Bei Wind und Wetter vor Ort Foto: Schwarzwälder Bote

Mountainbike: Der kanadische Reporter schwärmt von Albstadt

Die Mountainbike-WM in Albstadt ist zwar verschoben, die Protagonisten der MTB-Welt sind aber dennoch hochinteressant. Wie Rob Jones. Das Gespräch mit ihm findet per Video-Telefonat statt. Er ist zu Hause in Paris, Ontario, einer kleinen Stadt ungefähr 45 Kilometer südwestlich von Toronto. Im Osten der Lake Ontario, im Süden der Erie-See und im Westen der Lake Huron. Rob Jones, seine Frau Tracy und die beiden Hunde sind in Quarantäne. Jones war Ende Februar, Anfang März bei der Bahn-WM in Berlin, nach der Rückkehr zeigte er Erkältungs-Symptome. Auf das Ergebnis des Tests auf den Corona-Virus wartete er zum Zeitpunkt des Interviews immer noch.

Rob, Sie sind gerade in Quarantäne?

Ja, sicher. Wir sind nicht verbarrikadiert, aber wir bleiben zu Hause, und wenn wir mit den Hunden rausgehen, halten wir zwei Meter Abstand. Tracy war mal einkaufen, und sie hat es geschafft, Toilettenpapier zu bekommen. Ich weiß nicht, wie das bei Euch in Deutschland ist, aber hier sind die Leute verrückt nach Klopapier.

Rob, Sie sind jemand, der den Mountainbike-Sport im Grunde von Beginn an begleitet hat.

In der Mitte der 70er-Jahre war ich ein Straßenfahrer. Radsport ist in Kanada nicht so groß wie in Europa, aber damals war das ein sehr, sehr kleiner Sport.

Wie lange sind Sie denn gefahren? Und auf welchem Niveau?

Etwa eineinhalb Jahre war ich dort. Ich bin vor allem in Spanien und Frankreich gefahren. Ich war nicht gut genug, um Profi zu werden. Es gab damals ein enormes Ausmaß an Doping und nicht wirklich ein Kontrollsystem. Um ehrlich zu sein, es war ein wichtiger Grund dafür, dass ich wieder zurück bin.

Warum sind Sie dieses Abenteuer eingegangen?

Es war eine Art Traum. Wenn du Radrennfahrer werden wolltest, musstest du damals nach Europa gehen. Es gab gute Fahrer in Nordamerika, aber es gab wenig Rennen. Vielleicht so wie es für einen deutschen Eishockeyspieler umgekehrt die NHL ist.

Und wie ging es weiter?

Ich habe in Mathematik graduiert und hatte im Sommer einen Job in einem Bikeshop, dem größten in Kanada. So kam ich mehr und mehr in diesen Sport. Ich bin wieder mehr Rad gefahren, habe lokale Rennen bestritten. Und es war in dieser Zeit, als die ersten Mountainbikes auftauchten.

Wann war das?

Das war Anfang der 80er-Jahre. Während ich in diesem Bikeshop arbeitete, kam die erste Lieferung mit Specialized Stumpjumper, und ich habe eins davon bekommen. Es war ziemlich cool, ich bin viel gefahren und es hat viel Spaß gemacht. Ich bin dann mit anderen allmählich dahin gekommen eine Mountainbike-Organisation zu gründen. Die erste WM, die von der NORBA organisiert wurde, fand 1987 in Mammoth Mountain statt. Dafür habe ich ein kanadisches Team aufgestellt.

Wie muss man sich diese erste, noch inoffizielle WM 1987 vorstellen?

Es waren Cross-Country-Rennen. Es war ganz anders als heute. Es ging los mit einem Uphill-Rennen, den Kamikaze-Downhill hoch. Dann haben sie es rumgedreht und sind auf den gleichen Bikes Downhill gefahren. Und am nächsten Tag dann Cross-Country. So haben sie das auch noch 1991 beim ersten Weltcup in Mont Sainte Anne gemacht.

Und die Disziplin Cross-Country war auch noch ein bisschen anders?

Ja. Das ging über zwei Stunden und hatte mehr als 3300 Höhenmeter. Die Fahrer mussten sich selber helfen, es gab keine technische Hilfe. Man musste alles selber machen. Das war hart, weil es viele Plattfüße gab.

Als die UCI 1991 erstmals eine Weltcup-Serie ins Leben rief, waren Sie da auch beteiligt?

Nein, da habe ich schon als Journalist gearbeitet. Schon 1987 habe ich das eine oder andere für Magazine geschrieben. 1990 habe ich aufgehört mit der Organisation von Rennen und bin zum Journalisten geworden.

Sind sie damals schon der ganzen Serie hinterhergereist?

Nicht in den frühen Jahren, nein. Da habe ich immer noch als Lehrer meinen Lebensunterhalt verdient, und meine Frau Tracy hat einen Bikeshop betrieben. Ich bin zu Rennen gegangen, vor allem in Noramerika, und zu Weltmeisterschaften gefahren, aber nicht so oft zu Weltcups.

Wann waren Sie zum ersten Mal in Europa bei einem Weltcup-Rennen?

Das muss Mitte der 90er gewesen sein. Ich habe für eine Anzahl von Bike-Magazinen gearbeitet. 1995 haben Tracy und ich entschieden unser eigenes Magazin herauszubringen, weil die amerikanischen Magazine nicht viel über Kanada geschrieben haben. Wir haben Canadian Cyclist auf den Markt gebracht und ein Jahr später Canadian Cyclist online. Nächstes Jahr haben wir also 25-jähriges Jubiläum.

Sie kommen seit 2013 nach Albstadt. Welchen Eindruck haben Sie von dem Event gewonnen?

Große Zuschauermengen, eines der besten Zuschauer-Events überhaupt. Ein Stück weit ein spezieller Kurs, weil die Anstiege so steil sind. Das ist eine der Strecken, die manchen Fahrern liegen und anderen nicht.

Auf was freuen Sie sich in Albstadt am meisten, wann immer die WM auch stattfinden wird?

Ich hatte gehofft die Sportler zum letzten Mal vor Olympia zu sehen. Das wird jetzt nicht mehr so sein. Wenn die WM im Herbst stattfindet, kann sich vieles ändern. Aber wie immer bei den Weltmeisterschaften: Ich freue mich zu sehen, wie junge Leute überraschen. So wie es zum Beispiel 2018 Kate Courtney gelungen ist.   Die Fragen stellte Erhard Goller.