Oberbürgermeister Stephan Neher musste in den Ortschaften Rede und Antwort zu den Flugfeld-Plänen stehen – hier in Ergenzingen (mit auf dem Ortsvorsteherin Daniela Quintana Leiva), aber auch bereits in Baisingen.Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Gewerbegebiet: Baisinger Ortschaftsräte wenden sich in offenem Brief an die Fraktionen des Gemeinderats

Rottenburg/Eutingen. Der Wind wird rauer, der Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher und seinem Gemeinderat in puncto Gewerbeflächenstrategie um die Nase weht. Nach dem Ergenzinger Ortschaftsrat wandte sich nun auch eine Delegation aus Baisingen in einem offenen Brief vom 17. Oktober an die Fraktionen des Gemeinderats der Stadt Rottenburg. Unterschrieben haben diesen Brief die Ortschaftsrats-Mitglieder Alexander Bott, René Richter, Sophia Brambilla, Matthias Wollwinder und Ulrike Daub

Auch in diesem Schreiben geht es um eine Stellungnahme zum Beschluss der 5. Änderung des Regionalplans Neckar-Alb vom 26. Mai.

Unter anderem erinnern sie daran, dass man sich in intensiven Recherchen mit der Historie der Beschlussfassung und den aktuellen Umständen in Bezug auf das Flugfeld beschäftigt habe und zusammen mit anderen betroffenen Bürgern aus diesen Erkenntnissen heraus das überregionale "Aktionsbündnis Flugfeld" gegründet hat. Ein starkes Aktionsbündnis, das innerhalb von sieben Tagen 286 Unterschriften gegen die geplante Änderung (wir berichteten mehrfach) sammeln konnte und mit Großplakaten auf die Versiegelung von wertvollem Ackerland durch die Ansiedlung eines Interkommunalen Gewerbegebiets hinweist.

Sie schreiben: "Wir, einzelne Mitglieder des Ortschaftsrats Baisingen, möchten darauf hinweisen, dass die Darstellung, dass ›mehrfach der Änderung zugestimmt wurde‹ so nicht zutreffend ist. Es gab eine Anhörung 2012 zur Fortschreibung des Regionalplans Neckar-Alb, die zu dem zustimmenden (nicht einstimmigen) Beschluss 2012 führte, den regionalen Grünzug zurückzunehmen, um bei zukünftiger Entwicklung Einzelabweichungsverfahren zu vermeiden. Diese Anregung wurde vom zuständigen Regionalverband Neckar-Alb jedoch nicht berücksichtigt."

Weiter teilten die Unterzeichner mit: "Im Januar 2018 gab es eine Sitzung des Ortschaftsrates in der unter Top 1/2018 die Entwurfsfassung zum ›Strategie- und Handlungsprogramm Wirtschaftsflächen Rottenburg am Neckar‹ vorgestellt wurde. Unter Top 5/2018 ›Verschiedenes‹ fragte der damalige Ortsvorsteher Horst Schuh, ob für eine Empfehlung bezüglich der Gewerbestrategie (Top 1) eine weitere OR-Sitzung mit förmlicher Beschlussfassung anberaumt werden soll oder ob Einigkeit besteht, dass der Beschluss vom 11. Juni 2012 weiterhin Gültigkeit haben soll. Da eine erneute Beschlussfassung von keinem der Ortschaftsräte gewünscht wird, behält der Beschluss vom 11. Juni 2012 in dem die Anregung, die landwirtschaftliche Nutzung des Flugfeldes aus dem Regionalplan zu streichen, seine Gültigkeit", so das Fazit der damaligen Sitzung.

"Der spätere Gemeinderatsbeschluss vom März 2018 zielt auf ein gemeinschaftliches Gewerbegebiet mit Eutingen ab. Im Vergleich dazu basierte die Beschlussfassung 11. Juni 2012 des OR Baisingen auf der damaligen Diskussion der Ansiedlung einer Justizvollzugsanstalt", relativieren die Baisinger Antragsteller.

"Wir sehen Veränderungen in Bedarfen und grundsätzlichen logistischen Ansprüchen an künftige Gewerbegebiete. Auch aufgrund der Wirtschaftsstudie ergeben sich neue Gewichtungen und sind Diskussionspunkte sowie Rahmenbedingungen neu und anders zu bewerten, darunter auch Verkehrsanbindung und Naturschutz. Die Entscheidungsbasis wird dabei als unvollständig empfunden, auch können die Gründe der Stadt für ihre Gewichtung nur schwer beziehungsweise nicht nachvollzogen werden" schreiben sie in ihrem offenen Brief.

"Aufgrund der vorstehend dargelegten Umstände stehen wir skeptisch bis strikt ablehnend zu dem Beschluss. Deshalb haben wir uns entschieden, Sie darum zu ersuchen von der Änderung des Regionalplans abzusehen und Ergenzingen Ost in der bisher geplanten Größe als vorgeschlagenes Gewerbegebiet im Regionalplan stehen zulassen. So wie es auch Oberbürgermeister Neher als Option in mehreren Veranstaltungen genannt hat", die klare Forderung der Baisinger Ortschaftsräte.

"BfE"-Fraktion fordert Sachstands-Offenlegung von Stadtverwaltung

Ebenso expliziert wie ihre Baisinger Kollegen fordert die Ergenzinger Fraktion "Bürger für Ergenzingen" der neben Fraktionssprecherin Renate Holzmann auch Irmgard Kussauer, Christina Renz, Christa Richter, Florian Wagner, Markus Wagner, und Cornelia Ziegler-Wegner angehören, dass die Stadtverwaltung Rottenburg zum aktueller Sachstand in Bezug auf die Ergenzingen Gewerbegebiete bis zur nächsten Ortschaftsratssitzung am 18. November folgende Fakten über die Gewerbegebiete Ergenzingen-Ost und Höllsteig schriftlich offenlegt:

Zum Gewerbegebiet Ergenzingen-Ost will die Fraktion wissen: Wie sieht der aktuelle Sachstand zu den Optionsflächen Dachser, Ensinger, Bitzer aus und wann laufen die Fristen zur Bauverpflichtung ab? Welchen Sachstand gibt es zu den aktuellen Baumaßnahmen? Welche Flächen stehen für neue Gewerbeansiedlungen aktuell noch zur Verfügung? Dies soll am aktualisierten Plan des Gewerbegebiets dargestellt werden.

In Bezug auf das Gewerbegebiet Höllsteig wollen die Fragesteller wissen wie der Stand der 2. Erweiterung (Erschließung von 3,1 ha) aussieht. Auch ist von Interesse: "Gibt es noch Optionsflächen mit Bauverpflichtungen oder Erweiterungswünsche?" Außerdem: "Welche Flächen stehen aktuell für Gewerbeansiedlungen noch zur Verfügung? Und wie ist der Sachstand "Dräxlmaier-Areal?"

Zudem wollen die "Bürger für Ergenzingen" wissen: Wie viele unbefristete Arbeitsplätze (in Vollzeit und Teilzeit) bietet Ergenzingen. Diese Frage untergliedert sich in die Punkte a.) Im gesamten Stadtteil Ergenzingen (einschließlich Handwerk/Dienstleistungen) und b.) In den Gewerbegebieten Ergenzingen-Ost und Höllsteig? Wie berechnet sich die Gewerbesteuer von Betrieben in den beiden Gewerbegebieten, die ihren Hauptsitz nicht in Ergenzingen haben?

Auf die Stadtverwaltung kommt also einiges an Arbeit zu und vielleicht kommt es beim Interkommunalen Gewerbegebiet genauso wie bei der großen Justizvollzugsanstalt, die sich Rottenburg gut auf dem Basinger Flugfeld vorstellen konnte oder bei dem von Eutingen geplanten KVT beim Bahnhof. Beide Großprojekte sind an den Klippen des Bürgerprotestes zerschellt.