Pikayzo heißt mit bürgerlichem Namen Kay Wagner. Foto: Silas Steinwenger

Katzen, die in Videos gequält werden und geschredderte Küken: Der Rapper Pikayzo, der aus Baden-Württemberg kommt, hat das Leiden von Tieren zum Inhalt seiner Musik gemacht – und damit Erfolg.

Eine Katze streunt nachts durch die Straßen Berlins, offenbar im Bezirk Spandau. Zwei junge Männer werden auf sie aufmerksam und widmen sich dem Tier. „Katze lernt einfach fliegen“, heißt dieses Video, das Anfang des Jahres auf TikTok die Runde macht. Es ist eines von vielen dieser Art, das in den sozialen Medien kursiert. „Schmeiß richtig hoch. (…) Hoch, hoch!“, sagt der junge Mann hinter der Kamera lachend. Der Mann im Bild, mit blauer Jogginghose und Schlappen, greift nach der Katze, die nicht einmal miaut, schwenkt sie zweimal hin und her und wirft sie dann tatsächlich in die Luft. Es ist ein verstörender Anblick. Doch es ist kein Einzelfall.

Einer, der seine Stimme gegen solche Tiermisshandlungen erhebt, ist der Rapper Pikayzo. In seinen Clips und Songs hält Kay Wagner, wie Pikayzo bürgerlich heißt, denen einen Spiegel vor, die solche Videos und Posts veröffentlichen – egal ob Privatpersonen, Firmen oder Influencern. Er klärt über alles auf, was tierschutzrechtlich für ihn nicht vertretbar ist: Von der industriellen Massentierhaltung über Tierquälerei auf Social Media bis hin zur Kosmetik- und Pelzindustrie oder dem Konzept Zoo und Zirkus. Auf TikTok folgen ihm knapp 296.000 Menschen, auf Instagram knapp 60.000.

Mit 15 fängt er an zu rappen

Die Leidenschaft für Musik entdeckt Pikayzo bereits in seiner Kindheit. Im Alter von elf Jahren fängt er an, Rap zu hören. „Ich habe sehr viel Musik gemacht als Kind, Klavier gespielt, Gitarre, Trompete – mit Trompete habe ich angefangen tatsächlich.“ Aufgewachsen in einem, wie er selbst sagt, sehr musikalischen Haushalt in Korntal-Münchingen, wollte er auch immer singen, war darin anfangs aber nicht allzu talentiert. „Mit 15 habe ich dann einfach angefangen, Texte zu schreiben und zu rappen.“ Begonnen hat er mit Liedern und Social Media-Beiträgen „über alle möglichen gesellschaftskritischen Sachen“. Der heute 30-Jährige habe sich dann aber entschieden, seinen Content fast ausschließlich auf Tierschutzbeiträge auszulegen, „weil das ein Thema ist, was noch viel zu wenig präsent ist“.

Als Kind nimmt der gebürtige Ludwigsburger das Thema Tierschutz aber noch ganz anders wahr. „Ich bin mit sehr vielen Tieren großgeworden. Wir hatten Pferde, Katzen, alle möglichen Kleintiere. Meine Mutter hat Hunde gezüchtet, auf so ziemlich jedem Kinderbild sieht man mich mit Hunden. Es war also immer ein sehr krasser Bezug zum Tier da.“ Und auch in seiner Erziehung wird ihm vermittelt, dass Landwirtschaft etwas Gutes sei. „Wenn ich Kühe bei uns im Ort in den Höfen gesehen habe, dachte ich, dass es denen gut geht. Da habe ich mir als Kind nie andere Gedanken drüber gemacht. Der Bezug zum Fleisch und allgemein zu Tierprodukten hat dazugehört – vor allem hier in der Region.“

Kükenschreddern und Stuten auf Blutfarmen

Heute hat Pikayzo eine komplett andere Sicht auf Massentierhaltung. In seinen Rapsongs gibt er jenen eine Stimme, die nicht sprechen können: Küken, die geschreddert und als nutzlos deklariert werden oder Rindern, denen verschließbare Löcher in den Bauch geschnitten werden, um deren Ernährung zu optimieren und zu regulieren. Oder Stuten, denen in sogenannten Blutfarmen wöchentlich fünf Liter Blut für die Schweinezucht entnommen werden, was auch der Deutsche Tierschutzbund zuletzt in einer Pressemeldung im Mai scharf kritisierte.

@pikayzo Dieser Moment, wenn du ihnen tief in ihre Augen blickst.. ❤️🌱 #pikayzo #rap #deutschrap #tierschützer #vegan #stimmedeslöwen #tierliebe #tiere #saveanimals #gegentierversuche #zirkus #zoo #🌱 #veganismus #plantbased #jäger #hunter #deer #reh ♬ Originalton - Pikayzo

Mit seinen Videos erreiche er ein ganz anderes Publikum als beispielsweise vegane Influencer oder vegane Köche es tun. Plötzlich seien Rap-Hörer auf Tierschutz aufmerksam geworden und das sei für ihn die richtige Richtung. Sein Motto: „Hasse nicht den Menschen, hasse nur das, was er tut.“ Für seine Songs findet Pikayzo viele Fürsprecher, aber auch etliche Kritiker: „Der Hate trifft mich überhaupt nicht. Was ich sage, stimmt einfach. Ich recherchiere immer sehr gut, bringe genügend Fakten. Aber natürlich fließt auch immer das Emotionale mit ein.“

Der Rapper lebt inzwischen vegan

Laut einer im Juni von Statista veröffentlichten Erhebung ist die Anzahl der rein veganen Gastronomiebetriebe in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Während es 2023 bereits mehr als 370 rein vegane Restaurants bundesweit gibt, waren es 2013 noch lediglich 75. Auch der Rapper, der heute bei Nagold im Schwarzwald lebt, ernährt sich seit einigen Jahren vegan, verlange das aber nicht von anderen. „Ich finde das immer schlimm, wenn man den Leuten sagt: Du musst vegan leben, um im Tierschutz aktiv zu sein.“ Dies mache ihn wütend, denn es bringe eine falsche Botschaft rüber. Für ihn sei klar: „Es wird nicht die ganze Welt vegan leben, aber es kann die ganze Welt etwas für den Tierschutz tun!“

Das Umdenken sei jedoch auch bei Pikayzo erst spät gekommen. In der Jugend geht er gern und viel in den Zoo und auch seine Ernährung stellt er erst mit Ende 20 um. „Gerade beim Thema Zoo denkt man ja immer, das ist Artenschutz und ein Stück weit was Gutes, mit pädagogischem Wert. Aber wenn man sich da mal informiert, merkt man sehr schnell, dass das völliger Quatsch ist und dass Zoos absolut mit nichts zu rechtfertigen sind.“ Gleichermaßen ist auch das Vorführen von Tieren im Zirkus ein absolutes No-Go für den Musiker. Seit März gehört der Zirkus als eigenständige Form der Darstellenden Kunst zum Immateriellen Kulturerbe in Deutschland. Während in fast allen Ländern der EU Wildtiere im Zirkus bereits verboten sind, scheiterte 2021 in Deutschland der Antrag zum Wildtierverbot im Bundesrat.

Der hauptberufliche Informatiker sieht sich selbst nicht als Aktivist. „Ich versuche nur, Dinge aufzuklären und dann muss jeder selber wissen, wie er damit umgeht“. Laut Pikayzo helfe jede Kleinigkeit im Alltag, um Tierschutz zu betreiben: Keinen Pelz tragen, nicht mehr in den Zoo gehen, Kuhmilch mit Hafermilch tauschen oder Haustiere nicht aus Qualzuchten, sondern aus dem Tierheim holen. Und das Feedback zu seinen Beiträgen zeige ihm, dass die Botschaften ankommen. Die Menschen seien heutzutage sehr viel sensibilisierter als früher. „Mir schreiben jeden Tag so viele Leute, dass ich ihnen die Augen geöffnet habe. Es bringt wirklich viel.“