Über Social Media macht eine Nachricht schnell die Runde. (Symbolfoto) Foto: Pixabay

Immer wieder wird privat nach Vermissten oder vermeintlichen Straftätern gesucht. Das bleibt nicht ohne Folgen.

Oberndorf - Kaum gepostet, schon geteilt - und danach unkontrollierbar oft im Umlauf. Immer wieder kommt es vor, dass über soziale Netzwerke Such- oder Fahndungsaufrufe veröffentlicht werden, die vorab nicht mit der Polizei abgesprochen waren. In einem Facebook-Post weist die Polizei in Reutlingen jetzt eindrücklich darauf hin, dass solche Aufrufe rechtlich nicht gestattet sind.

"Wenn Angehörige oder Hobby-Ermittler auf Facebook, WhatsApp, Instagram und Co. Bilder von Vermissten oder vermeintlichen Straftätern verbreiten, dann meinen sie es eigentlich immer nur gut und ahnen gar nicht, dass sie sich damit unter Umständen strafbar machen können", heißt es in dem Post. Und weiter wird ergänzt: "Sogar, wer diese Beiträge einfach nur teilt, begibt sich auf dünnes Eis."

Die Internetseite Mimikama, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, über Internetmissbrauch und Falschmeldungen aufzuklären, hat bereits vor Jahren vor solchen privaten Fahndungsaufrufen gewarnt. "Facebook-Nutzer spielen gerne Ermittler", heißt es in dem Artikel. "Viele veröffentlichen und teilen eigenständig Fahndungsaufrufe, ohne dass sie sich erkundigen, ob es sich tatsächlich um aktuelle Fälle handelt und ob sie ÜBERHAUPT rechtmäßig handeln!"

Im schlimmsten Fall drohen fünf Jahre Haft

Sowohl bei vermeintlichen Verbrechern als auch bei Vermissten würden die Fotos der Betroffenen ohne deren Einverständnis veröffentlicht, so die Reutlinger Polizei. "Das ist ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und kann teuer werden." Im schlimmsten Fall könne man zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt werden. "Auch Straftäter, ganz zu schweigen von Tatverdächtigen oder Personen, gegen die nicht einmal ermittelt wird(!), haben Persönlichkeitsrechte", ist bei Mimikama zu erfahren. "Darüber kann sich niemand per eigener Meinung hinwegsetzen."

"Wir haben da ganz klare Vorgaben", erklärt auch Thomas Kalmbach, Pressesprecher beim Polizeipräsidium in Tuttlingen - zuständig für die Landkreise Freudenstadt, Zollernalb, Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar. "Wenn wir öffentlich nach Straftätern suchen, muss dies richterlich angeordnet sein." Und selbst dann dürften Fotos der gesuchten Straftäter nicht über das Presseportal der Polizei veröffentlicht werden, sondern allerhöchstens Zeichnungen, also Phantombilder. "Bei Lichtbildern müssen wir auf die offizielle Fahndungsseite auf der Website der Polizei Baden-Württemberg verlinken."

Vorverurteilung kann zur modernen Hexenjagd werden

Jede andere Vorgehensweise - etwa, ein Foto eines potenziellen Straftäters direkt auf Facebook hochzuladen und dann zu teilen - sei strangstens untersagt. "Das ist Vorverurteilung und kann sehr gefährlich sein", so Kalmbach. Es könne sich zu einer Art morderner Hexenjagd ausweiten. "Solche Umtriebe im Netz einzufangen ist wahnsinnig schwierig", findet Kalmbach. "Der einzige Weg ist, gleich zu Beginn das Schlimmste zu verhindern."

Bei Vermisstenfällen sei es ähnlich, allerdings läge es dort meist im Interesse der Angehörigen, dass ein Foto des Gesuchten schnell veröffentlicht wird. "Wir verbieten es den Verwandten nicht, wenn sie zusätzlich über Facebook nach ihren Lieben suchen", erklärt der Polizei-Pressesprecher. Das sei verständlich, allerdings auch riskant.

Die Polizei zumindest hat vom Landeskriminalamt (LKA) die Vorgabe, auf Lichtbilder von Vermissten nur über die Website der Polizei Baden-Württemberg zu verlinken. Ab wann ein Vermisster mit Foto gesucht wird, hänge von Alter und Umständen ab. "Ein Kind gilt sofort als vermisst, weil es Aufsicht braucht", erklärt Kalmbach. Anders sehe es bei Erwachsenen aus. Da müsse eine Gesundheits- oder Suizid-Gefahr vorliegen, um eine Öffentlichkeitsfahndung einzuleiten.

Warum so ein Foto nicht direkt über Facebook kursieren sollte, darüber klärt schlussendlich die Polizei Reutlingen in ihrem Post auf: "Wenn wir öffentlich fahnden, dann stellen wir das Bild niemals in den sozialen Netzwerken ein, sondern immer nur auf unserer eigenen Seite, damit wir es nach Abschluss der Fahndung sofort wieder löschen können."