"Wo man singt, da lass dich nieder" – am Sonntagnachmittag war dies auf dem Rangendinger Dorfplatz beim ersten Drehorgelspielertreffen, das von Thomas Haug organisiert wurde und etliche Zuhörer anlockte. Foto: Beiter Foto: Schwarzwälder Bote

Treffen: Drehorgelspieler geben sich auf Rangendinger Marktplatz ein vielfältiges Stelldichein

"Die Geschichte vom verhinderten Brudermord" war am Sonntag in Rangendingen mitten auf dem Marktplatz zu vernehmen. Das Drehorgelspieler-Treffen dort hatte aber nicht immer nur dramatische Moritate auf Lager.

Rangendingen. Es war schon ein buntes Völkchen, das sich da am Sonntagnachmittag in gleißender Sommersonne in der Rangendinger Ortsmitte ein Stelldichein gab. Auf dem Kopf trugen sie Melone oder Schäferhut, die Frauen Strohhüte und Kleider, als wären sie aus einer vergangenen Welt nach Rangendingen gekommen. Doch gerade dies machte wohl den Reiz der Drehorgelspieler aus.

Ungezwungen und gut unterhalten standen oder saßen die Zuschauer rings um die fahrenden Musikanten und lauschten den Flötentönen aus den Leierkästen und ihren Geschichten. Jede Holzkiste klingt eigen, manche können sogar mehrstimmig flöten.

Auch ein paar Bewohner des Rangendinger Seniorenheims waren gekommen. Souad Seibel und Liselotte Schenk hatten beim Sonntagsspaziergang im Rollstuhl mit den Senioren einen Halt in der Ortsmitte eingelegt. "Den Senioren gefällt diese alte Musik", erzählten sie strahlend. Auch Lisa Hammel ist gekommen. "Wo gesungen wird, das gefällt‘s mir einfach", sagt sie. Wenn die Drehorgelspieler an ihren Kisten kurbeln, erklingt die unterschiedlichste Musik. Moritaten sind dabei, Geschichten, die in Lieder gegossen und so unter die Leute gebracht wurden. Bei den alten Volksliedern können viele der Zuhörer mitsingen. Nicht textsicher zu sein, war gar nicht schlimm. Auf großen Leinwänden haben sie die Leierkastenleute aufgehängt, sodass jeder mitsingen kann. Die Melodie geht sowieso gleich ins Ohr. Und manche Lieder lassen die Spieler anhand von bunten Bildern auf Leinwänden lebendig werden.

So wie Thomas Haug in seinem Lied die Geschichte von "Papst und Sultan" erzählt. Der Rangendinger Drehorgelspieler hat das Treffen in der Ortsmitte organisiert. Sechs Kollegen sind gekommen, teils von weit her. Bernhard Schmid mit seiner mehrstimmigen Kiste ist aus Schramberg-Sulgen angereist. "Erfolg hab ich überall wo ich hinkomm‘ und darf immer wieder kommen", sagt der 85-Jährige selbstbewusst. 28 Jahre ist er als fahrender Musikant unterwegs. "Ich bin allein. Das ist mein Hobby", sagt er.

Schmid liebt es, die Menschen zu unterhalten, das merkt man. Seine Drehorgel ist reich geschmückt, er selbst trägt eine ausgefallene Kette um den Hals. "Die hab ich mal auf dem Flohmarkt gekauft." Eine Frau aus Balingen ist extra wegen ihm hergefahren. "Das ist ein Lustiger", meint sie.

Einnahmen werden meistens gespendet

A uch Manuel Steinhilber ist überglücklich. Er darf ein Lied auf Jacqueline Haugs Orgel drehen. "Das hat mir eine Riesenfreude gemacht", strahlt er. Über einen Besucher freuen sich die Drehorgelspieler ganz besonders. Viele Jahre hatte Hans Wetzel aus Hirrlingen einen Leierkasten bedient. Jetzt sitzt er im Rollstuhl, doch das Treffen seiner Freunde in Rangendingen ließ er sich nicht entgehen. Wetzel genießt bei den Kollegen hohes Ansehen. Denn wie die meisten seiner Kollegen behielt er das Geld, das die Zuhörer seinem Stoffäffchen zusteckten, nicht für sich, sondern er spendete es für einen guten Zweck. 40 000 Euro kamen so für den Verein krebskranker Kinder in Tübingen zusammen.

Und so sehen das alle Drehorgelspieler von heute. Sie kurbeln nicht mehr für das eigene Auskommen, sondern für sie ist es ein Hobby, mit ihrer Musik und ihren Geschichten Menschen eine Freude zu machen.