Dieser Art von Integrationskurs können die Teilnehmerinnen nur Positives abgewinnen – und wollen weitermachen. Foto: Baum Foto: Schwarzwälder-Bote

Frauen aus vier Erdteilen lernen bei VHS-Projekt weit mehr als Deutsch / Fortsetzung noch ungewiss

Von Angela Baum

Rottenburg. Bunt und lebendig gestaltet sich der Sprachunterricht der 20 Frauen von vier Kontinenten, die derzeit an einem halbjährigen Deutschkurs an der Volkshochschule Rottenburg teilnehmen. Die Frauen lernen Netzwerke im sozialen und institutionellen Bereich kennen. Der Erwerb notwendiger Kenntnisse zum Zurechtfinden in der jeweiligen besonderen Lebenslage stehe beim Sprachkurs im Vordergrund, wie Kursleiterin Susanne Anane betont.

Damit geht der Sprachkurs, dessen Fortführung nicht gesichert ist, die sich die Frauen aber wünschen, über den Inhalt üblicher Integrationskurse hinaus. Denn die Vokabeln und Lerninhalte gehen auf die Lebenssituation der Frauen ein – Schule, Gespräche mit Lehrern oder auch Hausaufgabenbetreuung und sogar Bewerbungsgespräche sind Themen, die sie interessieren.

Viele von ihnen haben Kinder. Aline Memongo aus Kamerun hat zwei. Sie erzählt, wie schwierig es für sie bislang war, mit Lehrerinnen zu sprechen. Und Pinar Gül aus der Türkei fügt hinzu: "Wenn meine Tochter sagen muss, meine Mama kann kein Deutsch, dann ist das schlecht für sie und für mich." Dieser Tage sei sie wieder bei einem Elternabend gewesen, "und ich habe 80 Prozent verstanden". Als sie ihrer Tochter vom Elternabend erzählte, habe diese bestätigt, dass sie ihr Deutsch verbessert habe. Auch eine weitere Frau, die seit 19 Jahren in Ergenzingen lebt, kann dem Kurs nur Positives abgewinnen. Sie habe viel Neues über Kindererziehung erfahren und darüber, wie man Probleme lösen kann. Deshalb würde sie gerne noch weitermachen.

Die Frauen schwärmen vom gemeinsamen Frühstück im Kurs, von einem Ausflug und vom gemeinsamen Tanzen. Ein Schulsozialarbeiter stellte ihnen seine Arbeit vor, sie wurden über Elternrechte informiert, und Susanne Anane berichtet, dass die Frauen individuelle Lebensläufe für Bewerbungen erstellt haben. Auch ein Berufsberater war zugegen und organisierte Beratung sowohl für Akademikerinnen als auch für niedrig Qualifizierte.

Susanne Anane berichtet, dass es gelungen sei, drei Frauen in einer Ausbildung zur Hauswirtschafterin unterzubringen. Zwei weitere benötigen dringend eine Praktikumsstelle: die Apothekerin Carola Duhalde Fuentes aus Chile und die Wirtschaftsingenieurin Solange Ciccomascolo aus Kolumbien. Pinar Eksi hat in der Türkei eine Ausbildung zur Programmiererin gemacht und bilanziert: "Wir haben mit Susanne Anane Deutsch gelernt und gelebt."

Schade finden die Frauen, dass es vorerst keine Wiederholung oder Fortsetzung des Sprachkurses geben wird – aus finanziellen Gründen, sagt Jürgen Rohleder, Leiter der Volkshochschule Rottenburg. Zudem war der Kurs Teil eines von der Landesstiftung finanzierten Projekts mit dem Titel "Integrationsbegleitung in besonderen Lebenslagen". 30 000 Euro erhielt die VHS für das Angebot des Sprachkurses, die Teilnehmerinnen mussten nichts bezahlen.

Marion Sailer-Spies, Koordinatorin für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement bei der Stadt, berichtet, dass sie Schlüsselpersonen angesprochen habe, für den Kurs zu werben, etwa im türkischen Kultur- und Sportverein oder im deutsch-türkischen Freundschaftsverein. "Wir wollten auch Frauen erreichen, die keine Zeitung lesen oder dies nicht können", sagt Susanne Anane.

Jürgen Rohleder betont, dass er mehr tun wolle – "aber wie kriege ich das finanziert?" Derzeit arbeite er gemeinsam mit dem Turnverein Rottenburg an einer Bewerbung für ein anderes integratives Projekt, das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unterstützt wird.

Margit von Zworowsky, Leiterin des Referats für Ausländerrecht am Regierungspräsidium Tübingen, gibt sich optimistisch: "Irgendetwas geht immer."