Voll fokussiert: Jonas Koch hat die Aufgaben für seine beiden Teamkapitäne bisher glänzend erledigt. Jetzt warten die Alpen auf ihn.Foto: Imago Foto: Schwarzwälder Bote

Radsport: Der Rottweiler Jonas Koch fühlt sich gut gerüstet für die letzte Tour-Woche

Die zweite Woche seiner ersten Tour de France liegt hinter dem Rottweiler Jonas Koch. Und nach dem einen oder anderen "kleinen Durchhänger" fühlt sich der 27-Jährige jetzt fit für die Alpen.

Am zweiten Ruhetag am Montag hat es Jonas Koch ganz ruhig angehen lassen. "Ich habe bis halb zehn geschlafen", meint er lachend, "das kommt sonst eigentlich nie vor." Immerhin lag mit dem Sonntag ein harter Tag hinter ihm – inklusive einer abschließenden Kletterpartie über 17,4 Kilometer mit durchschnittlich 7,1 Prozent Steigung. Die hat er bravourös im Zeitlimit hinter sich gebracht. "Da hilft es schon, wenn man im Grupetto hochfährt", meint der Rottweiler, "da muss man nicht komplett alles selber machen."

2648,5 Kilometer liegen hinter ihm und den anderen Fahrern, und noch eine ganze Woche wartet. Noch einmal 836,7 Kilometer. Aber was für welche: Die Alpen rufen! "Die letzten zwei Tage waren eigentlich ziemlich gut", zieht der 27-Jährige Bilanz, "da gehe ich ganz zuversichtlich in die nächsten Tage."

Ruhetag

Der Montag, der zweite Ruhetag der Tour, war für Koch "ein relativ entspannter Tag", der vor der Alpen-Tortur noch einmal ermöglichte, die Speicher aufzufüllen. Besonders einer hält Jonas Koch und die anderen CCC-Fahrer bei Laune: "Unser Koch macht echt einen guten Job", verrät der Rottweiler schmunzelnd. Vor dem ersten Ruhetag genossen die Fahrer seine Burger, am Sonntagabend gab es Pizza. "Vor den Ruhetagen gibt es diese kleinen Ausnahmen", verrät Koch, "heute gab es dafür wieder Gesundes."

Eigene Leistung

"Ich bin eigentlich zufrieden", zieht Koch Bilanz, "in der ersten Woche hatte ich mir ein bisschen mehr erhofft, und jetzt wäre ich speziell bei der Etappe in Lyon gern länger bei der ersten Gruppe dabei geblieben", zuckt er mit den Achseln, "aber es ist ja noch eine Woche. Mal schauen, was kommt."

Fehlende Fans

Dass weniger Zuschauer als sonst an der Strecke stehen, nimmt Jonas Koch gar nicht so wahr. "Das ist ja meine erste Tour, da fehlt mir ein bisschen der Vergleich", erzählt er. "Aber es sind schon viele Fans da und feuern uns an." Und wenn das Tour-Feld sich wie am Sonntag die für Zuschauer gesperrten steilen Rampen hochquält, "dann ist man teilweise so im Tunnel, dass das nicht so ins Gewicht fällt. Da ist man dann einfach froh, im Ziel zu sein."

Atmosphäre

Nach zwei Wochen in der sogenannten Tour-Blase "habe ich nicht das Gefühl, dass sich das intern auf die Stimmung auswirkt", wie Koch berichtet. "Klar: Wenn man das mit der Vuelta im letzten Jahr vergleicht, dann ist das schon krass. Am Ruhetag geht man normalerweise einen Kaffee trinken, das geht nun nicht." Besonders traurig macht ihn allerdings, dass sein Umfeld keine Möglichkeit hat, ihn zu unterstützen, weil weite Teile Frankreichs zu Risikogebieten erklärt wurden. Seine Familie und seine Freunde können so nicht zur Tour reisen. "Da war zum Teil alles schon geplant und gebucht – das ist jetzt gänzlich abgeblasen. Es kann sich ja keiner erlauben, zwei zusätzliche Wochen Urlaub nehmen zu müssen" – im Fall einer Quarantäne – "das macht mich schon ein bisschen traurig."

Pyrenäen und Alpen

Durch die Pyrenäen ist Jonas Koch "ganz gut durchgekommen, es gab keinen Tag, an dem ich gesagt habe: ›Oh Gott!‹" Doch jetzt kommen die Alpen. Und vor denen hat er mehr Respekt. "Vor allem die 18. Etappe wird schon richtig sportlich. Direkt am Anfang geht’s hoch. Wenn es da gleich ein Feuerwerk gibt, dann wird es schwer, Kontrolle reinzukriegen." Wenn man direkt am ersten Berg reißen lassen müsste, "dann wird’s heftig".

Primoz Roglic

Der führende Slowene und frühere Skispringer Primoz Roglic "hat sich als der absolute Favorit gezeigt", zeigt Jonas Koch viel Respekt für dem Top-Favoriten. Auch wenn er "noch nicht bereut hat, vor der Radkarriere Skispringer gewesen zu sein", weiß er, dass die Skispringer für die Bergetappen einen großen Vorteil mitbringen: das geringe Gewicht. "Aber das allein bringt dich nicht den Berg hoch. Das braucht auch Power. Und Primoz ist einfach ein Riesentalent!"

Tadej Pogacar

Auch der Zweitplatzierte, Tadej Pogacar, ist ein solches. "Letztes Jahr bin ich mit ihm die Vuelta gefahren, das war schon beeindruckend." Dass auch er aus Slowenien kommt, ist für Koch nicht unbedingt Zufall: "Wenn Radsport in einem Land ein bisschen boomt, dann kommen auch die Talente besser nach vorn."

Hierzulande

Auch in Deutschland sieht Jonas Koch eine positive Entwicklung. "Wir haben starke Fahrer, und ich habe den Eindruck, dass der Radsport wieder im Kommen ist." In dieser Hinsicht war das Pech von Emanuel Buchmann, sich kurz vor der Tour zu verletzen, "schon ein bisschen schade. Aber bei der Tour musst du bei 100 Prozent sein!"

Ausblick

Auch Jonas Koch ist ein Vorbild und zeigt, dass es junge Fahrer bis zur Tour de France schaffen können. "Ich versuche einfach, so gut es geht und so schnell wie möglich Rad zu fahren", sagt der Rottweiler bescheiden – "und so gut es geht meinen Job zu machen." Gerne wäre er mal mit einer Ausreißergruppe ins Blickfeld gefahren, aber "die Teamtaktik hat mir da die Hände relativ gebunden". Jetzt, in den Alpen, "wird das natürlich schwer. Aber vielleicht klappt’s ja noch."