Armin Culum, besser bekannt als Boki, ist bereits seit 14 Jahren auf der Flucht vor den deutschen Behörden. Während sein Bruder Nermin weiter in Haft sitzt, ist nun auch sein Sohn A. ins Visier der Behörden geraten – und tut es seinem Vater gleich.
Es sind tatsächlich große kriminelle Fußstapfen, die der Rotlichtkönig von Villingen-Schwenningen – Armin Culum alias Boki – hinterlassen wird. Vor allem für seinen Sohn A. Der ist bei der Flucht seines Vaters aus der Doppelstadt gerade mal neun Jahre alt.
Heute, 14 Jahre später, scheint es, als wenn sich der mittlerweile 23-Jährige tatsächlich dazu entschieden hat, seinen Vater zu beerben. Denn der junge Erwachsene ist ins Visier der Behörden geraten, die wegen Menschenhandel, Zwangsprostitution und Drogenhandel gegen ihn ermitteln.
Für Beobachter der Szene war es keine Überraschung, als der zuständige Staatsanwalt Kulikow beim Prozess gegen die United Tribuns am Mittwochmorgen bei seiner umfangreichen Anklageverlesung immer wieder den Nachnamen Culum in den Mund nahm. Das liegt nicht nur daran, dass die Familie mit den Themen Rotlicht und Zwangsprostitution zwangsläufig in Verbindung gebracht wird.
Vielmehr hatte man immer wieder gemunkelt, dass Boki aus seiner Heimat Bosnien-Herzegowina die Strippen im illegalen Geschäft in der Doppelstadt zieht. Vielfach war die Rede davon, dass die hier generierten Gelder in den Topf der United Tribuns fließen und auch den Wohlstand des Ex-Boxweltmeisters sichern. Denn in den sozialen Medien präsentiert Boki regelmäßig seinen Luxus, den er – gut geschützt vor den deutschen Behörden – genießen kann.
Sohn ist Ex-Nachwuchsspieler der Wild Wings
Vielfach war in der Szene in diesem Zusammenhang auch der Name seines Sohnes gefallen. Der einstige Nachwuchsspieler der Wild Wings hatte sich bis vor etwa zwei Jahren offen in der Stadt gezeigt, stand in der Saison 2018/2019 noch im Kader der U20 des DEL-Clubs. Im Lokalfernsehen in der Heimat seines Vaters war er zu seinem Talent interviewt worden – man sagte ihm eine „glänzende Zukunft“ voraus.
Das bezog sich eigentlich auf seine sportliche Leistung. Boki hatte aber wohl anderes für ihn vorgesehen. Denn in den sozialen Medien tat A. es seinem Vater gleich – zeigte sich muskelbepackt mit Edelkarossen. Ein Instagram-Bild gemeinsam posierend mit Armin und Nermin zeigt die Verbundenheit der Culums.
A. soll das Imperium von Boki übernehmen
Und auch hinsichtlich der kriminellen Energie tut er es dem Rotlichtkönig von VS offenbar gleich. Fest steht laut den bisherigen Ermittlungen der Behörden: A. soll das Imperium von Boki übernehmen. Das erklärte der zuständige Staatsanwalt Kulikow vor dem Landgericht Konstanz.
Für Boki selbst ist aufgrund des internationalen Haftbefehls Villingen-Schwenningen eine No-go-Area, sein Bruder Nermin ist im vergangenen Juni an der Grenze zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegowina festgenommen worden – für die Abwicklung von Geschäften in VS ist er somit nicht mehr greifbar.
A. soll an Menschenhandel beteiligt sein
Bleibt also nur A. Und er war es laut Behörden tatsächlich, der die kriminellen Machenschaften mit Blick auf die Ausbeutung von Frauen mithilfe der Loverboy-Methode in die Wege leitete. Demnach habe sich der 23-Jährige mit zwei der nun Angeklagten zusammengesetzt, um entsprechende Pläne auszutüfteln.
Das Ziel war klar: Den Frauen sollte eine Liebesbeziehung vorgegaukelt werden, um sie gefügig zu machen. Nachdem sie von Freunden und Familie isoliert und von ihrem Loverboy emotional wie auch finanziell abhängig gemacht wurden, sollten sie anschaffen gehen. Eine Woche arbeiten, zwei Wochen Freizeit habe man ihnen laut Anklageschrift versprochen.
Frauen sorgen für große Einnahmen
Das Tor zu Hölle schien geöffnet. Tatsächlich hätten sich mehrere Frauen auf diese Liebesbeziehungen eingelassen, A. habe sich um die Betreuung der Frauen gekümmert, erklärt Kulikow. Immer wieder ließen sie sich dazu überreden, in von den Rockern angemieteten Wohnungen Freier zu empfangen. Fast eine Million Euro erwirtschafteten sie dadurch.
Sie ließen die Erniedrigungen über sich ergehen – auch deshalb, weil ihnen versprochen wurde, dass das hart erarbeitete Geld für die gemeinsame Zukunft mit ihrem Loverboy zurückgelegt werde. Doch nur Lug und Trug, wie die Ermittlungen der Behörden zeigen. Denn die Kohle wanderte in die Kasse von Bokis Dunstkreis und seiner United Tribuns.
Wohl auch in Drogengeschäfte verwickelt
A. hatte aber wohl nicht nur ein Händchen für Menschenhandel und Zwangsprostitution. Denn der heute 23-Jährige baute, so lautet der Vorwurf, auch im Rauschgifthandel Geschäftsbeziehungen auf. Einen Lieferanten aus der Schweiz soll Bokis Sohn an Land gezogen haben, um in Villingen-Schwenningen einen schwunghaften Handel mit Marihuana, Ecstasy, Kokain und Amphetaminen zu etablieren.
Unterstützt wurde er dabei von den nun Angeklagten, denen teilweise ebenso die Mitgliedschaft bei den seit 13 Monaten verbotenen United Tribuns vorgeworfen wird. Vorstellbar ist, dass A. auch die Connections seines Vaters nutzt. Denn der hatte sich unter falscher Identität eine Geschäftsbeziehung zu einem südamerikanischen Drogenkartell aufgebaut, welches mittlerweile aber zerschlagen wurde.
Der Sohn ist auf der Flucht – wie sein Vater
Doch warum sitzt A. nicht ebenfalls auf der Anklagebank? Während in seinem Zusammenhang lediglich erwähnt wird, dass seine Straftaten gesondert verfolgt werden, ist der Grund recht einfach. Wie aus dem Kreis der Ermittler zu erfahren war, befindet sich der 23-Jährige an einem den Behörden nicht bekannten Aufenthaltsort. Heißt: A. Culum ist auf der Flucht. Eventuell sogar in der Heimat von Boki? Naheliegend. Aus den sozialen Netzwerken hat sich der junge Mann offensichtlich ebenfalls verabschiedet.
Und was ist mit seinem Onkel Nermin, der – wie bereits erwähnt – seit Monaten im Knast sitzt? Seitdem die Handschellen aufgrund eines von der Schweiz erwirkten internationalen Haftbefehls klickten, hüllen sich die Ermittlungsbehörden in Schweigen. Es ist noch nicht einmal klar, was dem Schwergewicht der United Tribuns vorgeworfen wird.
Oberstaatsanwaltschaft hält sich bedeckt
Nähere Informationen, so heißt es regelmäßig auf Anfrage unserer Redaktion, könne man derzeit nicht mitteilen. Auch, ob Nermin Culum bereits von Kroatien in die Schweiz ausgeliefert wurde, ist unklar. „Der Beschuldigte befindet sich weiterhin in Haft. Die Untersuchung ist äußerst aufwendig und umfangreich, was sich entsprechend auf die Verfahrensdauer auswirkt“, äußert sich Adrian Schuler als Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau eher zurückhaltend. Klar ist nur: Die Ermittlungsbehörden werden sich noch einige Zeit mit der Familie Culum beschäftigen müssen.