Der Pächter des Schlachthofes Rottenburg, Marko Helle, führt durch das Gebäude, in dem einige Maßnahmen fällig sind und dessen Fortbestand unklar bleibt. Foto: Scharnowski

Landwirte und Pächter sorgen sich um Fortbestand. Teure Betäubungsmaschine muss angeschafft werden.

Rottenburg - Marko Helle, Pächter des Schlachthofes Rottenburg, hatte den Gemeinderat eingeladen. Von jeder Fraktion war ein Vertreter anwesend, inklusive Bürgermeister Thomas Weigel. Das Thema: Soll der Schlachthof geschlossen werden?

Die Hintergründe: Markus Helle ist seit dem Jahr 2006 der Pächter des Schlachthofes, der Vertrag läuft im Juli in zwei Jahren aus. Durch EU-Verordnung muss jetzt eine Elektro-Betäubungsmaschine eingebaut werden, die minutiös den Todesablauf dokumentiert, das heißt Betäubung, Tod und Ausbluten. Der Preis liegt bei circa 20.000 Euro, ohne dieses Dokument gibt es keinen EU-Stempel. Im Klartext: Bei allen nicht dokumentierten Schlachtungen darf das Fleisch nicht verkauft werden. Ein Veterinär erklärte ausführlich den Verlauf.   

Außer den Anschaffungskosten der Maschine liegt noch ein anderer Mangel vor: Die Lüftungsanlage funktioniere nicht richtig, was Keimbelastung auslösen könne. Dringend sollten die Elektroleitungen überprüft werden und ein Kostenvoranschlag eingeholt werden.

Ratlose Gesichter, was nun? Jörg Bischoff ist der Ansicht, es sollte eine Zwischenlösung gefunden werden, auch über einen Ersatzbau im Industriegebiet wurde gesprochen. Klar ist, dass etwas passieren muss, die Betäubungsmaschine hat Vorrang, spätestens zum 8. Dezember muss sie installiert sein.  Für Marko Helle steht jetzt alles auf dem Spiel, er würde sich zum Teil an den Kosten beteiligen, würde den Schlachthof auch weiter betreiben, wenn sich die Stadt finanziell an den Kosten der Instandhaltung beteiligen würde.

Weigel reagierte darauf sehr sensibel: Man habe ihn nie angesprochen, Helle konterte, dass er im Juni um einen Termin gebeten und bis jetzt keine Antwort bekommen habe, er setzte noch eins drauf. Seiner Aussage nach ist die Stadt dazu verpflichtet, sich um das denkmalgeschützte Gebäude zu kümmern, es habe wohl auch Geld dafür bereit gelegen, doch die Stadt habe es nicht angefordert, 2017 sei die Unterstützung verfallen. Die Antwort von Weigel war, dass alleine die Dachsanierung bei 650.000 Euro liege. Einige der Anwesenden hegten den Verdacht – einer sprach es aus: "Man lässt das Gebäude verkommen, es ist auch optisch marode, das wird dann wohl die Lösung sein."

Die anwesenden Schaf-, Schweine- und Rinderhalter, Metzger und Gastronomen erklärten ihre Ansichten. Vor allem der Schafzüchter Franz Quint aus Tübingen betonte, wie wichtig ein nahe gelegener Schlachthof sei. Er forderte alle auf, "keiner Zwischenlösung zuzustimmen, wenn der Schlachthof auch nur kurz geschlossen wird, bedeutet das ein Aus". Er spreche aus Erfahrung bezüglich des Tübinger Schlachthofs. Einstimmiges Nicken.  

Zur Zeit werden in Rottenburg täglich 70 Schweine, 20 Rinder und 50 Lämmer geschlachtet. Nicht nur für die Tierzüchter sei der nahe gelegen Schlachthof wichtig, auch für die Metzgereien und Gastronomie. Vom Veterinär war zu erfahren: "Wenn die Tiere eine lange Anfahrt haben, lange im Anhänger warten, erhöht sich der Stress um ein Vielfaches."

Als Ausweichschlachthof wurde Gärtringen vorgeschlagen, was Protest unter den Anwesenden hervorrief. Dort müsse der Tierhalter lange warten und insgesamt sei es für die Tiere stressiger. In Rottenburg seien Ställe vorhanden, getrennt für Schweine, Rinder und Schafe, in denen sie sich beruhigen können. Bei Stress sinke die Fleischqualität deutlich ab. 

 Auch für die Jäger sei der Erhalt des Schlachthofes von großem Interesse, denn dort könne in extra Räumen das Wild verlaufbereit gemacht werden, so ein Verantwortlicher des Kreisforstamts. Einig war man sich dahingehend, dass die Stadt alleine dies nicht schultern könne – der Kreisrat und die Kommunen müssten eingebunden werden.

Weiteres Stimmen waren: Rottenburg als "Fairtrade Stadt" müsse in der Lage sein, ihre Werbung auch dahingehend zu erfüllen, kurze Wege und gesunde Lebensmittel zu bieten – auch im Sinne des Umweltbewusstseins. Für viele Bauern, mit Rindern, Schweinen, Schaf- und Ziegen-Züchter wäre es das Aus. Wieder würden Höfe stillgelegt. Volkmar Raidt, Nebenerwerbslandwirt aus Kiebingen, ist der Überzeugung: "Wenn die Politik so weiter macht, wird den Landwirten, die auf Bio gesetzt haben, egal ob Pflanzen oder Tiere, ein Strick um den Hals gelegt."