Vom Stunzachtal aus könnte das Abwasser entlang der L 415 bis nach Geislingen gepumpt und dort ins Netz des Zweckverbands Abwasser Balingen eingespeist werden.  Fotos: Schnurr Foto: Schwarzwälder Bote

Infrastruktur: Die Rosenfelder Gemeinderäte wollen vor einem Planungsbeschluss erst weitere Informationen einholen

Die Rosenfelder und die Bickelsberger Abwässer könnten in Zukunft in Balingen gereinigt werden. Ob das tatsächlich so gemacht wird, wollen Rosenfelds Gemeinderäte allerdings erst entscheiden, wenn sie sich besser informiert haben.

Rosenfeld. Die möglichen Varianten dafür, wie es mit den Kläranlagen in Rosenfeld und Bickelsberg mittelfristig weitergehen könnte, legten Mitarbeiter des Planungsbüros Sweco in der Sitzung am Donnerstagabend detailliert dar. Die wesentliche Entscheidung ist dabei, ob eine oder beide Anlagen modernisiert und weiterbetrieben oder aber ans große Klärwerk des Zweckverbands Abwasserreinigung Balingen (ZAB) angeschlossen werden.

Die Stadtverwaltung und die Planer sehen Handlungsbedarf: Erstens sind die Abwassergebühren in Rosenfeld im negativen Sinn "Spitze", nämlich mehr als doppelt so hoch wie bei vielen Kommunen in der Umgebung. Das liegt nicht zuletzt an den kleinen, dezentralen Klärwerken im Stadtgebiet und deren hohen Betriebskosten.

Zweitens steigen die Anforderungen an die örtlichen Kläranlagen absehbar sowohl durch wachsende Wassermengen infolge zusätzlicher Bebauung als auch durch strengere Auflagen bei der Reinigung und Spurenstoffelimination. Beispielsweise soll aus den Abwässern künftig Phosphor zurückgewonnen und Mikroplastik herausgefiltert werden. Eine vierte Reinigungsstufe – wie sie für Balingen geplant ist – würde auch in Rosenfeld nötig werden, wenn das Wasserrecht verschärft wird.

Drittens fördert das Land Baden-Württemberg die Zentralisierung der Abwasserreinigung als so genannte "Strukturverbesserung". Rosenfeld könnte bis zu 80 Prozent der Kosten, die die Stilllegung der beiden Kläranlagen und der Anschluss an Balingen mit sich brächten, als Zuschuss bekommen. Bei einer nötigen Investition von etwa elf Millionen Euro Investition wären das gut 8,8 Millionen Euro, die die Stadt nicht selbst aufbringen müsste.

Die bloße Sanierung und Modernisierung der Anlagen in Bickelsberg und im Stunzachtal würde 7,3 Millionen Euro kosten – mit wenig Aussicht auf Fördergelder. Und eine vierte Reinigungsstufe, die nach Auslaufen der Betriebsgenehmigungen 2026 beziehungsweise 2027 vermutlich notwendig sein wird, ist da noch gar nicht eingerechnet.

Machbar wäre der Anschluss, sobald das Balinger Klärwerk modernisiert ist. Dies soll in den kommenden drei Jahren geschehen, also rechtzeitig bevor für Bickelsberg und Rosenfeld neue Betriebsgenehmigungen erforderlich werden. In den Zweckverband könnte Rosenfeld sich für rund 1,5 Millionen Euro "einkaufen".

Doch "alternativlos" ist dieser Weg nicht, führte die Gemeinderätin Luise Lohrmann aus: "Es ist durchaus machbar, auch kleine Anlagen aufzurüsten", hatte sie in Erfahrung gebracht.

So geschah es beispielsweise in Fridingen im Kreis Tuttlingen. Lohrmann regte an, der Rosenfelder Gemeinderat solle dorthin fahren und die Kläranlage der 3000-Einwohner-Gemeinde besichtigen. Außerdem solle man sich auch noch an anderer Stelle Rat holen: "Eine zweite Meinung holt man beim Arzt ja auch ein."

Ihre Bedenken gegenüber dem Anschluss an Balingen sind umfangreich: Dessen wirtschaftliche Vorteile seien in der Berechnung knapp ausgefallen. Am Beispiel der Schulsanierung sehe man zudem, dass solche Kostenschätzungen unter Umständen wertlos seien. Weiter bestehe in Balingen hoher Investitionsbedarf, den man dann mittragen müsse. Man mache sich vom ZAB abhängig und die Kosten könnten unkalkulierbar werden.

Das Gremium benötige mehr Zeit, um sich besser zu informieren und damit die neu Gewählten sich in die bisherigen Beratungen über das Thema einarbeiten können. Lohrmann stellte daher den Antrag, die Entscheidung über die Zukunft der Kläranlagen zu vertagen: "Ich möchte heute nicht abstimmen. Das ist so eine langfristige Entscheidung, die so viel Geld kostet."

Ihre Gemeinderatskollegen überzeugte sie damit. Horst Lehmann etwa sagte: "Wir können heute nicht guten Gewissens entscheiden. Wir hätten Fragen für einen ganzen Tag." Er sprach sich für eine Klausursitzung oder Fachexkursion zu diesem Thema aus.

Bürgermeister Thomas Miller hatte zuvor zahlreiche Gründe genannt, die aus seiner Sicht für den Anschluss sprechen. Dem Informationsbedürfnis des Gemeinderats stellte er sich aber nicht in den Weg und versprach eine Infofahrt anzuberaumen – "relativ schnell". Denn eventuelle Anträge für die "Strukturveränderung", das heißt: die Stilllegung der beiden Kläranlagen, sollten bis zum Sommer eingereicht werden.