Junge Erwachsene mit Behinderung werden in der Tagesstätte des Sozialzentrums in Boryslaw betreut. Foto: Sozialzentrum

Die Stadt Boryslaw liegt gut 1000 Kilometer Luftlinie von Horb entfernt in der Westukraine – ungefähr genauso weit ist es von dort bis zur konfliktbehafteten russischen Grenze. In der Krise halten Horber und Ukrainer zusammen. Die Hilfe ist dringend notwendig.

Horb/Boryslaw - Eine Verbindung zwischen Horb und Boryslaw im Westen der Ukraine besteht schon seit mehr als 20 Jahren: Die katholische Spitalstiftung hatte anlässlich des Jubiläums ihrer Partnerschaft mit einem Sozialzentrum in Boryslaw vor, nach Ostern in die Ukraine zu fahren. Doch zum zweiten Mal musste die Jubiläumsfeier verschoben werden – erst wegen Corona, jetzt wegen der bedrohlichen Lage an der ukrainisch-russischen Grenze. "Wir wollen abwarten", sagt Peter Silberzahn, der bis vor knapp vier Jahren Stiftungsdirektor war und noch heute in regelmäßigem Austausch mit den Freunden in Boryslaw steht. Pfarrer Petro Pidlubnyi, Leiter des Sozialzentrums, berichtet Silberzahn regelmäßig, wie es den Menschen geht.

Preissteigerungen sind enorm

Aktuell sind die Nachrichten nicht gut: In der Ukraine – auch im Westen – ist nach dem Konflikt um die Halbinsel Krim vor wenigen Jahren jetzt die Angst vor bewaffneten Auseinandersetzungen zurück. Zwar fallen an der Grenze im Osten keine Schüsse, doch die unsichere Lage hat ihre Auswirkungen. Silberzahn sagt im Gespräch mit unserer Redaktion: "Der Konflikt ist von Boryslaw zwar weit entfernt, aber er tangiert das ganze Land." Die Preissteigerungen, besonders für Energie, seien enorm. Das treffe vor allem viele Rentner, die kaum noch über die Runden kommen. "Oft erhalten sie weniger als 100 Euro Rente im Monat", sagt Silberzahn. Daher seien es oft ältere, bedürftige Menschen, die das Angebot der Suppenküche im Sozialzentrum in Boryslaw wahrnehmen.

Ein Hilferuf per E-Mail

Erst die Corona-Krise, jetzt die Kriegsbedrohung. Schon im November schrieb Pfarrer Petro Pidlubnyi in einer E-Mail an die Spitalstiftung: "Laut den Angaben des Arbeits- und Sozialschutzamtes zu Boryslaw wohnen in der Stadt Boryslaw circa 830 alleinstehenden Rentner, deren Rente umgerechnet 55 bis 93 Euro beträgt. Miserables Rentengeld, ständige Steigerung der Preise, durch Corona verursachte Quarantäne, nicht heilbare Krankheiten, bedrückende Einsamkeit und tagtägliche Armut – abgetragene Kleidung, alte Handtücher, zerbrochenes Geschirr – das alles charakterisiert ihre alten Tage. Sie haben weder Kinder noch Familienangehörige, die sie unterstützen könnten und finanziell helfen, um würdig ihre letzten Jahre des Lebens zu überleben."

Eine zweite Suppenküche

Das Sozialzentrum sieht die Notwendigkeit, eine zweite Suppenküche zu eröffnen, um bedürftigen älteren Menschen helfen zu können. Unterstützung kommt aus Horb. Die Ökumenische Energiegenossenschaft finanziert den für die neue Suppenküche notwendigen Bau eines Gebäudes mit 5000 Euro.

Das zweite Tätigkeitsfeld des Sozialzentrums sind die Tagesstätten – eine für Waisenkinder und eine für junge Menschen mit Behinderung. Die Waisenkinder werden in der Einrichtung nach der Schule betreut, bekommen ein warmes Essen, Hausaufgabenbetreuung und Freizeitmöglichkeiten.

Kooperation mit Aktion Mensch

Wichtig ist dem Sozialzentrum auch die Hilfe für junge Erwachsene mit Behinderung: "Denn wenn sie 18 sind, fallen Jugendliche mit Behinderung durch alle Raster", sagt Silberzahn. Um die Arbeit mit jungen Menschen mit Behinderung zu unterstützen, arbeitet das Sozialzentrum mit der Aktion Mensch zusammen. 40.000 Euro seien der Initiative so schon zugute gekommen. Auch mit den Erlösen aus der jährlichen Apfelsaftaktion hat die Horber Spitalstiftung die Tagesstätte unterstützt. Das Projekt ist auf vier Jahre angelegt, zwei Jahre sind bereits um. Man überlege sich schon, wie es danach weitergehen kann.

Wie es an der ukrainischen Ostgrenze weitergehen wird, ist ungewiss. Im Westen des Landes kommen Binnenflüchtlinge an. Die Trauer um im Krim-Konflikt gefallene Soldaten, auch aus der Westukraine, ist noch gegenwärtig. Sollte es wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Toten kommen, würde der Konflikt auch für Familien in Boryslaw sehr konkret werden.

Information zu Spenden

Wer das Sozialzentrum in Boryslaw unterstützen möchte, kann Spenden an die Katholische Spitalstiftung Horb unter dem Stichwort "Ukrainehilfe" überweisen. Im Internet ist Spitalstiftung zu finden unter https://spitalstiftung-horb.drs.de.