Schatz. Beim Einbau der Gruft für die Rottenburger Bischöfe in den Jahren 2012 bis 2017 stießen die Archäologen auf drei Vorgängerbauten der heutigen Sülchenkirche, von denen die älteste ins Frühmittelalter datiert wird. Aus dieser Zeit haben sich auch 80 Gräber erhalten, die zahlreiche Beigaben enthielten und einen Blick in die Vergangenheit ermöglichten. Mit den Grabbeigaben legten die Menschen Zeugnis ab über ihre gesellschaftlichen und persönlichen Wertvorstellungen und über ihren Glauben.

Vernissage abgesagt

Doch im Südwesten haben sich nicht nur aus der ehemaligen Siedlung Sülchen komplexe Grabensembles erhalten. Zu sehen sind auch Funde aus dem Oberen Gäu, aus Villingen-Schwenningen und Dunningen. Neben bedeutenden Funden aus den frühmittelalterlichen Gräbern von Sülchen gibt die Ausstellung auch Einblicke in die Lebenswelten der damaligen Menschen und führt Kultur, Pluralität und Mobilität im frühen Mittelalter vor Augen. Kulturelle Netzwerke werden in der Ausstellung herausgestellt, etwa anhand byzantinischer Schmuckobjekte, burgundischer Fibeln oder langobardisch geprägten Goldblattkreuzen.

Kustodin Melanie Prange, Beate Schmid vom Landesamt für Denkmalpflege und Gabriele Graenert, ebenfalls vom Landesamt für Denkmalpflege stellten kürzlich die Sonderausstellung des Diözesanmuseums den Medienvertretern vor. Eine Vernissage war geplant, doch sie wurde coronabedingt abgesagt. "Die Funde belegen, dass der südwestdeutsche Raum vom 6. bis zum 8. Jahrhundert kein homogener Kulturraum war", erklärt Prange. Vielmehr zeige sich eine große Pluralität, in der sich das frühe Mittelalter als eine Zeit des Wandels darstellt. Auch in religiöser Hinsicht war der südwestdeutsche Raum eine plurale Welt. In ein und demselben Grabkomplex können Kreuzzeichen und vorchristliche Symbole vorkommen.

Hier lässt sich der langsame Übergang von germanischen Glaubensvorstellungen zum Christentum ablesen. Die religiösen Transformationsprozesse jener Übergangszeit zeichnen sich auch in Motiven ab, deren Ursprünge im Vorchristentum liegen und die an die neuen religiösen Inhalte angepasst wurden.

Doch, so Melanie Prange, blieben viele Grabensembles und selbst Einzelobjekte letztendlich mehrdeutig. Zu sehen sind beispielsweise ein so genannter "Rüsselbecher" aus Langenau, er hat mehrere Ausstülpungen in Rüsselform. Oder ein wunderbares Goldblattkreuz aus Landsberg am Lech. Viele Halsketten oder Colliers zeigen den Reichtum und das Ansehen ihrer ehemaligen Trägerin.

Gabriele Graenert erläuterte den Inhalt eines Grabensembles aus Dunningen, welches auf 630 nach Christus datiert ist. Ein Kreuz zeigt, dass die Tote eine Christin gewesen sein muss, und das Collier, bestehend aus mehreren Halsketten, deutet auf Reichtum hin. Ringe sind zu sehen, ebenso Fibeln. Aus Empfingen stammt die Kette aus einem Frauengrab, die typisch sei für so genannte langobardische Frauenbestattungen. Ein Anhänger der Halskette weist ein Bildnis von Konstantin I. auf. Seltenheitswert hat auch ein Reliquiar mit Reiterheiligen aus Ennabeuren, welches das Diözesanmuseum als Dauerleihgabe bekommen hat. Ein Rundgang durch die Ausstellung lohnt sich, da die Schau laut Beate Schmid "ein Tor zur Vergangenheit" darstellt.