Stolz präsentiert Richard Lohmiller das Börstinger restaurierte Turmuhrenwerk mit dem 80 Zentimeter langen Perpendikel (Pendel) aus dem Jahre 1901, das als Leihgabe der Kirchengemeinde im Dorfmuseum zu besichtigen ist. Foto: Bieger Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Im Börstinger Dorfmuseum ist eine Uhrenrarität zu sehen

Starzach-Börstingen. Das Börstinger Dorfmuseum "Kulturtankstelle" hat den Sommer über jeden Sonntagnachmittag geöffnet und es findet auch eine Bewirtung mit Kaffee und Kuchen statt. Die meisten Einkehrer machen auch einen Besuch im Museum, das auf zwei Stockwerke verteilt, viel Sehenswertes aus der "guten alten Zeit" anschaulich mit Audio-Unterstützung präsentiert.

Eine besondere Rarität ist das im Jahre 1901 von der Uhrenfabrik Philipp Hörz in Ulm ausgelieferte mechanische Turmuhrenwerk T 250c mit der Identifikationsnummer 1207, das seit der Renovierung der Pfarrkirche Sankt Ottilia 1965 durch Pfarrer Otto Volz still und ohne Beachtung und Schlag auf dem Dachboden der Kirche schlummerte, und durch eine Funkuhr ersetzt wurde.

Der Wachendorfer Tüftler Hans Breil und der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins, Richard Lohmiller haben es aus dem Schlaf erweckt und in mühevoller Kleinarbeit in sechs Monaten akribischer Arbeit restauriert, geschmiert und wieder zum Laufen gebracht.

Das gesamte Uhrwerk wurde auseinander genommen, Rädchen für Rädchen nummeriert, vom Staube befreit und die Lager geölt. "Wir waren gespannt, ob wir das Werk je wieder zum Laufen bringen werden." Unterstützung bekamen die Uhrenmacher aus Ulm, wo noch genaue Unterlagen vorhanden waren.

Fehlende Gewichte wurden in Blumenkübeln nachbetoniert

Tatsächlich brachten sie das Räderwerk und sogar das Ersatz-Läutwerk samt Zeiger auf dem riesigen alten Zifferblatt wieder in Gang. Die fehlenden Gewichte, die früher täglich per Kurbel vom Mesner hochgezogen werden mussten, wurden in Blumentöpfen nachbetoniert. An manchen Öffnungstagen des Museums wird die Uhr wieder aufgezogen und schlägt, wie früher, die viertel, halbe und ganze Stunde.

Vor Jahren, als die Bauern noch tagsüber auf dem Felde waren, zeigte die Glocke beim Vesperläuten um 16 Uhr den Menschen an, dass es nun an der Zeit war, vom Felde heimzukehren und das Vieh zu besorgen.

Das kirchliche Geläut, das die Gläubigen zum Gottesdienst ruft, und bei Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen und während der Wandlung geläutet wird, ist sogar grundgesetzlich geschützt. Die ersten Räderuhren mit der heute bekannten Zeiteinteilung in zweimal 12 Stunden kamen im 14. Und 15. Jahrhundert auf.

Turmuhren waren die ersten mechanischen Räderuhren mit Gewichtantrieb überhaupt und fanden gegen Ende des Mittelalters weite Verbreitung. Uhren waren zu dieser Zeit sehr teuer, so dass eine Turmuhr für alle Bewohner eines Ortes einen Nutzen brachte und die Zeit vorgab. Sie wurden damals in Handarbeit von Schmieden aus Eisen gefertigt.