In Deutschland kommen jährlich derzeit etwa 200 Kinder mit einer Speiseröhrenfehlbildung auf die Welt. Kurz nach der Geburt müssen sie bereits operiert werden und haben danach eine schwierige Kindheit vor sich. Foto: Kretz

Der Rotary Club Freudenstadt lädt ein zu einer Benefizveranstaltung zugunsten der Erika-Reinhardt-Stiftung. Was es damit auf sich hat, erklären Rotary-Club-Präsident Oliver Jäger und Facharzt Franz-Josef Kretz im Gespräch mit unserer Redaktion.

Bei der nun anstehenden Veranstaltung am 31. März in der Kreissparkasse soll es um eine seltene Krankheit gehen, die Ösophagusatresie oder auch Speiseröhrenfehlbildung bei Kindern. Oliver Jäger, Präsident des Rotary Clubs Freudenstadt, erklärt: „Wir wollen etwas bewegen und es tut gut, für andere etwas zu tun.“ Seltene Krankheiten würden „oft hinten runterfallen, deshalb wollen wir nun eine in den Fokus nehmen“, sagt Jäger.

In Deutschland werden jährlich derzeit etwa 800 000 Kinder geboren, davon sind 200 von einer Speiseröhrenfehlbildung betroffen, erklärt Franz-Josef Kretz, Vorsitzender der Erika-Reinhardt-Stiftung für Kinder mit Speiseröhrenfehlbildung.

Häufig sind es Überraschungsdiagnosen, die erst nach der Geburt gestellt werden können

Kretz kennt sich mit dem Thema aus, denn er war selbst 40 Jahre Facharzt für Anästhesiologie, spezialisiert auf Kinder und arbeitete 30 Jahre als Chef der Anästhesie am Olgahospital Stuttgart, das einen großen operativen Bereich hat, in dem auch Speiseröhrenfehlbildungen behandelt werden. „Das sind häufig Überraschungsdiagnosen, die erst gestellt werden können, wenn die Kinder auf der Welt sind und versuchen, Milch zu trinken, sie diese aber wieder erbrechen und heftig husten. Die Fehlbildung pränatal festzustellen ist sehr schwierig“, erklärt Kretz.

In 87 Prozent der Fälle handele es sich dann um eine Lungen-Speiseröhren-Fistel, die noch am Tag der Diagnose operiert werden sollte, damit der Magensaft nicht in die Lunge des Babys laufen kann. „Wenn die Fistel verschlossen ist, dann haben wir schon viel gewonnen“, erklärt der Mediziner. Woher die Speiseröhrenfehlbildung rührt, ist bis heute noch unklar, „aber es muss in den ersten Wochen der Schwangerschaft passieren“, meint Kretz.

Auch bei einem guten Verlauf haben die Kinder später häufig noch Probleme

Auch wenn die Diagnose für Eltern erst einmal hart sein kann, so ist die Aussicht, dass Kinder überleben, sehr hoch: „Wir verlieren heute fast kein Kind mehr“, beteuert Kretz. Dennoch handle es sich um ein hochkomplexes Krankheitsbild und bei einem guten Verlauf muss das Baby nach der Operation drei bis vier Tage auf der Intensivstation verbringen – wenn es schlecht läuft, können es auch fünf Monate werden. „Aber es ist alle Mühe wert die Kinder da durch zu bringen“, ist sich Kretz sicher.

Doch auch bei einem guten Verlauf haben die Kinder später häufig noch Probleme – so sind sie anfällig für Entzündungen und Infekte oder müssen über eine Magensonde ernährt werden. Sie müssen eine extrem schwierige Kindheit durchmachen und die Versorgung bei Kinderärzten kann rein aus zeitlichen Gründen nicht optimal sein, meint Kretz.

Stiftung unterstützt Selbsthilfe-Organisation für Kinder und Erwachsene mit kranker Speiseröhre

Um den Kindern und ihren Eltern in dieser schwierigen Situation zu helfen, gibt es die Erika-Reinhardt-Stiftung, die wiederum die Patienten- und Selbsthilfe-Organisation für Kinder und Erwachsene mit kranker Speiseröhre (KEKS) finanziell unterstützt. KEKS ist in Stuttgart-Sommerrain untergebracht und hilft deutschlandweit. Teil dieser Hilfe ist ein Medizinteam, bestehend aus einer Kinderkrankenschwester und einem Pfleger, das telefonisch oder auch vor Ort direkte Hilfe anbiete, wenn Kinder und ihre Eltern in Not sind.

„Wir sind stark auf Spenden angewiesen, insbesondere sind die Großspenden durch Corona eingebrochen“, macht Kretz auf die derzeitige Situation der Stiftung aufmerksam. Und genau hier möchte der Rotary Club Freudenstadt mit seiner Veranstaltung nun ansetzen. Präsident Jäger verrät im Gespräch mit unserer Zeitung, dass der Rotary Club Freudenstadt im Rahmen der Benefizveranstaltung 10 000 Euro spenden wird.

Rotary Club in Freudenstadt

Der Club
Seit 60 Jahren gibt es den Rotary Club Freudenstadt, der inzwischen circa 50 Mitglieder zählt und unter anderem wöchentliche Treffen abhält. Außerdem unterstützt der Rotary Club Freudenstadt vor allem regional verschiedene Einrichtungen. So spende man an die Erlacher Höhe, die Stiftung Eigen-Sinn, den Osterhof oder auch an die Ukrainehilfe, wie Präsident Oliver Jäger erklärt. Außerdem mache der Rotary Club beispielsweise Bewerbungsseminare für Abschlussschüler als Vorbereitung auf den Start in die Arbeitswelt.

Die Veranstaltung
Der Benefizabend zugunsten der Erika-Reinhardt-Stiftung für Kinder mit Speiseröhrenfehlbildung mit Vortrag von Franz Josef Radermacher zum Thema „Die weltweiten Problemlagen im Kontext der Weltbevölkerungsentwicklung“ sowie Diskussion und Imbiss findet am Freitag, 31. März, ab 19 Uhr in der Kreissparkasse Freudenstadt statt.