Das neue Vatikandokument zur Segnung homosexueller Paare stößt bei vielen Bischöfen weltweit weiter auf Widerstand (Symbolfoto). Foto: IMAGO/Design Pics/IMAGO/Lisa

Aufschrei in Afrika und Polen - und ein früherer Glaubenspräfekt spricht sogar von Blasphemie: Die Kritik nimmt zu an der von vielen begrüßten Erlaubnis des Vatikans für Priester, auch homosexuelle Paare zu segnen.

Das neue Vatikandokument zur Segnung homosexueller Paare stößt international weiter auf Widerstand bei vielen Bischöfen. Sie fürchten um den Bestand der katholischen Lehre zur Sexualität - oder suchen zumindest nach Klärung.

Der frühere vatikanische Glaubenspräfekt, der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller, kritisierte das Papier seines Amtsnachfolgers, Kardinal Victor Fernandez, scharf. In einer zeitgleich von mehreren konservativen Internetportalen verbreiteten Stellungnahme bemängelte er nicht nur den Inhalt, sondern auch das Zustandekommen der Grundsatzerklärung „Fiducia supplicans“ („Flehendes Vertrauen“, FS). Diese sei nicht von der Vollversammlung des Glaubensdikasteriums diskutiert und beschlossen worden.

Zudem kritisierte er, die in dem Papier entwickelte neue Segensart könne weder aus der biblischen Überlieferung noch aus der Tradition der Kirche hergeleitet werden: „Tatsächlich gibt es keine biblischen Texte oder Texte von Kirchenvätern oder Kirchenlehrern oder früheren Dokumenten des Lehramtes, die die Schlussfolgerungen von FS stützen.“ Außerdem habe dieselbe Glaubensbehörde noch vor weniger als drei Jahren kategorisch die Möglichkeit abgelehnt, homosexuelle Paare zu segnen.

Ausübung sexueller Handlungen außerhalb der Ehe sei gegen den Willen Gottes

Der Vatikan hatte am Montag mit ausdrücklicher Genehmigung von Papst Franziskus festgelegt, dass eine Segnung gleichgeschlechtlicher und auch nach einer Scheidung wiederverheirateter Paare durch katholische Geistliche möglich sei, sofern eine Verwechslung mit dem Ehesakrament konsequent vermieden werde.

Müllers Kritik daran gipfelt in dem Argument, Segen beziehe die Bibel auf die von Gott geschaffenen Ordnung: „Diese Ordnung basiert auf der sexuellen Verschiedenheit von Mann und Frau. Die Segnung einer Realität, die sich der Schöpfung widersetzt, ist nicht nur unmöglich, sondern stellt Gotteslästerung dar.“ Jeder Bischof sei dazu verpflichtet, diese „sakrilegischen Taten zu verhindern“. Sonst erfülle er nicht den Auftrag Jesu.

Die Polnische Bischofskonferenz erklärte, das neue Dokument verändere in keiner Weise die bisherige Lehre der katholischen Kirche zu Ehe und Familie. Es gehe vielmehr um das richtige Verständnis des Wortes „Segen“. Da die Ausübung sexueller Handlungen außerhalb der Ehe gegen den Willen und die Weisheit Gottes verstoße, könnten Menschen, die so eine Beziehung führen, keinen Segen empfangen. Dies gelte insbesondere für Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Homosexuellen könne nur dann der Segen erteilt werden, wenn sie in völliger Enthaltsamkeit lebten.

Nigeria gegen die vom Vatikan erlaubte Segnung gleichgeschlechtlicher Paare

Unterdessen suchen die katholischen Bischöfe in Afrika nach einer gemeinsamen Linie. Der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo Besungu als Vorsitzender des gesamtafrikanischen Bischofsrats SECAM rief alle Bischofskonferenzen des Kontinents auf, ihre Haltung dazu zu formulieren und ihm bis Mitte Januar zu schicken.

Daraus will er dann eine gemeinsame Stellungnahme an den Vatikan verfassen, die als „allgemeine Richtlinie für alle Ortskirchen auf unserem Kontinent“ dienen soll. Der Kardinal gehört auch dem Kardinalsrat an, dem wichtigsten Beratergremium von Papst Franziskus. Die „Mehrdeutigkeit“ der Erklärung löse bei den Gläubigen große Ratlosigkeit aus. Als Hirten müssten die afrikanischen ihnen „eine klare Richtung geben“.

Am Donnerstag hatte sich die katholische Bischofskonferenz in Afrikas bevölkerungsreichstem Land Nigeria klar gegen die vom Vatikan erlaubte Segnung gleichgeschlechtlicher Paare gestellt. In einer Erklärung heißt es, das würde „gegen Gottes Gesetz, die Gesetze unseres Landes, die Lehren der Kirche und das kulturelle Empfinden unseres Volkes gehen“. Homosexuelle Handlungen sind in Nigeria und in vielen anderen afrikanischen Ländern gesetzlich verboten und werden zum Teil sehr hart bestraft.

Am Vortag hatten bereits die deutlich kleineren Bischofskonferenzen von Malawi und Sambia ähnlich lautende Erklärungen veröffentlicht. Inzwischen hat sich auch die Bischofskonferenz von Kamerun gegen die Segnungen ausgesprochen.