Gemeinsam kämpfen sie für den Erhalt des Rottenburger Traditionsunternehmen: Firmin Mauch (von links), Dennis Horn, Tanja Nitschke, Dorothea Kliche-Behnke und Martin RosemannFotos: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Automobilzulieferer MAG IAS GmbH in Rottenburg soll zum Jahresende geschlossen werden

Wenn es nach der Geschäftsleitung der MAG IAS GmbH geht, die heute zur FFG Europe & Americas gehört, soll in Rottenburg ein Traditionsunternehmen innerhalb kürzester Zeit liquidiert werden.

R otte nburg . Als am 15. September in der Domstadt bekannt wurde, dass der Automobilzulieferer MAG IAS GmbH, in Rottenburg besser bekannt unter den ehemaligen Firmennamen wie Hüller-Hille, Cross Hüller oder MAG Hessapp, zum Jahresende geschlossen werden soll, war das Entsetzen nicht nur bei den 130 Mitarbeitern (darunter 15 Auszubildende) groß, sondern auch bei der Bevölkerung.

Bereits einen Tag nach Bekanntwerden der geplanten Schließung wurde ein Mitarbeiter der MAG IAS GmbH von seinem Vermieter angesprochen, ob er im kommenden Jahr die Miete noch bezahlen könne oder ob er die Wohnung nun anderweitig vermieten solle. Ein Beispiel, das zeigt, welche Auswirkungen allein die Ankündigung, dass die Firma geschlossen wird hat. Für die Beschäftigten war diese Information aus Eislingen, dem Stammsitz des deutschen Ablegers der weltweit agierenden FFG-Group mit Hauptsitz in Taiwan ein Schlag ins Gesicht. Dies insbesondere, da sich die Angestellten am Rottenburger Standort einen Ergänzungstarifvertrag, der betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2022 ausschließt, durch unbezahlte Überstunden "erkauft" hatten.

Am 24. September gingen sie in ihrer "Aktiven Frühstückspause" vor die Tore des Werks und demonstrierten mit einer Menschenkette für die Erhaltung ihres Standortes. Inzwischen kämpfen für die Standortsicherung nicht nur die IG Metall Reutlingen-Tübingen sondern auch der Tübinger SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann. Zusammen mit der stellvertretenden Landesvorsitzende der SPD, Dorothea Kliche-Behnke sowie der IG Metall-Bevollmächtigten Tanja Nitschke, trafen sie sich am Dienstagnachmittag mit dem Betriebsratsvorsitzender Firmin Mauch und seinem Kollegen Dennis Horn direkt vor Ort.

Rosemann sagte bei diesem Treffen der Belegschaft seine volle Solidarität zu. Er gab sich kämpferisch und betonte, dass er sich nicht damit abfinden möchte, dass die Unternehmer die Corona-Lage nutzen, um ganze Betriebe oder Betriebsteile zu verlagern, nur um Kosten zu sparen. Vor allem versteht er nicht, dass gerade in der jetzigen Zeit, wo es genügend Instrumente zur Beschäftigungssicherung gibt, so eine Entscheidung getroffen wird. "Die Möglichkeit der Kurzarbeit ist eine Brücke für die Betriebe, sich neu aufzustellen", betonte der Sozialdemokrat. Eine "Brücke" über welche die Firmenleitung gerne ging, denn derzeit befinden sich bis zu 65 Prozent der Rottenburger Belegschaft in einer sehr individuell gestaltbaren Kurzarbeitsphase. Aus Sicht des Bundestagsabgeordneten hat die Bundesregierung schnell und umfassend auf die Pandemie – die Tanja Nitschke als den "Brandbeschleuniger" in Punkto Restrukturierung bezeichnete – reagiert.

"Was mich besonders ärgert, ist die vorliegende Information, dass Teile des Standorts ins ungarische Kecskemét verlagert werden sollen", so Nitschke. Auch Firmin Mauch versteht diesen Teil der Konzernentscheidung nicht. "Wenn schon Verlagerung, dann komplett. Eine Verlagerung von Teilbereichen macht keinen Sinn", stellte der Betriebsratsvorsitzende fest. "Wir haben hier am Standort für unser Produkt – Rundtische, die in Eislingen weiterverarbeitet werden – die komplette Fertigungstiefe. Diese reicht von der Konstruktion über die komplette Produktion bis zur Qualitätssicherung. Oder anders gesagt – vorne kommt der Auftrag rein und hinten das fertige Maschinenteil raus." "Die sind hier am Standort hochflexibel, haben jetzt 59 Jahre Erfahrung in ihrem Segment und die Belegschaft, die zum größten Teil aus Fachleuten besteht, die schon lange in Rottenburg arbeiten und in der Stadt leben, kann jeden Sonderwunsch realisieren. Da kann man nicht einfach einen Teil herausnehmen und nach Ungarn verlagern", empörte sich die Gewerkschafterin.

"Wir werden für diesen Standort kämpfen", versprachen sowohl die Politiker, die IG-Metall-Vertreterin als auch die Betriebsräte.

Martin Rosemann ist bereits mit dem derzeitigen Geschäftsführer der Eislinger FFG-Group, dem international agierenden Restrukturier Marcus Otto, Inhaber der Firma "Interims Management" mit Sitz in Kusterdinger in Kontakt. Er hofft, dass er in einem persönlichen Gespräch etwas mehr Klarheit in die ganze Angelegenheit bringen kann. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass bislang keine verlässlichen Aussagen gemacht wurden, was mit dem Rottenburger Traditionsunternehmen wirklich passieren soll. "Mit so vagen Angaben wie ›vielleicht oder doch nicht, auf jeden Fall soll alles bis Ende des Jahres erledigt sein‹, kann niemand etwas anfangen. An diesem Standort hängen 130 Arbeitsplätze, Familien und Schicksale", unterstrichen Rosemann und Nitschke.

Aktuell arbeitet man von Seiten der IG-Metall an einer betriebswirtschaftlichen Situationsanalyse. Ein Betriebsprüfer checkt dafür Zahlen, Fakten und Daten. Mit der gemeinsamen Suche nach Alternativen, die in Richtung Portfolio und Digitalisierung gehen, will man versuchen, die Betriebsschließung zu verhindern, so der Tenor von Politik, Gewerkschaft und Belegschaft.

Aber nicht nur in Rottenburg wird der Rotstift angesetzt, auch in Eislingen sollen 250 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren, so eine zusätzliche Info, die das Bild abrundet Die Rottenburger kämpfen um ihr Traditionsunternehmen und hoffen, dass sie auch noch im kommenden Jahr – dann würde das Unternehmen 60 Jahre bestehen – noch voller Stolz sagen können, dass sie bei MAG IAS arbeiten.