Fotos: Stiegler Foto: Schwarzwälder Bote

Die Sternwarte Zollern-Alb blickt in den Nachthimmel

Auf einer Höhe von 720 Metern über dem Meeresspiegel befindet sich die Sternwarte Zollern-Alb. Der Blick reicht weit: Im Westen bis zu den Ausläufern des Schwarzwalds, im Osten bis zur Schwäbischen Alb und nach oben bis weit in die Tiefen der Milchstraße.

Rosenfeld -Brittheim. Es ist still auf der Anhöhe über Brittheim. Nur auf dem nahe gelegenen Grillplatz genießt eine Familie am Lagerfeuer die frühlingshaft warmen Temperaturen. Die Sonne geht unter, es dämmert. Der Mond ist bereits seit dem späten Nachmittag am klaren, wolkenlosen Himmel zu erkennen. Gute Voraussetzungen, um in den Himmel zu schauen.

Intergalaktischer Zoo

Am Eingang der Sternwarte steht ein kleines, graues Marsmännchen. Um den Hals trägt es ein Schild: "Schuhe bitte gründlich reinigen." Rolf Bitzer, Vorsitzender der Sternwarte Zollernalb, ist sich sicher, dass irgendwo da draußen Außerirdische existieren. Er ist nur zögerlich, wenn es darum geht, dies zuzugeben: "Wenn ich sage, dass es Außerirdische gibt, dann denken die Leute, ich glaube auch an fliegende Untertassen." Das möchte er nicht. Denn Bitzer ist ein Mann, der sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen und Wahrscheinlichkeiten orientiert. "Es muss Außerirdische geben. In der Milchstraße existieren zwischen 100 und 150 Milliarden Sonnen. Da kann mir keiner erzählen, wir seien die Einzigen." Ob es ein tröstlicher oder schöner Gedanke ist, wenn wir Menschen nicht allein im Universum wären, darüber macht er sich keine Gedanken.

Nur, wenn es sie eigentlich geben müsste, warum sind sie nicht hier? Vereinfacht gesprochen, bildet diese Frage das so genannte Fermi-Paradoxon ab, ein Gedankengang des Physikers Enrico Fermi aus dem Jahr 1950. Rolf Bitzer verweist auf die Theorie vom "intergalaktischen Zoo": Sie seien da, zögen es aber vor, uns still zu beobachten und sich nicht zu erkennen zu geben.

Letztlich, so Bitzer, erschweren aber allein die riesigen Entfernungen und die relative Langsamkeit, mit der sich beispielsweise Radiowellen ausbreiten, die Kommunikation und Kontaktaufnahme zwischen den Sternen immens. "Wenn wir eine Nachricht losschicken, dann sind wir schon 1000 Jahre tot, bis sie 1000 Lichtjahre entfernt ankommt", erklärt Bitzer. Der Durchmesser unserer Milchstraße beträgt 100 000 Lichtjahre. Lediglich acht Minuten benötigt das Licht, bis es von unserer Sonne aus die Erde erreicht. Sollten sich irgendwann einmal Außerirdische melden, so Bitzer, "dann hätte vielleicht höchstens die katholische Kirche ein Problem damit". Im Vergleich zum Universum, zum Ganzen, sind die Menschen nichts: "Wenn die Erde weg ist, vermisst uns da draußen keiner."

Das Angesicht des Mondes

Das Herzstück der Sternwarte ist das große optische Teleskop, draußen, auf dem Dach des Gebäudes, unter der großen, runden Kuppel. Es ist dreieinhalb Tonnen schwer, die Kuppel hat einen Durchmesser von sechs Metern. Im Inneren ist es dunkel und kälter als draußen im Freien. Rote Lampen blinken immer wieder auf und tauchen das Halbrund in ein fahles Licht. Dieser Effekt lässt die Szenerie wie die Kulisse aus einem Science-Fiction-Film erscheinen und ist gänzlich unbeabsichtigt: Ein Relais ist defekt und die Lichtanlage dadurch gestört. Hinter einem breiten Glasfenster befindet sich ein kleiner Kontrollraum, ebenfalls in rotes Licht getaucht. Bei rotem Licht ist das menschliche Auge besser für das Sehen bei Dunkelheit angepasst.

Rolf Bitzer tritt an den Rechner im Kontrollraum und fährt das Teleskop hoch. Surrend öffnet sich eine Luke im Kuppeldach und gibt den Blick auf den klaren Sternenhimmel frei. Jetzt wählt er am Computer auf einer grafischen Himmelskarte jene Region aus, die das Teleskop anvisieren soll: den Mond. Dröhnend dreht sich die Kuppel, bis der Mond im Rahmen der geöffneten Luke erscheint. Das Teleskop richtet sich automatisch aus.

Bitzer schiebt eine metallene Trittleiter an das Fernrohr heran. Das Okular befindet sich in etwa drei Metern Höhe und ist über die Leiter gut zu erreichen. Mit dem Auge kann man nun hindurch blicken und per Steuerung den zu beobachtenden Ausschnitt feinjustieren und scharfstellen.

Blendend hell ist die aschgraue Oberfläche der nördlichen Mondhalbkugel. Im unteren Bildausschnitt ist die Oberfläche relativ glatt und eben. "Das sind erstarrte Lavabecken", erläutert Bitzer. Weiter oben im Norden wirkt der Mond regelrecht vernarbt und ist von zahllosen, tiefen, unterschiedlich großen Einschlagskratern übersät. Seit mehr als vier Milliarden Jahren ist er dort dem Bombardement unzähliger Himmelskörper ausgesetzt.

Esoterik und Exoplaneten

Die Sternwarte in Brittheim besteht seit dem Jahr 2006. Die Idee hierfür reicht bis in die 1990er-Jahre zurück, als sich Hobby-Astronomen aus der Region zum Ziel setzten, "etwas Größeres aufzubauen", wie der Vorsitzende erklärt. Der jetzige Standort ist "fast ideal", was die Umweltbedingungen und Sichtverhältnisse angeht. Der 61-Jährige beschäftigt sich seit 40 Jahren mit Astronomie. Bereits als Kind hat er zu Hause versucht, aus Ofenrohren ein Fernglas zu basteln, nachdem er die Prinzipskizze eines solchen in der Metzgerszeitung gesehen hatte. Zusammen mit dem 62-jährigen Alexander Merkle hält er die Sternwarte am Laufen. Merkle ist ein ruhiger Mann, der sich zurückhält, wenn der Vorsitzende Bitzer mit einer freundlichen, aber Raum einnehmenden Dominanz spricht.

Für den späteren Abend ist ein Vortrag geplant, und Bitzer klickt sich im Seminarraum der Sternwarte durch die Powerpoint-Präsentationen. Das heutige Thema: "Gesichter auf dem Mars, Pyramiden auf dem Mond?" Der Vorsitzende möchte mit einigen irrigen Vorstellungen bezüglich astronomischer Phänomene aufräumen: "Was früher die Märchen der Gebrüder Grimm waren, sind heute Youtube und Facebook." Dort finde man viel Unsinn, den die Leute dann glauben würden: die gefälschte Mondlandung, die Erde als Scheibe, UFO-Sichtungen und Esoterik.

Bitzer erzählt von einer Veranstaltung, bei der der Jupiter beobachtet wurde. "Draußen auf der Terrasse standen zwei Leute und haben ganz wild die Arme ausgebreitet", erinnert er sich und rudert mit seinen Armen. Als er fragte, was das soll, erhielt er zur Antwort: "Wir lassen die Kraft des Jupiters auf uns wirken." Doch solche Besucher mit verrückten Ideen sind selten.

Der eindeutige Trend bei den Gästen: "Alles, was hell ist, wollen sich die Leute anschauen. Die Oberflächendetails des Mondes und unsere Planeten." Die erdnahen Planeten sind momentan allerdings nicht zu sehen. "Im Sommer sind sie wieder da. Und der Mars kommt sowieso erst wieder in zwei Jahren."

Er selbst ist besonders von der Beobachtung von Exoplaneten fasziniert. Das sind Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, die um einen Stern kreisen. Um diese zu beobachten, visiert Bitzer einen bestimmten Stern an und misst dessen Helligkeit. Wenn ein Planet vor diesem Stern vorbeizieht, sinkt die gemessene Helligkeit minimal ab. "Das ist ungefähr so, als würden Sie unten in Rosenfeld das Auto abstellen und messen, wie eine kleine Fliege vor dem Scheinwerfer vorbeifliegt." Aus den gesammelten Daten lässt sich ablesen, ob der Planet Monde hat oder ob es sich um einen Doppelplaneten handelt: "Über die Beschaffenheit des Planeten können wir leider nichts sagen. Aber wir wissen dann zumindest schon mal, dass er da ist."

Zur Ausstattung der Sternwarte gehören auch radioastronomische Gerätschaften. Damit werden Radiowellen aufgezeichnet, die am Rechner in eine Grafik umgearbeitet werden. So lassen sich beispielsweise Sternschnuppenschwärme beobachten, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind.

Dann kommen Besucher und Rolf Bitzer beginnt seinen abendlichen Vortrag.

Wir sind Sternenstaub

Oben, in der Kuppel auf dem Dach, blickt Alexander Merkle in den Himmel. Die Vorträge übernehme Bitzer: "Ich bin das ›Mädchen für alles‹ und leite vor allem die Führungen durch die Sternwarte". Obwohl er Amateurfunker ist, interessiert er sich mehr für die optischen Aspekte der Himmelsbeobachtung und weniger für Radiowellen. "Mich faszinieren die Deep-Sky-Objekte. Die Nebel in der Milchstraße. Die Sternexplosionen." Deep-Sky-Objekte sind optisch beobachtbare Himmelsobjekte, die sich außerhalb unseres Sonnensystems befinden.

Merkle zeigt nach oben. Im winterlichen Himmel ist mit bloßem Auge deutlich das Sternbild Orion zu sehen. Besonders markant in diesem Sternbild sei der Oriongürtel, dessen Sterne Mintaka, Alnilam und Alnitak eine fast gerade Linie bilden. Südlich davon befindet sich der Orionnebel. Er ist weltweit die meistfotografierte Himmelsregion und nur im Frühjahr sichtbar. Der Nebel ist eine äußerst aktive Region: Dort entstehen, 1350 Lichtjahre von uns entfernt, neue Sterne.

Merkle sagt, er wäre gerne dabei, sobald die Menschen den Weltraum – oder zumindest den Mars – besiedeln. "Aber wenn der Mensch die Erde weiter so kaputt macht, dann wird es schwierig mit der Besiedelung", glaubt er: "Ich bin kein großer Ökofreak. Aber wo sollen wir denn hin, wenn die Erde kaputt ist? Wenn sie fehlt, dann fällt das da draußen keinem Schwein auf." Er wünscht sich, dass die Menschen die Sternwarte besuchen und sehen, wie klein wir eigentlich sind.

Auch er glaubt, dass Aliens existieren: "Wenn sie kämen, würde ich mit denen einen Kaffee trinken gehen und eine Woche lang mitfliegen." Merkle blickt noch einmal zum Himmel hoch und denkt kurz nach. "Wir bestehen ja aus Sternenstaub", erklärt er. Die Sterne explodieren, und alle Stoffe verteilen sich im Weltraum: "Und aus diesen Stoffen bestehen wir. Aus diesem Sternenstaub sind wir aufgebaut." Lächelnd fügt er hinzu: "So gesehen sind wir auch Aliens."