Der Donaueschinger Real-Markt wird Ende März schließen. 55 Mitarbeiter verlieren ihre Arbeit. Weder Rewe noch Kaufland oder Edeka wollen das Warenhaus an der Bregstraße übernehmen. Foto: Guy Simon

Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Die Real GmbH hat für 17 Mein-Real-Märkte bundesweit neue Betreiber gefunden. Der Markt in Donaueschingen, wie auch 44 weitere Märkte, ist nicht dabei.

Weder Rewe noch Kaufland oder Edeka haben Interesse an dem Warenhaus an der Bregstraße gezeigt. „Die verbleibenden 45 Mein-Real-Märkte werden bis zum 31. März 2024 geschlossen, da für diese Standorte trotz intensiver Bemühungen bisher kein Abnehmer gefunden werden konnte“, heißt es in einer Pressemitteilung von Mein Real.

 

Die Schließung der Märkte sei durch die schwierige Lage der Real GmbH bedingt. Die Entscheidung sei nach sorgfältiger Prüfung der Alternativen getroffen worden, wird Bojan Luncer, Vorsitzender der Real-Geschäftsführung, angeführt.

Man sei sich der persönlichen Auswirkungen der Schließungen auf die Mitarbeiter bewusst und werde diese schwierige Übergangsphase für sie so respektvoll und fair wie nur möglich gestalten. Mit dem Betriebsrat würden konstruktive Gespräche mit dem Ziel geführt, einen Interessenausgleich und Sozialplan abzuschließen.

"Wir sind immer noch ein Team"

„Die Wahrung aller rechtlichen Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Lieferanten hat für die Real GmbH oberste Priorität, insbesondere die Sicherstellung der Lohn- und Gehaltszahlungen an alle Beschäftigten“, wird Bojan Luncer zitiert. Der Geschäftsbetrieb der von der Schließung betroffenen Märkte werde bis Ende März 2024 normal fortgesetzt.

Und wie kommt die schlechte Nachricht bei der Donaueschinger Belegschaft an? „Der Psychokrimi hat kein gutes Ende genommen“, sagt Beate Wicher. Doch von der Stimmung her habe sich eigentlich nichts geändert. „Wir sind immer noch ein Team und halten zusammen“, spricht sie für etwa 55 verbliebene Mitarbeiter.

Bisher hat niemand gekündigt

Aber ändern könne man nichts. Seit der Real-Markt insolvent ist, habe niemand gekündigt. Natürlich habe sie schon gehört, dass sich einige Mitarbeiter nach einem neuen Job im Einzelhandel umgeschaut haben. „Von vielen habe ich aber auch gehört, dass sie bis zum Schluss dabeibleiben wollen.“

„Die Tendenz geht wieder in Richtung kleiner Einheiten mit persönlicher Beratung“, sagt Stefan Baur, Vorsitzender Gewerbeverein Donaueschingen Foto: Jens Wursthorn

Die aktuelle Neuigkeit sei bei der Kundschaft noch nicht angekommen. Auf die kritische Situation, in der der Donaueschinger Markt seit Jahren steckt, würden die Mitarbeiter zuletzt aber immer wieder angesprochen: Wann die Schließung komme und wann der Ausverkauf komme. Aber die Kunden kämen weiterhin zum Einkaufen.

Gesamtbetriebsrat ist eingebunden

„Wir machen weiter wie gehabt“, gibt sich die 39-Jährige kämpferisch. Beate Wicher ist seit anderthalb Jahren Betriebsratsvorsitzende. Dass ihre Amtszeit so abrupt enden würde, hat sich nicht vorgestellt. „Sehr schade, zumal es Spaß macht.“

Mit den Betriebsräten in den anderen Märkten gebe es einen regen Telefonaustausch. Auch der Gesamtbetriebsrat sei eingebunden. Die Zusicherungen der Real-Geschäftsführung, was die Sicherstellung der Lohn- und Gehaltszahlungen anlangt, zweifelt sie zunächst nicht an. „Ich hoffe es mal, kann aber nichts sagen, weil das über den Insolvenzverwalter läuft.“

Die Wege werden länger

Aber woran liegt es, dass sich Rewe, Kaufland oder Edeka nicht für den Donaueschinger Real-Markt interessieren? Beate Wicher ist ratlos. „Das weiß ich nicht“, sagt sie nach kurzem Nachdenken. Eine schwierige Frage, wenn man von innen auf die Situation blickt und bemüht ist, immer das Beste abzuliefern. Persönlich zeigt sie sich zuversichtlich: „Der Arbeitsmarkt ist groß. Man wird sicher was finden.“ Vielleicht auch ein familiäres, tolle Team, wie es sich bald auflösen wird.

Stefan Baur, Vorsitzender des Gewerbevereins, sieht mit der Schließung die Problematik, dass ein wichtiger Allgemeinversorger fehlen wird und die Bevölkerung aus dem Städtedreieck künftig weiter fahren müsse.

Chance für den Einzelhandel

Gleichzeitig sieht er in der Situation auch eine Chance für die Einzelhändler. Natürlich gebe es viele Leute, die einen Einkauf unter einem Dach bevorzugten. Dennoch gehe jetzt darum, zumindest für einigen Bedarf, die Leute in die Innenstadt zu holen: sowohl neue Kunden, als auch zwischenzeitlich abgewanderte.

„Der Psychokrimi hat kein gutes Ende genommen“, sagt Beate Wicher, Vorsitzende des Betriebsrates im Real-Markt Donaueschingen Foto: Beate Wicher

Die Schließung des Real-Marktes, von der Struktur her früher mal als Ankermarkt bezeichnet, spiegle einen Trend wider: „Die Tendenz geht wieder in Richtung kleiner Einheiten mit persönlicher Beratung“, so Baur. In Donaueschingen liege diese Möglichkeit vor. Man möge sich doch einfach mal anschauen, was es in der Stadt gibt, wirbt er, auch im Namen seiner Einzelhändler-Kollegen.

„Tropfen auf den heißen Stein“

Von einer bitteren Situation für die Beschäftigten, insbesondere vor Weihnachten, spricht Wolfgang Krüger. Er gehört dem Landesfachbereich Handel der Gewerkschaft Verdi an. Für die Real-Mitarbeiter ende eine lange Zeit der Unsicherheit und offenen Fragen: genauer gesagt seit 2015, als Real die Tarifbindung verließ. Ob für die Mitarbeiter ein Sozialplan entwickelt wird, sei abzuwarten.

Die Ankündigung, das Weihnachtsgeld auszuzahlen, sei ein „Tropfen auf den heißen Stein“, eher eine Motivation, sich im Weihnachtsgeschäft nochmal ins Zeug zu legen. Die Zukunft für die Mitarbeiter sei ungewiss, so Krüger. Natürlich gebe es im Einzelhandel immer wieder Arbeitsplätze. Aber für Ältere dürfte es schwierig werden, einen neuen Job zu finden.

Die Marke im Sturm

Die Übertragungen und Schließungen
erfolgen vor dem Hintergrund des im September 2023 von der Real GmbH eingeleiteten Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Im Mai dieses Jahres hatte die SCP Group die 63 bestehenden Mein-Real-Märkte vom Family Office der Unternehmerfamilie Drs. Tischendorf zurück erworben, nachdem diese Märkte erst im Juni 2022 im Rahmen eines ordentlichen Bieterverfahrens an das Family Office übergeben worden waren. SCP hatte danach umfassende operative Verbesserungen in dem Unternehmen umgesetzt. Dennoch so heißt es seitens Mein Real, sei die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung letztlich unumgänglich gewesen, um eine geordnete Restrukturierung von Real zu ermöglichen. Der Weiterverkauf und die Auflösung der alten Marke Real haben vor einigen Jahren begonnen. SCP hatte die Real GmbH mit samt der 275 stationären Märkte im Jahr 2020 von der Metro AG übernommen. Von 2020 bis Juni 2022 wurden dann rund 160 Standorte an neue Betreiber übergeben und Arbeitsplätze erhalten.