An ihre Schultage im niederbayerischen Goldern erinnert sich die in Leidringen wohnende Angela Wille. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Angela Wille aus Leidringen denkt gerne an Schule zurück

Rosenfeld-Leidringen. An ihre Schulzeit in Niederbayern erinnert sich die heute in Leidringen wohnende Angela Wille.

"Ich bin in Niederaichbach, Kreis Landshut, geboren, aber nicht dort aufgewachsen. Mein erster Schultag war 1952. In unserem kleinen Dörfchen, das Hüttenkofen hieß, hatten wir keine Schule, deshalb mussten wir bei Wind und Wetter zwei bis drei Kilometer in den nächsten Ort Niederviehbach laufen. An meine Einschulung in der Klosterschule erinnere ich mich nicht. Im Winter fuhren die größeren Kinder mit den Skiern vorneweg, damit bahnten sie für uns Kleinere eine einigermaßen begehbare Spur, sonst wären wir im Schnee bis an die Knie versunken.

Die Klosterschule in Niederviehbach ist heute noch ein Schreckgespenst höchsten Grades in meiner Erinnerung. Klosterschwestern in langen schwarzen Gewändern und weißen Flügelhauben unterrichteten uns. Sie kamen mir wie Gefängniswärterinnen vor. Heimlich stifteten sie ein, zwei Mitschülerinnen an, ihre Klassenkameraden zu bespitzeln. Mit flachen Händen, darüber lag ein Lineal – so durften wir nur am Schreibpult in unseren Bänken sitzen – das Lineal diente dazu, unsere Hände ruhig zu halten. An einer Wandseite bullerte – im Winter oder an kalten Sommertagen – der große Ofen, darüber waren Schnüre gespannt, über denen unsere nasse Kleidung hing.

Meine Familie und ich zogen zwischenzeitlich nach Goldern, etwa zwei Kilometer von Hüttenkofen entfernt. In Goldern war eine neue Schule gebaut worden und einzugsbereit, zu dieser Zeit die modernste in ganz Niederbayern: große breite Fenster und noch breitere Glas-Schiebetüren.

Die erste Zeit schrieben wir Erstklässler auf Schiefertafeln. Da am Tafelrand ein Schwämmchen und ein kleiner Lappen angebracht war, konnte man immer löschen und trocknen. Später schrieben wir mit Federhalter und Feder in die Hefte, oberhalb am Pultrand war ein kleines Tintenfässchen eingebaut. Samstags mussten wir Kinder nacheinander in den Kellerbereich gehen, dort befanden sich ein paar Duschräume, meine Mutter war mit der Bedienung der Heizung betraut.

Unser Lehrer machte den Unterricht sehr anschaulich, vom Frühling bis zum Herbst; bei gutem Wetter hatten wir unsere Turnstunden im Freien auf der Wiese, bei schlechtem Wetter turnten wir im Pausenraum, an der Stirnseite dieses Raumes war mit bunter Farbe die ›Arche Noah‹ mit all den verschiedenen Tieren wunderschön gemalt.

Ebenso wurden die Handarbeitsstunden hinter dem Schulgebäude abgehalten. Ich strickte einen Turnbeutel, den ich noch viele Jahre hatte. Socken zu stricken lernten wir schon in der zweiten oder dritten Klasse wie auch vielerlei Stickmuster, die wir dann auf einem Nadelkissen anbrachten.

Wenn Naturkunde auf dem Plan stand, streifte Herr Fahrmüller mit uns an Wiesen und Feldern vorbei; dabei lehrte er uns so die Bedeutung des Getreides, der Gräser und von anderen diversen Pflanzen.

Zu diesem Zeitpunkt wussten wir Kinder noch nichts vom Wegzug aus Bayern, alles ging so schnell – meine Familie entschloss sich, aus persönlichen Gründen nach Baden-Württemberg überzusiedeln.

Im April 1955 kam der Abschied. Wir gingen noch einmal ins Schulhaus, der Lehrer hielt eine Abschiedsfeier ab, wir alle sangen das Lied: ›Wahre Freundschaft soll nicht wanken‹, in den Augen von Herrn Fahrmüller standen Tränen, ebenso bei den Klassenkameraden – der Abschied fiel schwer.

Eine abenteuerliche Zugreise begann; wir kamen in Rottweil an und fanden letztendlich in Zimmern o.R. eine neue "Heimat". In dieser Schule fühlte ich mich überhaupt nicht wohl, das Gebäude war uralt, und hinter der Schule befand sich ein Plumpsklo. Wir waren für die Kinder zunächst die "Reigschmeckte".

Jeden Abend betete ich, dass die Schule abbrennen möge. Vor Heimweh nach Goldern wurde ich ein paar Wochen krank. Was mir mit der Zeit gut gefiel, das waren die jährlichen Ausflüge mit dem Bus – in welchem wir angehalten wurden, Wander- und Volkslieder zu singen.

Einen alten ›Kanonenofen‹ hatten wir auch im Klassenzimmer. Wir Schüler mussten abwechselnd von der Bühne Holzscheite und Kohlen runter holen, das machte sonst niemand.

1960 war meine Schulzeit in der Volksschule beendet , danach feierten wir meine Konfirmation.

Im Laufe der Jahre besuchte ich sporadisch Niederbayern, dieses Jahr war ich nach 28 Jahren wieder mal auf ›Spurensuche‹ dort. Mein Weg führte mich auch zur ehemaligen Schule in Goldern und an die Klosterschule in Niederviehbach, was sehr emotional für mich war.

Mit meinem ehemaligen Lehrer Hans Fahrmüller aus Goldern hatte ich bis 2009 regen telefonischen und brieflichen Kontakt, auch mal ein Besuch. 2009 starb er im hohen Alter von 88 Jahren. Hüttenkofen und Goldern sind in meinem Herzen."