Die Angeklagten mit ihren Verteidigern. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Vor dem Tübinger Landgericht muss sich ein ungleiches Paar wegen sexuellem Missbrauch verantworten.

Schon die Prozessankündigung des Tübinger Landgerichts liest sich gruselig. Den Angeklagten werde zu Last gelegt regelmäßig sexuell miteinander verkehrt zu haben, im Beisein der Tochter, die zu Beginn sechs Jahre alt gewesen ist. Und damit nicht genug. Das Kind sei dazu angehalten worden, den Sex zu filmen. Man fragt sich unwillkürlich: was müssen das für Menschen sein, die so etwas machen.

 

Öffentlichkeit muss den Saal verlassen

Der Prozess im Schwurgerichtssaal gibt darauf nur teilweise eine Antwort. Die Öffentlichkeit wird nach der Verlesung der Anklage erst einmal ausgeschlossen. Es kämen Details zur Intimsphäre und zum Sexualverhalten der Angeklagten zur Sprache, argumentiert deren Verteidiger. Seine Mandantin sei zudem nur ohne Zuhörer zu einem Teilgeständnis bereit. Das Aufklärungsinteresse überwiege das Interesse der Öffentlichkeit, argumentiert denn auch Dirk Hornikel, der Vorsitzende der 3. Großen Jugendkammer.

Was bleibt, ist zunächst die Anklageschrift. Mit 18 habe die Angeklagte den mehr als 30 Jahre älteren Mann in einer Kneipe im Schwarzwald kennen gelernt, heißt es dort. Es sei zu einer viele Jahre andauernden sexuellen Beziehung gekommen, der angeklagte Mann habe die angeklagte Frau finanziell unterstützt. Sexuelle Beziehungen mit finanzieller Gegenleistung soll die Frau mehrere gehabt haben, im Jahr 2006, die Angeklagte war da 19 Jahre alt, kam ihr Kind zur Welt. Vor dem Namen des Vaters wird ein „wahrscheinlich“ genannt.

Aufnahmen mit einer roten Samsung-Kamera

Der Sex zwischen den Angeklagten ging weiter. An wechselnden Orten, häufig in einem Lieferwagen. Vermutlich war das Kind schon früh dabei, der angeklagte Zeitraum beginnt, als das Mädchen sechs Jahre alt gewesen ist. Irgendwann kommt eine Kamera ins Spiel. Der Angeklagte habe diese beschafft und veranlasst, dass das Kind den Sex aufnimmt, steht in der Anklageschrift. Dafür habe die Mutter mehr Geld erhalten. Im Laufe der Jahre soll dann auch die Mutter ihr Kind in aufreizenden Posen gefilmt haben.

Was sind das für Menschen? Die Angeklagte hat ein schmales Gesicht, die schulterlangen, schwarzen Haare sind mit einer Spange zusammenzuhalten. Sie sei durch das System gefallen, sagt eine Frau auf dem Gerichtsflur, die sie ehrenamtlich begleitet. Eigentlich brauche auch sie Hilfe. Der Angeklagte hat weißes, schütteres Haupthaar und eine kräftige Statur. Wer es weiß, der kann erahnen, dass es sich um einen ehemaligen Spitzensportler handelt, ein olympischer Goldmedaillengewinner. Er könne nichts verlangen, aber bitte um Diskretion sagt sein Anwalt.

Sich selbst beim Sex gefilmt

Sein Mandant spricht von „einer Art Liebesbeziehung“, bestätigt den Sex im Transporter, weil es sonst keinen Platz dafür gegeben habe. Er selbst sei noch verheiratet gewesen, die Angeklagte lebte bei der Oma. Das Kind habe man aber nicht zusehen lassen, sondern sich selbst abgeschirmt, meistens jedenfalls. Sich selbst habe man gefilmt, aber selber, nicht vom Kind – mit wenigen Ausnahmen. Kinderpornografische Fotos habe es zwar gegeben, aber die seien nicht von ihm verlangt und alle gelöscht worden.

Die Verhandlung wird mit der Befragung der heute 16-Jährigen Tochter der Angeklagten fortgesetzt – ohne Öffentlichkeit.