Vor dem Amtsgericht muss sich ein Lahrer wegen Beleidigung verantworten. Foto: Lübke

Einem 75-jährigen Lahrer wird vorgeworfen, den irakischstämmigen Chef eines Sicherheitsdiensts ausländerfeindlich beleidigt zu haben. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht zeigte der Angeklagte wenig Einsicht, das Verfahren wird am Mittwoch fortgesetzt.

„Du bist in meiner Heimat, verpiss dich von hier“: Mit dieser und ähnlichen ausländerfeindlichen Äußerungen soll ein 75-jähriger Rentner aus Lahr im Juli 2022 einen irakischstämmigen 43-Jährigen im Kaufland-Markt beleidigt haben. Das wirft die Staatsanwaltschaft dem Mann vor, der Fall wurde am Montag vor dem Lahrer Amtsgericht verhandelt. Der 43-jährige Mann aus dem Irak wohnt und arbeitet seit 22 Jahren in Deutschland und ist Inhaber der Sicherheitsfirma, die den Lahrer Supermarkt betreut.

Rentner soll 43-Jährigen bei einem anderen Vorfall mit Messer bedroht haben

Jedes Mal wenn sie sich im Supermarkt getroffen hätten, seien die zwei Männer aneinander geraten, so der Anwalt des Angeklagten. Der aus dem Irak stammende Mann sei ihm mehrmals im Supermarkt hinterhergelaufen und habe ihn immer wieder „angestiert“, erklärte der Rentner. Außerdem erhob der Angeklagte den Vorwurf, der andere Mann habe ihn „ans Hemd“ gewollt und ihn unter anderem mit einer Scheibenwischer-Geste beleidigt. Auf die Frage, ob er etwas Ausländerfeindliches gesagt habe, antwortete er „Nein, nichts“. Gleichwohl räumte er ein, dass er zum 43-Jährigen „Ich bin hier geboren, du bist nur geduldet“ gesagt habe.

Als die Staatsanwältin daraufhin nachhakte, ob er es nachvollziehen könne, dass sich jemand durch diese Aussage beleidigt fühle, zuckte der Angeklagte nur mit den Schultern. „Ich empfinde das nicht als Beleidigung“, fügte er hinzu. Er bestätigte auch, dass er bis Juli diesen Jahres Hausverbot im Supermarkt hat.

Im Markt in zivil unterwegs gewesen

Der 43-jährige Firmenchef sagte als Zeuge aus. Er erklärte, dass er seinen Job seit 20 Jahren ausübe und den Kaufland in Lahr persönlich betreue, weil er in der Stadt wohne. Da im Supermarkt zum Zeitpunkt des Vorfalls viele der Sicherheitskameras außer Betrieb gewesen sein sollen, sei der Sicherheitsdienst in Zivil vor Ort unterwegs gewesen.

Bei zwei vorherigen Streitsituationen mit dem Rentner habe er diesem trotz dessen Beleidigungen gesagt, er solle „einfach weiter einkaufen“. Doch der ältere Mann habe ihm am Ende – trotz vorheriger Verwarnung durch den Marktleiter – sogar mit einem Messer bedroht. Daraufhin habe er mit der stellvertretenden Marktleiterin gesprochen. Um das Hausverbot durchzusetzen, habe man die Polizei gerufen.

Der Angeklagte soll laut Aussage des 43-Jährigen in Anwesenheit der Polizei gesagt haben, „wir haben ihn im Auge, wir werden ihn umbringen“. Daraufhin habe die Polizei den Rentner des Platzes verwiesen, so der Sicherheitsdienstchef.

Nach der Zeugenaussage berät sich der Verteidiger mit seinem Mandanten

Es habe ihn ins Herz getroffen, „dass jemand, der einen nicht kennt, einen so beleidigt“, erklärte der 43-Jährige. „Ich habe zwölf Angestellte und zahle Steuern.“ Er habe den Angeklagten auch nicht beleidigt: „Ich beleidige keinen.“ Zudem halte er ein paar Meter Abstand zu den Kunden, der 75-Jährige sei immer auf ihn zugegangen.

Nach der Zeugenaussage verließ der Verteidiger mit seinem Mandanten kurz den Saal, um sich zu beraten. Als sie wiederkamen, kündigte der Verteidiger an, dass sich der Angeklagte für die Aussage, dass er selbst in Deutschland geboren, der irakischstämmige Mann aber nur geduldet sei, entschuldigen werde. „Für diese Aussage soll ich mich entschuldigen“, sagte daraufhin der Rentner – und äußerte, dass er selbst eine Entschuldigung für eine angebliche Beleidigung durch den anderen Mann wolle.

„Das bringt nichts“, sagte der Sicherheitsdienstchef daraufhin. Er erklärte, dass der Rentner nur ein Jahr Hausverbot habe und danach auch wieder in den Markt kommen könne. Aber „falls das noch einmal passiert“, dann gebe es lebenslanges Hausverbot.

Richterin vermisst Einsicht beim Angeklagten

Der Verteidiger fragte, ob nach der Entschuldigung des Rentners das Verfahren eingestellt werden könne. Doch sowohl die Staatsanwältin als auch die Richterin Anna Strudel sahen dafür keine Möglichkeit: Es fehle ihr beim Angeklagten „auch etwas die Einsicht wegen der Art, wie er sich entschuldigt hat“, erklärte Strudel.

Am Ende musste die Verhandlung vertagt werden, da ein als Zeuge geladener Polizist nicht erschien. Der Fortsetzungstermin ist für Mittwochnachmittag geplant.

Info – Beleidigung als Straftat

Die Beleidigung wird mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder mit einer Geldstrafe bestraft, heißt es im Gesetz. Erfolgt sie öffentlich, durch Verbreiten eines Inhalts oder mit einer abwertenden körperlichen Einwirkung, kann sie sogar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden.